Hamburg/Frankfurt am Main. Bei der Verhandlung um die positive Dopingprobe wird auch deutlich, wie intensiv der Profi beim HSV medizinisch versorgt wurde.

Eine Spritze zu bekommen, das war für Mario Vuskovic keine große Sache. Wenn die Belastung des Profifußballs hoch war und er möglicherweise noch durch einen Infekt geschwächt – so hat es HSV-Arzt Wolfgang Schillings am Freitag als Zeuge vor dem DFB-Sportgericht erzählt –, dann habe der Innenverteidiger von ihm schon einmal Vitamine injiziert bekommen.

Letztmals sei das Ende August, Anfang September passiert. Damals habe eine Erkältung Vuskovic zugesetzt. Aber der Kroate sei keiner, der sich einfach so ein Mittel spritzen lasse.

Jedes Mal habe er zuvor die Ärzte nach dem Inhalt gefragt, wie Vuskovic selbst beteuerte. Umso weniger könne er sich erklären, wie das Dopingmittel Erythropoietin (Epo) in eine Probe vom 16. September gelangt sein soll.

HSV-Profi Mario Vuskovic erhielt kurz vor Dopingkontrolle zwei Spritzen

In den sieben Tagen zuvor habe er keine Spritzen bekommen. Wohl aber habe er am Tag der Kontrolle Ibuprofen eingenommen, um die Schmerzen am Fuß zu lindern. Am 3. September war ihm beim Spiel gegen den Karlsruher SC (1:0) ein Gegenspieler auf den Fuß gestiegen und hatte ihm regelrecht ein Loch hineingetreten. Die Wunde musste sogar genäht werden.

Vuskovic hatte vor dem Eingriff eine örtliche Betäubung erhalten. Wieder: per Spritze. Könnte so das Epo in die Blutbahn gelangt sein? Das Mittel ist laut dem Hamburger Dopingexperten Klaus-Michael Braumann bis zu drei Wochen nach Verabreichung nachweisbar. Allerdings müsse es mehrmals am Tag in kleinen Dosen gespritzt werden, um den gewünschten Effekt zu erzielen.

Wie intensiv Profis von ihren Vereinen medizinisch betreut und auch behandelt werden, zumindest das hat die mündliche Verhandlung in Frankfurt gezeigt. Bei der Dopingkontrolle selbst will Vuskovic dann nicht so genau nachgefragt haben – und auch nicht umfassend informiert worden sein.

Ob er seine zweite Probe in dem Becher seines Mitspielers Xavier Amaechi abgegeben habe, wie sein Anwalt Joachim Rain wissen wollte? Vuskovic (21) konnte es nicht sagen: „Ich habe nicht gesehen, welchen Becher sie mir gegeben haben. Ich habe einfach alles getan, wozu ich aufgefordert wurde. Ich bin davon ausgegangen, dass die Docs ihren Job gut machen.“

HSV-Arzt: Vuskovics Blutwerte unauffällig

Zu Schillings (51) und dem leitenden Mannschaftsarzt Götz Welsch (48) hat Vuskovic offenbar großes Vertrauen. Immer wieder nennt er sie bei ihren Spitznamen Dr. Götze und Dr. Wolle. Mehrmals im Jahr kontrollierten die Mediziner nach eigener Aussage das Blutbild der Spieler.

Vuskovics Gesundheitszustand sei letztmals am 24. Juni überprüft worden. Das Ergebnis: unauffällig. „Seine Werte sind nicht hochgegangen, sie waren über die Jahre immer gleichmäßig im unteren Normbereich“, sagte Welsch: „Er ist ein gesunder mustergültiger Athlet.“

Wie 95 Prozent aller Profis habe auch Vuskovic täglich Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine, Aminosäuren zur Regeneration, Proteine und Omega 3-Fettsäuren erhalten. Welsch bestätigte aber, dass Vuskovic dies alles sehr bewusst eingenommen habe: „Er macht nicht einfach etwas, was man ihm sagt. Er hinterfragt die Dinge auf eine positive Art und Weise.“

Andere Ärzte will Vuskovic im fraglichen Zeitraum nicht konsultiert haben. Am 10. September – dem Tag nach dem 3:2-Sieg bei Holstein Kiel, bei dem der Kroate ungewohnte Schwächen zeigte – sei er für zwei Tage in seine Heimatstadt Split gereist, erzählte er am Freitag. Dort habe er mit seinen drei besten Freunden gefeiert, auch Alkohol getrunken.

„Aber er hat mir glaubhaft versichert, dass er während seiner Zeit in Kroatien nicht bei einem Arzt oder Physiotherapeuten war“, sagte Schillings. Auf die Nachricht vom positiven Dopingbefund, die Vuskovic Mitte November überbracht wurde, habe er dann „überrascht und erschrocken“ reagiert. Schillings: „Mit ein paar Tagen Abstand ging er proaktiv auf uns zu, ihn medizinisch zu untersuchen, um eine Erklärung für den positiven Epotest zu finden.“

Die wird es wohl auch beim nächsten Verhandlungstermin am kommenden Donnerstag nicht geben. Dann wollen Vuskovics Anwälte Gutachten vorlegen, die weitere Zweifel am Kontrollverfahren aufwerfen.