Hamburg. Der HSV-Torhüter spricht vor dem Topspiel der 2. Bundesliga über seine Heimat im Ruhrpott und wie wichtig ihm Familie ist.

Wenn der HSV in der Nacht zu Sonntag mit dem Bus aus Darmstadt zurück nach Hamburg fährt, wird Daniel Heuer Fernandes kein Auge zudrücken. Der HSV-Torhüter kommt nach Spielen schwer in den Schlaf. Vor dem Spitzenspiel der Zweiten Liga zwischen Darmstadt 98 und dem HSV an diesem Sonnabend (20.30 Uhr/Sky und Abendblatt-Liveticker) am Böllenfalltor wird der 30-Jährige aber keine Schlafprobleme haben. Erhöhte Anspannung verspürt er selbst im Topspiel bei seinem Ex-Club nicht.

Vor dreieinhalb Jahren kam Heuer Fernandes für 1,3 Millionen Euro von den Hessen in den Volkspark und hat dort heute ein so großes Standing wie lange kein Torwart mehr vor ihm. In seiner alten Heimat werden viele Blicke auf ihn gerichtet sein. Dabei verbindet der Bochumer mit Darmstadt nicht mehr als eine schöne Zeit.

Hamburger Abendblatt: Herr Heuer Fer­nandes, Sie haben drei Jahre in Darmstadt gelebt. Heimatgefühle verbinden Sie trotzdem nicht mit der Stadt. Warum nicht?

Daniel Heuer Fernandes: Ich habe mich in Darmstadt sehr wohl gefühlt. Die Stadt ist schön, die Region auch, aber meine Heimat ist Bochum, ist der Ruhrpott. Dort lebt meine gesamte Familie.

Beim Heimspiel gegen Bielefeld am vergangenen Sonntag war Ihre gesamte Familie im Stadion. Ihre kleine Nichte durfte sogar zum Feiern mit vor die Nordtribüne. Was bedeutet der HSV für Ihre Familie?

An den Heimspieltagen haben wir immer sehr viel Besuch von der Familie. Unser Haus ist immer voll. Wir essen danach alle zusammen und sprechen viel über das Spiel. Das ist aber mehr Fangerede als fachliche Kritik (lacht). Meine Frau und ich haben beide eine große Familie mit vielen Fußballverrückten.

Wer ist der Verrückteste?

Mein großer Bruder Patrick verfolgt meine Laufbahn schon sein Leben lang. Er ist gleichzeitig mein größter Fan und größter Kritiker. Er spielt selbst in Bochum bei Blau Weiß Grümerbaum in der Kreisliga.

Welche Eigenschaften haben Sie aus dem Ruhrpott mitgenommen?

Die Arbeitermentalität gehört zum Pott und passt auch zu mir. Ich habe in allen Ligen gespielt, von Regionalliga bis Bundesliga. Ich musste mir viel erarbeiten, erkämpfen und habe nie aufgegeben.

Auf welcher Karrierestation sind Sie zum Mann geworden?

Darmstadt war sicher die Station, auf der das Profiniveau seinen Lauf genommen hat für mich, weil ich drei Jahre auf hohem Niveau gespielt habe. Darmstadt hat mich am meisten reifen lassen.

Welche Erinnerungen verbinden Sie mit den Los Quados?

Das war in Darmstadt unsere Quad-Gang (lacht). Wilson Kamavuaka, Felix Platte, Fabian Holland und Tobias Kempe gehörten dazu. Wir sind damit immer durch die Bergstraße im Rhein-Main-Gebiet gefahren. Durch viele Wälder und Landstraßen. Das sind schöne Erinnerungen. Es gab auch gute Raststätten mit Biergärten, an denen man mal haltmachen konnte. Natürlich nur nach dem Training oder an den freien Tagen.

Sie haben Ihr Quad auch mit nach Hamburg genommen. Haben Sie hier schon eine Lieblingsstrecke?

