Hamburg. Was ein Tag vor dem Hamburger Landgericht mit dem HSV-Profi und zwei Beratern über das Geschäft Fußball verrät.
Als der Vormittag in Raum B223 am Landgericht Hamburg am Sievekingplatz 1 nach zwei langen Stunden vorbei war, gab es nur eine Gewinnerin: die Gerichtsübersetzerin. Die Dolmetscherin, die den Zivilprozess zwischen Mahmut Aktas auf der einen und HSV-Profi Bakery Jatta und dessen Spielerberater Efe Aktas auf der anderen Seite ins Englische übersetzte, strahlte über beide Ohren, als der Fußballer ihr nach der Verhandlung ein Autogramm unterschrieb. „Für meinen Enkel“, sagte sie. „Er ist großer HSV-Fan.“
Ein großer Fan von Bakery Jatta dürfte Mahmut Aktas dagegen nicht mehr werden. Dabei war der 41-Jährige zumindest mal ein guter Freund. Ob er auch ein guter Berater oder sogar persönlicher Trainer war, soll die Klage mit dem Aktenzeichen 318 O 181/21klären.
Der Sachverhalt, über den das Abendblatt schon einmal vor der Verhandlung ausführlich berichtet hatte, noch einmal in Kürze: Mahmut Aktas, nicht verwandt oder verschwägert mit Jattas Berater Efe Aktas, verklagt die beiden auf zehn Prozent aller Einnahmen (aus der Vergangenheit und in der Zukunft), weil er dem Gambier 2016 geholfen habe, Profi zu werden. Oder in seinen Worten: „Ich war der Projektleiter. Jatta war mein Projekt.“ Der momentane Gesamtstreitwert: 204.000 Euro. Demnach fordert Mahmut Aktas 144.000 Euro von Jatta und 60.000 von Efe Aktas.
Bakery Jatta: Millionenforderung gegen HSV-Profi
Ob es bei diesem Streitwert bleibt, ist allerdings ungewiss. So zitierte Jattas Anwalt Thomas Bliwier direkt zu Beginn des Prozesses einen Brief, in dem Mahmut Aktas kurz vor dem Gerichtstermin Jatta schriftlich mit einer sogenannten Hak noch zu weiteren Zahlungen aufgefordert habe. Dabei musste Bliwier der überraschten Richterin erst einmal erklären, dass es sich bei einer Hak um ein islamisches Recht handelt, das aus dem Türkischen stammt und sinngemäß heißt: das von Gott gegebene Recht.
Demnach fordert Mahmut Aktas nicht nur vor dem irdischen Gericht 204.000 Euro für seine Dienste, sondern will von Jatta, den er in dem Schreiben in Klammern zusätzlich immer Daffeh nannte, auch noch eine Million Euro, von Efe Aktas 250.000 Euro sowie jeweils von beiden 50 Prozent der Gerichts- und Anwaltskosten. „Es geht um das Seelenheil“, erklärte Aktas, der für seine religiöse Forderung als Zeugen unter anderem Iman Bi Ria benannte. Bliwier nannte die Forderung „absurd“.
Sittenwidriger Vertrag mit Jatta?
Zwei Stunden dauerte dann die weltliche Verhandlung, die einen unverschleierten Blick hinter die Kulissen des Geschäfts Profifußball bot. Es ging um Glamour und Geld, um Versprechungen und Enttäuschungen. Allerdings war es statt Allah Richterin Wöhler, die am Landgericht am Vormittag Recht sprechen sollte. Und diese ließ sich zunächst noch einmal detailliert von Mahmut Aktas, Jatta und Efe Aktas schildern, was diese drei am 6. Januar 2016 in einem Sechsaugengespräch in der Fußballhalle Soccerking in Bremen besprochen hätten.
Laut Mahmut Aktas hätten die drei damals einen mündlichen Vertrag darüber geschlossen, dass er Jatta für ein Profi-Engagement beim HSV fit machen wollte und er selbst dafür bis zu Jattas Karriereende zehn Prozent aller Einkünfte erhalten würde – auch Einnahmen aus einem möglichen Film („Vom Flüchtling zum Profi“). Jatta („Wir haben nie über Geld gesprochen, wir haben auch nie über einen Vertrag gesprochen“) und Efe Aktas („Dieses Gespräch hat so nie stattgefunden“) bestritten dies.
Die Richterin stellte mehrere Nachfragen und erinnerte Mahmut Aktas daran, dass so ein Vertrag, sollte er denn tatsächlich geschlossen worden sein, sogar sittenwidrig gewesen wäre. Zur Erinnerung: Jatta war damals minderjährig und sprach auch noch kein Deutsch.
Bakery Jatta streitet vor Gericht alles ab
Sieben Jahre nach dem Treffen in der Bremer Fußballhalle saß Jatta, schwarze Hose, schwarzer Pullover, schwarze Schuhe, ruhig in Raum B223, lauschte den Ausführungen und verbarg sein Gesicht immer wieder in seinen Händen. Seiner Übersetzerin, die zu seiner Linken Platz nahm, sagte er immer wieder ein Wort: „Never!“ Niemals habe er zugesagt, zehn Prozent seines Gehalts an Mahmut Aktas weiterzugeben – und auch niemals habe der ihn nach Erhalt seines ersten Profivertrags so trainiert, wie er es behauptete.
Eingeräumt wurde lediglich, dass Aktas den damals 17-jährigen Jatta im ersten Halbjahr 2016 unterstützte. Für dessen „sportliche, mentale und physische Vorbereitung, für die er die Rechnung 10100 (liegt dem Abendblatt vor) einreichte, erhielt der Schwabe 12.048,75 Euro. Warum es nicht genau zehn Prozent von dem Beraterhonorar von 120.000 Euro (für den ersten Profivertrag) waren, konnte trotz mehrfacher Nachfrage der Richterin nicht plausibel geklärt werden.
Bakery Jatta - es geht nur ums Geld
Je länger die Verhandlung dauerte, desto offensichtlicher wurde es, um was es im Fußball ausschließlich geht: ums Geld. „Wir wollten keine kleinen Sprünge machen. Was bringt uns das, hier mal 1000 Euro für einen Vertrag zu vermitteln, dort mal 100 Euro zu bekommen? Das war nicht unsere Einstellung. Wir dachten groß, aber wir wollten den Elefanten in kleine Scheiben schneiden“, sagte Mahmut Aktas, der berichtete, wie er und Efe Aktas bereits vor Jahren Mario Götze gescoutet hätten und dass Jatta für ihn ein zukünftiger Pierre-Emerick Aubameyang gewesen wäre.
Zunächst sei der Afrikaner aber für ihn ein Fass ohne Boden gewesen. „Er war der einzige Spieler in der Bundesliga, bei dem man Geld mitbringen musste.“ Das sollte sich aber nach dem ersten echten Profivertrag ändern. Dann war Jatta: ein großer, fetter Geld-Elefant.
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Nach zwei Stunden hatte die Richterin genug gehört. Es liege nun an den streitenden Parteien, die Kuh doch noch vom Eis zu bekommen, sagte sie und kündigte ansonsten einen Verkündungstermin noch vor den Märzferien an.
Um kurz nach 13 Uhr war das traurige Schauspiel vor Gericht beendet. Jatta stand nach der Verhandlung vor dem Landgericht mit Berater Efe Aktas, schüttelte den Kopf und sagte, er fühle sich wie ein Sklave. Mahmut Aktas ging ins nahe gelegene Blockhouse und gönnte sich ein Steak. Und nur der Enkel der Übersetzerin durfte sich freuen: Er erhielt das versprochene Autogramm.