Die Hamburger verpassten trotz Führung bei Darmstadt 98 den Auswärtssieg. HSV-Trainer Walter strafte Offensivspieler ab.

Wenn man den Profis des HSV am Sonnabend um 22.27 Uhr in die Gesichter schaute, so sah man Spieler, die nicht so richtig wussten, wie sie das 1:1 (1:0) im Topspiel gegen Darmstadt 98 einordnen sollten. Lange gegen den Spitzenreiter geführt, lange fußballerisch nicht überzeugt und doch war durchaus die Chance da, bis auf einen Punkt an die „Lilien“ heranzurücken. Ein spätes Gegentor durch Filip Stojilkovic (81.) egalisierte die frühe 1:0-Führung des HSV durch Ransford Yeboah Königsdörffer (5.).

HSV-Trainer Walter ärgert sich über spätes Gegentor

„Den Punkt nehmen wir mit. Wir hätten die Führung gerne über die Zeit gerettet. Direkt vor dem Gegentor haben wir eine Riesenchance. Dann kriegst du so ein bitteres Ding“, ärgerte sich Kapitän Sebastian Schonlau.

Das späte Gegentor ärgerte auch HSV-Trainer Walter: „Wenn man so lange führt, will man es auch zu Ende bringen. Das haben wir uns aber selbst zuzuschreiben. In der zweiten Halbzeit haben wir nur eine Chance zugelassen. Die müssen wir besser verteidigen“, sagte der 47-Jährige.

Die Partie des HSV in Darmstadt im Liveticker:

Für eine Überraschung sorgte HSV-Trainer Walter bereits vor dem Spiel. Der zuletzt so auffällige Bakery Jatta, der beim 3:3 in Heidenheim und beim 2:1-Sieg gegen Bielefeld jeweils getroffen hatte, saß nur auf der Bank. Für den Gambier durfte Ransford Yeboah Königsdörffer von Beginn an auf dem rechten Flügel auflaufen. „Weil Ransford im Gegensatz zu Bakery pünktlich gekommen ist. Wir haben klare Regeln. Es geht nicht um den einzelnen Spieler, sondern um die Gemeinschaft“, erklärte Walter. Jatta war zu spät zur Mannschaftsbesprechung gekommen.

Die Bilder zum Spitzenspiel des HSV bei Darmstadt 98

Ludovit Reis und der HSV waren viel mit Defensivarbeit beschäftigt. Entlastung nach vorne gab es kaum gegen Darmstadt.
Ludovit Reis und der HSV waren viel mit Defensivarbeit beschäftigt. Entlastung nach vorne gab es kaum gegen Darmstadt. © Picture Alliance/dpa | Thomas Frey
Der mit dem Ball tanzt: Der HSV war gerade in der ersten Hälfte zu oft in der Zuschauerrolle.
Der mit dem Ball tanzt: Der HSV war gerade in der ersten Hälfte zu oft in der Zuschauerrolle. © Witters
Daniel Heuer Fernandes hielt den HSV mit seinen Paraden im Spiel.
Daniel Heuer Fernandes hielt den HSV mit seinen Paraden im Spiel. © Witters
Mathias Honsak hatte Darmstadts größte Chance gegen den HSV in der ersten Halbzeit.
Mathias Honsak hatte Darmstadts größte Chance gegen den HSV in der ersten Halbzeit. © Witters
Jonas David und der HSV hatten große Mühe mit den zweikampfstarken Darmstädtern.
Jonas David und der HSV hatten große Mühe mit den zweikampfstarken Darmstädtern. © Witters
Der HSV hatte in der ersten Halbzeit große Probleme mit dem Darmstädtern, die die Hamburger immer wieder hinten reindrängten.
Der HSV hatte in der ersten Halbzeit große Probleme mit dem Darmstädtern, die die Hamburger immer wieder hinten reindrängten. © Witters
Trainer Tim Walter sah, dass Darmstadt zunächst mehr Ballbesitz hatte als der HSV.
Trainer Tim Walter sah, dass Darmstadt zunächst mehr Ballbesitz hatte als der HSV. © Witters
Ludovit Reis wurde von den Darmstädtern eng markiert. Der Niederländer des HSV war der überragende Spieler der vergangenen Wochen.
Ludovit Reis wurde von den Darmstädtern eng markiert. Der Niederländer des HSV war der überragende Spieler der vergangenen Wochen. © Witters
Ransford Yeboah Königsdörffer kam beim HSV für Bakery Jatta in die Startelf und rechtfertigte den Einsatz mit einem frühen Tor.
Ransford Yeboah Königsdörffer kam beim HSV für Bakery Jatta in die Startelf und rechtfertigte den Einsatz mit einem frühen Tor. © Witters
Ransford Yeboah Königsdörffer freut sich über seinen Treffer für den HSV gegen Darmstadt 98.
Ransford Yeboah Königsdörffer freut sich über seinen Treffer für den HSV gegen Darmstadt 98. © Imago Images
Die HSV-Fans machte ihren Unmut gegen die abgesagte Choreografie deutlich.
Die HSV-Fans machte ihren Unmut gegen die abgesagte Choreografie deutlich. © Imago Images
1/11