Am liebsten fahre ich auf der anderen Seite der Elbe durch das Alte Land. Ab und an auch mal zum Training. Ich fahre aber nur bei Temperaturen von mehr als 22 Grad. Das kommt also in Hamburg nicht allzu häufig vor (schmunzelt).

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Ohne den verletzten Tom Mickel sind Sie beim HSV mit 30 schon der älteste Spieler im Team. Ist Ihnen das bewusst?

Natürlich. Vor allem bei Auswärtsspielen. Wenn wir mit einer ungeraden Spielerzahl fahren, kriege ich immer das Einzelzimmer (lacht).

Übernehmen Sie in der Kabine schon die Vaterrolle?

Ich sehe mich als Führungsspieler. Aber es ist ja nicht so, dass ich der Alte in einem Kindergarten bin. Wir haben viele erfahrene Spieler in der Mannschaft. Es ist wichtig, dass wir alle Verantwortung übernehmen und etwas vorleben.

Wenn jemand wie Sonny Kittel nach den jüngsten Spielen nicht glücklich wirkt, suchen Sie in Ihrer Rolle als Führungsspieler dann auch das Gespräch?

Das ist mir gar nicht aufgefallen. Aber ich brauche Sonny auch nichts mehr zu erklären. Er ist sehr selbstkritisch und kann alles selbst am besten einschätzen. Vielleicht war er einfach nur enttäuscht, dass der Elfmeter gegen Arminia Bielefeld am Ende nicht gegeben wurde, den er schießen wollte.

Wer sind die Spaßmacher in der Kabine?

Wir haben generell eine laute und lustige Truppe. Ludo und Bobby machen viel Spaß (Ludovit Reis und Robert Glatzel, Anm. d. Red.). Aber auch unsere beiden Franzosen Jean-Luc und William (Dompé und Mikelbrencis, Anm. der. Red.) sind sehr offene Menschen, auch wenn sie noch nicht so gut Deutsch verstehen. Wenn sie in der Kabine sind, ist einfach nie Stille. Wenn du viele offene Charaktere hast, ist die Stimmung automatisch besser.

Müssen Sie als Führungsspieler auch mal mit den beiden Franzosen reden, wenn diese wie neulich die Titelseiten füllen?

Natürlich haben wir mit ihnen mannschaftsintern darüber gesprochen. Die beiden sind dabei auf uns zugekommen und haben um Entschuldigung gebeten. Es waren nicht viele Gespräche nötig, weil sie sich ihres Fehlers bewusst waren.

Wie waren Sie als junger Spieler? Auch ein Draufgänger?

Ich bin schon immer ein offener und lustiger Charakter gewesen. Für wilde Sachen oder Eskapaden war ich aber nicht bekannt.

Sie haben im vergangenen Sommer Ihre Joana geheiratet. Wie sieht’s denn mit der eigenen Familienplanung aus?

Konkrete Pläne haben wir noch nicht. Es kommt, wenn es kommt (lacht).

Wo verbringen Sie in Hamburg am liebsten Ihre Freizeit?

Meine Frau und ich gehen gerne ins Café oder an der Alster spazieren. Hamburg hat so viel zu bieten, da kann man immer etwas Neues unternehmen.

Würden Sie Hamburg nach dreieinhalb Jahren schon als Heimat bezeichnen?

Heimat ist für mich immer der Ort, wo du geboren und aufgewachsen bist. Irgendwann werden wir wahrscheinlich auch ins Ruhrgebiet zurückkehren. Aber wir fühlen uns in Hamburg richtig wohl und würden hier gerne noch lange bleiben.

Darmstadt: Schuhen – Riedel, Zimmermann, Isherwood – Ronstadt, Karic – Schnellhardt, Holland – Mehlem, Honsak – Tietz.HSV: Heuer Fernandes – Heyer, David, Schonlau, Muheim – Meffert – Reis, Benes – Jatta, Glatzel, Dompé.