Hamburg. Am Sonntag muss der Club vor wilder Kulisse in Rostock bestehen. Unruhe gibt es im Volkspark aktuell aber nur in der Vereinsführung.
Es war ungewöhnlich ruhig am Freitagvormittag auf dem Trainingsplatz des HSV im Volkspark. Nach einer Mitteilung des Zweitligisten via Twitter wurde dann aber auch schnell klar, warum. Tim Walter war nicht da. Der sonst so lautstarke Trainer nahm an der Trauerfeier für seinen langjährigen Co-Trainers Rainer Ulrich teil, der am 9. Januar im Alter von 73 Jahren gestorben war.
Das Abschlusstraining vor dem Auswärtsspiel bei Hansa Rostock am Sonntag (13.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) wird Walter aber wieder leiten und sich im Ostseestadion auch wieder so geben, wie man ihn kennt. „Die Spieler wissen, dass ich einen Vollschuss habe, aber den haben sie auch. Das passt also“, sagte der HSV-Trainer mit einem Lächeln in einem Interview mit „HSV live“ über seine Art und sein besonderes Verhältnis zu den eigenen Spielern.
Während die HSV-Fans am Sonntag also wieder einen lauten und leidenschaftlichen Trainer erleben werden, geht es auch hinter den Kulissen des Clubs weiter hitzig zu. Die Hauptversammlung der HSV Fußball AG, die für Klarheit in der Vereinsführung sorgen sollte, hat viele neue Fragen aufgeworfen. Vor allem die: Gelingt es dem Präsidium um Präsident Marcell Jansen, sich gemeinsam mit den Gesellschaftern auf die künftige Besetzung des Aufsichtsrats zu einigen?
HSV zwischen Krach und Brisanz
Nach der mehr als fünfstündigen Sitzung am Donnerstag sieht es aktuell nicht danach aus. Die Sitzung endete ergebnislos, die Wahl des neuen Aufsichtsrats wurde verschoben. Dabei hatte sich Jansen mit seinen Vizepräsidenten des Vereins, Michael Papenfuß und Bernd Wehmeyer, nach wochenlangen Diskussionen darauf verständigt, dass Henrik Köncke und Stephan von Bülow die Plätze von Andreas Peters und Lena Schrum im Aufsichtsrat des HSV einnehmen.
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Der frühere Vorsänger Köncke, der erstmals an einer Hauptversammlung teilnahm, durfte aber gleich in seiner ersten Sitzung erfahren, wie es innerhalb der Gremien zugeht. Insbesondere der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Karl Gernandt nahm als Vertreter von Investor Klaus-Michael Kühne kein Blatt vor den Mund und ging vor allem Jansen und den bisherigen Aufsichtsrat Detlef Dinsel scharf an.
Hintergrund waren die vielen Irrungen und Wirrungen rund um die Zeit von Thomas Wüstefeld als Vorstand im vergangenen Jahr. Zur Erinnerung: Wüstefeld, der im Oktober 2021 Kühne 5,11 Prozent der HSV-Anteile abkaufte, legte sich zehn Monate später mit dem Logistik-Unternehmer an und wollte die Kaufsumme von 14,2 Millionen Euro juristisch neu verhandeln. Am Donnerstag trafen Gernandt und Wüstefeld nach dessen Rücktritt als HSV-Vorstand erstmals wieder persönlich aufeinander.
Wie aber geht es nun weiter?
Wie sich die HSV Fußball AG künftig aufstellt, bleibt ein Streitthema. Investor Kühne ist nach wie vor bereit, den HSV finanziell zu unterstützen. Einerseits ist er willig, seine Anteile in einer neuen Rechtsform zu erhöhen. Andererseits will er wie schon seit Jahren die Gesellschafterstruktur auf breitere Beine stellen. Der Versuch, dieses mit Wüstefeld und Dinsel zu tun, ist gescheitert.
Auf der Tagesordnung der Hauptversammlung ging es aber auch noch mal um den versuchten Anteilsverkauf der Kühne Holding an das sogenannte Hamburger Bündnis im Jahr 2021. Der Deal, bei dem es um 400.000 Aktien gegangen sein soll, kam nicht zustande, obwohl er von der Hauptversammlung genehmigt wurde. Noch immer bedarf es juristischer Schritte, um alles rückgängig zu machen.
Wie aber geht es nun weiter? Im nächsten Schritt will sich das Präsidium um Jansen gemeinsam mit den Aktionären erneut an einen Tisch setzen. Erst danach kann es zur konstituierenden Aufsichtsratssitzung kommen. Bis dahin bleiben beim HSV viele Streitthemen offen.
Kurzfristig helfen könnte dem Club vor allem ein Sieg am Sonntag in Rostock. Das Ostseestadion wird mit 26.000 Zuschauenden ausverkauft sein. Trainer Walter erwartet eine „hitzige Atmosphäre“. Das sei aber eine gute Nachricht, weil „wir solch eine Stimmung mögen“.
Rostock: Kolke – Ananou, van Drongelen, Roßbach – Neidhart, Rhein, Fröde, Schumacher – Ingelsson, Duljevic – Verhoek.HSV: Heuer Fernandes – Heyer, David, Schonlau, Muheim – Meffert – Reis, Benes – Jatta, Glatzel, Dompé.