Kritik gab es auch aus der Mannschaft. „Es darf nicht passieren, dass er zu spät kommt. Er hat die Strafe direkt bekommen. Das wird Bakary nicht mehr passieren. Er ist dafür verantwortlich, dass er pünktlich kommt", rügte Schonlau.

HSV: Jatta-Ersatz Königsdörffer setzte frühes Ausrufezeichen

Pünktlich waren dagegen die Hamburger Fans. Die HSV-Fans haben ihren Unmut über die kurzfristig verbotene Choreografie kundgetan. „Freiheit für Ultras“ war auf einem großen Plakat vor dem Gästeblock zu lesen.

Die Einzelkritik zum HSV-Spiel in Darmstadt

So richtig frei spielte offenbar Jatta-Ersatz Königsdörffer auf. In der fünften Minute verwertete der 21-Jährige eine sehenswerte Vorlage von Außenverteidiger Moritz Heyer zur frühen Führung. „Ich habe anderthalb Stunden vor dem Spiel im Stadion erfahren, dass ich spiele. Aber wir bereiten uns alle so vor, als würden wir spielen“, sagte der Torschütze.

Der bisher so überragende Tabellenführer zeigte sich aber wenig geschockt. Die „Lilien“ hatten mehr Ballbesitz, ohne sich jedoch zunächst klare Gelegenheiten herausspielen zu können. In der 22. Minuten kam der gebürtige Hamburger Frank Ronstadt zu einem Abschluss aus der Distanz, der HSV-Keeper Daniel Heuer Fernandes vor keine großen Probleme stellte.

Ex-HSV-Talent machte Rechtsverteidiger Heyer das Leben schwer

Richtig große Probleme hatte Rechtsverteidiger Moritz Heyer im direkten Duell mit Ex-HSV-Talent Ronstadt. In der 25. Minute wusste sich der Hamburger – mal wieder – nur mit einem Foul zu helfen. Dafür kassierte Heyer von Schiedsrichter Christian Dingert die Gelbe Karte. Es war die fünfte Verwarnung in dieser Saison. In der kommenden Woche gegen den 1. FC Nürnberg muss der Leistungsträger zuschauen.

In der Zuschauerolle war auch der HSV zunehmend. Darmstadt drückte den HSV in die eigene Hälfte. Mathias Honsak (26.) und Christoph Zimmermann (30.) verpassten nur knapp den Ausgleich. Und der HSV? Offensiv konnten die Hamburger, die ungewöhnlich tief in der eigenen Hälfte standen, kaum Akzente setzen. Mehr als ein harmloser Distanzschuss von Laszlo Bénes in der 33. Minute kam nicht herum. Nach der frühen Führung war das Walter-Team zu passiv und vor allem im Glück.

