Hamburg. Ein Gespräch über ungarisches Gulasch, südafrikanische Sonne, Tore und einer Sache, bei der er Walter nicht widersprechen möchte.
Als sein erstes Interview nach seinem Wechsel vorbei ist, will es HSV-Neuzugang András Németh noch einmal ganz genau wissen: Wie heißt noch mal dieses ungarische Restaurant in Barmbek, das so gut sein soll? Das Spajz! Guten Appetit! Ein Gespräch über Omas Koch- und Tim Walters Sprachkünste.
Herr Németh, was vermissen Sie in Hamburg mehr: die ungarische Küche oder das südafrikanische Wetter?
András Németh(überlegt lange): Das ungarische Essen. Gulasch zum Beispiel. Besonders meine Oma ist eine fantastische Köchin. Bei ihr schmeckt es wie im Himmel. Und wenn ich ehrlich bin: Das südafrikanische Wetter habe ich schon lange nicht mehr genießen können. Leider war ich schon fünf Jahre nicht mehr dort.
Sie sind in Südafrika geboren, in Ungarn aufgewachsen, als 13-Jähriger nach Belgien gezogen und wohnen nun im wunderschönen Hamburg. Darf man Sie als Weltenbürger bezeichnen?
Ich bin in Kapstadt geboren, aber ich bin gerne ein Weltenbürger. Ich bin auch ziemlich viel mit meiner Familie gereist.
Wo fühlen Sie sich heimisch?
Das ist gar nicht so einfach. Ich fühle mich sowohl in Ungarn als auch in Südafrika sehr wohl. Aber ich bin 13 Jahre in Ungarn aufgewachsen, deswegen ist Ungarn wahrscheinlich meine Heimat. Südafrika habe ich ja schon verlassen, als ich gerade einmal ein Jahr alt war. Aber ich habe beide Pässe.
HSV-Neuzugang Nemeth verspricht, schnell Deutsch zu lernen
Sie sprechen Englisch, Ungarisch und Flämisch. Wann können wir mit Ihnen das erste Interview auf Deutsch führen?
Ich bin ein Schnelllerner, deswegen sollte das hoffentlich schon bald möglich sein. Ich spreche auch ein bisschen Holländisch, was ja sehr ähnlich wie Deutsch ist. Und hier in Hamburg habe ich jetzt auch jede Woche Unterricht. Ich will so schnell wie möglich Deutsch können.
Ihr Vater ist Ungar, Ihre Mutter ist Südafrikanerin. Welche Sprache haben Sie zu Hause gesprochen?
Wir sind andauernd hin und her gesprungen. Mal Englisch. Mal Ungarisch. Mal Holländisch, weil auch das meine Mutter in Südafrika gesprochen hat.
Warum sind Sie mit gerade einmal 13 Jahren nach Belgien gewechselt?
Das lag gar nicht am Fußball, sondern an der Arbeit meines Vaters. Aber mit elf oder zwölf Jahren wusste ich auch, dass ich Profi werden will. Also haben wir auch sofort in Belgien nach einem Club gesucht. Das hat mir auch beim Eingewöhnen geholfen. Natürlich vermisst man als 13-Jähriger seine Freunde, aber durch Fußball habe ich auch schnell neue Freunde gefunden. Und da ich ohnehin Englisch konnte, ging auch das Eingewöhnen schnell. Belgien ist ja ohnehin sehr multikulti.
Anders als Ihre Heimat. Aus Ungarn – gerade aus dem Bereich Fußball – gibt es immer wieder Berichte über zunehmende Fremdenfeindlichkeit. Hatten Sie damit nie ein Problem?
Nie. Natürlich habe ich darüber in den Zeitungen gelesen, aber ich wurde nicht ein einziges Mal fremdenfeindlich beleidigt. Ich denke auch nicht, dass es ein ungarisches Problem ist. Es ist ein globales Problem.
András Németh wohnt zum ersten Mal alleine
Sie waren dann fast sieben Jahre in Belgien. Ist Ihnen die Entscheidung im Januar schwer gefallen, erneut in ein neues Land zu wechseln?