Darmstadt verpasste Ausgleich nur um Millimeter

In der 41. Minuten hatten die Darmstädter Fans den Torschrei schon auf den Lippen. Nach einem tollen Steckpass von Fabian Holland war Philipp Tietz auf und davon. Seinen Querpass musste Mathias Honsak nur noch über die Linie drücken, doch er traf den Innenpfosten. Von dort aus rollte der Ball die Linie entlang, ehe ihn HSV-Keeper Heuer Fernandes mit dem Fuß klären konnte.

So ging der HSV mit einer sehr schmeichelhaften 1:0-Führung in die Halbzeit. „Der HSV hat das Spielglück. Ich hoffe, dass es so bleibt. Darmstadt ist stark. Ich hoffe, dass der HSV reif ist für die Erste Liga. Das wäre gut für die Stadt und den Verein“, sagte HSV-Legende Manfred Kaltz in der Pause bei „Sky“.

Nach dem Seitenwechsel waren die Hamburger zunächst deutlich präsenter. Ein Versuch von Ludovit Reis (52.) wurde noch geblockt, den Schuss von Jean-Luc Dompé nur eine Minute später konnte Darmstadt-Keeper Marcell Schuhen nur mit großer Mühe entschärfen.

HSV und Darmstadt liefern sich Abnutzungskampf

In der Folge wurde es auf und neben dem Rasen deutlich intensiver. Weil der HSV den Ball nicht ins Aus spielte, als Ronstadt am Boden lag, rastete „Lilien“-Trainer Torsten Lieberknecht aus und bepöbelte wild gestikulierend die HSV-Bank.

Insgesamt sahen die Fans eine umkämpfte zweite Halbzeit mit wenig spielerischen Höhepunkten. Es war mehr ein Abnutzungskampf als eine Fußballgala. In der 72. Minute unterbrach Schiedsrichter Dingert die Partie, nachdem erneut Pyro-Fackeln im HSV-Block gezündet wurden. „Polizei Hessen – hört auf zu heulen“ stand auf einem Plakat zu lesen.

Zu Tränen dürfte bei den Hamburgern auch das Abwehrverhalten beim 1:1 in der 81. Minute geführt haben. Nach einem technischen Fehler im gegnerischen Strafraum schaltete Darmstadt blitzschnell um. „Lilien“-Stürmer Filip Stojilkovic düpierte HSV-Abwehrspieler Jonas David, der viel zu langsam war, und schob eiskalt zum nicht unverdienten 1:1 ein.

Und die Gastgeber wollten mehr. Darmstadt jagte jedem Ball hinterher, doch der „Lucky Punch“ wollte keinem der beiden Teams gelingen. „Wir hätten gerne auf einen Punkt verkürzt. Es ist nichts passiert. Wir haben in der Rückrunde noch nicht verloren“, bilanzierte Schonlau.

Schema:

  • Darmstadt: Schuhen – Riedel, Zimmermann, Isherwood – Karic, Schnellhardt (67. Stojilkovic), Holland, Ronstadt (66. Bennetts) – Mehlem, Honsak (86. Warming) – Tietz.
  • HSV: Heuer Fernandes – Heyer (79. Katterbach), David, Schonlau, Muheim – Meffert – Reis, Benes (79. Nemeth) – Königsdörffer (63. Jatta), Glatzel, Dompe.
  • Schiedsrichter: Dingert (Lebecksmühle).
  • Tore: 0:1 Königsdörffer (4.), 1:1 Stojilkovic (81.).
  • Zuschauer: 16.800 (ausverkauft).
  • Gelbe Karten: Schuhen – Heyer (5), Reis (3), Muheim (4), Schonlau (4), Jatta (3).
  • Statistik: Torschüsse: 12:13, Ecken: 6:5, Ballbesitz: 54:46 Prozent, Zweikämpfe: 52:48 Prozent.