Überhaupt nicht. Das HSV-Team ist ja auch ziemlich jung, das hat mir beim Eingewöhnen geholfen. Das Einzige, was jetzt noch fehlt, ist ein eigenes Apartment. Bislang habe ich im Hotel gewohnt, aber jetzt haben wir eine Wohnung gefunden. Das ist das erste Mal, dass ich allein wohne.
Beim HSV scheinen Sie sich jedenfalls schnell adaptiert zu haben. Sie sind dreimal eingewechselt worden, haben zwei Tore geschossen. Brauchen Sie keine Eingewöhnungszeit?
Wenn man sich gut fühlt, dann spielt man auch gut. So einfach ist das. Zumindest bei mir. Mir geht es derzeit einfach richtig gut – auf und abseits des Platzes. Das eine funktioniert nicht ohne das andere.
Auch bei der Nationalmannschaft sind Sie ein Schnelllerner. Ein Spiel, eine Einwechslung, ein Tor.
Ja, das war im vergangenen November im Spiel gegen Luxemburg. Das Trikot von meinem ersten Spiel und Tor habe ich mir natürlich aufgehoben. Vielleicht hänge ich mir das in meine neue Wohnung in Hamburg an die Wand. Meine Eltern bringen es am Wochenende mit, wenn Sie meine ganzen Sachen nach Hamburg fahren.
Sie haben alle ungarischen Jugendmannschaften durchlaufen. War es für Sie nie ein Thema, für Südafrika zu spielen?
Ehrlich gesagt habe ich nie einen Anruf vom südafrikanischen Verband erhalten. Ich mag den südafrikanischen Fußball, kann mich auch noch gut an die WM dort 2010 erinnern. Da war ich sieben Jahre alt – und ich habe alles im Fernsehen gesehen. Aber Ungarn ist nun mal meine Heimat.
HSV-Neuzugang Nemeth träumt von der EM
Im März stehen die nächsten Länderspiele auf dem Programm. Hoffen Sie auf die nächste Einladung?
Natürlich. Welcher Fußballer träumt nicht davon, für sein Land zu spielen. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich schon im März wieder dabei wäre. Mein großer Traum ist, mit Ungarn die EURO 2024 hier in Deutschland zu spielen.
In den vergangenen drei Jahren hat Deutschland dreimal gegen Ungarn gespielt und dabei nie gewonnen. Warum ist der ungarische Fußball gerade so gut?
Wir haben einen sehr guten Trainer, der die Mannschaft taktisch nach vorne gebracht hat. Aber vor allem sind wir ein richtiges Team. Von der individuellen Klasse kann Ungarn vielleicht nicht mit allen großen Fußballnationen mithalten – aber als ein Team können wir das. Das hat man ja auch bei der letzten EM gesehen, als Deutschland nur mit viel Glück ein 2:2 geschafft hat. Das Spiel habe ich mit meiner Familie im Fernsehen gesehen. Bei der nächsten EURO bin ich dann vielleicht sogar selbst dabei.
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Es ist ja kein Geheimnis, dass auch Sunderland großes Interesse an Ihnen hatte. Normalerweise gilt England als Sehnsuchtsziel für Fußballer. Warum wollten Sie nach Deutschland? Nach Hamburg?
Weil auch der HSV ein großer Club ist. Außerdem wusste ich vorher, dass wir unter Trainer Tim Walter sehr dominant spielen, dass wir Stürmer viele Chancen bekommen. Das hat mir gefallen. Und natürlich wollen wir aufsteigen. Das hat mir auch der Trainer gesagt.
Tim Walter kokettiert immer wieder damit, dass sein zweiter Name Laszlo sei und er ein paar Brocken Ungarisch kann. Kann er?
Er kann. In unserem ersten Gespräch am Telefon hat er tatsächlich ein bisschen Ungarisch gesprochen. Außerdem sollte man dem Trainer nicht widersprechen (lacht).