Hamburg. Beim Termin des Investors und des Präsidenten geht es um viel Geld. Doch auch Finanzvorstand Wüstefeld hat einen wichtigen Termin.

Der Pssst-Faktor war groß am Dienstag auf der Geschäftsstelle des HSV. Wer fragte, ob man schon vom Treffen zwischen Investor Klaus-Michael Kühne und Präsident Marcell Jansen an diesem Mittwoch gehört habe, erhielt als Antwort nur ein Achselzucken oder ein unwissendes Kopfschütteln. Der Ort: geheim. Die genaue Besetzung: streng geheim. Und die Agenda: absolut streng geheim.

Nun denn. Antworten auf all diese Fragen wird es wohl erst nach dem Geheimtreffen, das wahlweise auch als Gipfeltreffen oder Friedensgipfel tituliert wird, geben. Klar ist bislang nur, dass Kühne und Jansen noch einmal persönlich über das 120-Millionen-Euro-Angebot sprechen wollen, das der Milliardär via Pressemitteilung einen Tag nach der Trauerfeier für den verstorbenen Uwe Seeler verschickt und der HSV-Präsident drei Tage später via Pressemitteilung abgelehnt hatte. HSV-Kommunikation im Jahr 2022.

HSV-Millionengipfel: Kühne und Jansen loten mögliche Annäherung aus

Exakt einen Monat später wollen nun die fleißigen Pressemitteilungsschreiber noch einmal ausloten, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, sich im Sinne des HSV anzunähern. Jansen hat für das Tête-à-tête sogar seinen Urlaub unterbrochen. Das Kernproblem: Kühne will kein Geld geben, solange Jansens Vertrauter Thomas Wüstefeld das Sagen im Vorstand hat. Dem Abendblatt hatte Kühne schon vor seinem 120-Millionen-Euro-Angebot ausrichten lassen, dass er hoffe, „dass Dr. Wüstefeld beim HSV recht bald Geschichte sein“ würde.

Der Hintergrund: Wüstefeld und die Kühne Holding haben juristische Streitigkeiten wegen des Anteilsdeals aus dem vergangenen Herbst. Der HSV-Vorstand hatte über seine Anwälte Karl Gernandt, den Vorsitzenden der Kühne Holding, der früher selbst HSV-Aufsichtsratschef war, der „arglistigen Täuschung“ beschuldigt und gedroht, den Gerichtsweg zu bestreiten.

In einem Interview mit der „Bild“-Zeitung hat Wüstefeld nun unmittelbar vor dem Geldgipfel angedeutet, dass er sogar bereit wäre, sich als Vorstand zurückzuziehen, wenn dies im Hinblick auf eine Einigung mit Investor Kühne erforderlich wäre: „Ich sitze nicht mit Klebstoff auf dem Stuhl. Am Ende geht es immer um die beste Entscheidung für den HSV.“

HSV-Vorstand Wüstefeld will Einigung mit Kühne nicht im Weg stehen

Am Dienstagnachmittag empfing Wüs­tefeld auch das Abendblatt im Volkspark und erneuerte sein Angebot. In einer Loge konkretisierte er auch seine Ankündigung aus der „Bild“, dass der HSV die geplante Fremdfinanzierung für die Sanierung des Stadions in Höhe von 23 Millionen Euro um zehn Millionen Euro reduzieren werde. Zur Erinnerung: Ursprünglich hatten Wüstefeld und HSV-Sponsor Hansemerkur angekündigt, dass die Versicherung dem klammen Club ein Darlehen von 23 Millionen Euro zur Verfügung stellen würde, sofern Wüstefeld Bürgen finden würde. Da dies bislang nicht geklappt hat, setzt Wüstefeld auf Plan B.

„Wir haben unterschiedliche Finanzierungsmodelle, die wir seit Wochen prüfen. Neben anderen Faktoren wie Partner- und Zuschauereinnahmen hat uns unter anderem auch der Transfer von Amadou Onana einen gewissen Spielraum verschafft“, sagte der 53-Jährige. Dank der Wechsel von Onana und auch Filip Kostic konnte der HSV im Sommer ungeplante Erlöse von 5,5 Millionen Euro verbuchen. Onana ging für 35 Millionen Euro von Lille zum FC Everton, wovon dem HSV nach Abzügen fünf Millionen Euro zustanden. Kostic wechselte für 17 Millionen Euro aus Frankfurt zu Juventus Turin, wovon der HSV 500.000 Euro kassierte.

HSV-Aufsichtsrat hat Dachmodernisierung abgesegnet

Durch den überraschend hohen Zuschauerschnitt (bislang 46.790 statt der ursprünglich geplanten 28.000) und die Reduzierung der Kosten soll der HSV nun acht bis zehn Millionen Euro zur Verfügung haben, die der Club nun direkt für die Stadionsanierung nutzen will. Nach Abendblatt-Informationen hatte der Aufsichtsrat, der bislang noch nicht darüber informiert wurde, dass Finanzierungsplan A gescheitert ist, bereits auf seiner vergangenen Sitzung die Modernisierung der Dachmembran mit einem Kostenvolumen von acht Millionen Euro abgesegnet. Der Auftrag für die Dacharbeiten ist allerdings noch nicht erfolgt. Derzeit wird lediglich der Leistungskatalog definiert. Die Arbeiten sollen frühestens im Sommer des nächsten Jahres beginnen.

Etwas weiter ist der HSV in Sachen Beschallungssystem und Flutlichtanlage. Die Aufträge für die Gewerke sind eingereicht, die Bauarbeiten sollen direkt nach dem letzten Hinrundenheimspiel am 12. November gegen Sandhausen beginnen.

Ein erster Schritt ist also gemacht, doch die finanziellen Sorgen sind beim HSV weiter groß. Denn obwohl Wüstefeld bereits seit Wochen angekündigt hat, in finalen Gesprächen mit Bürgen für ein Darlehen zu stehen, gibt es auch für das reduzierte 13-Millionen-Euro-Darlehen noch immer keine Bürgenvereinbarung.

HSV-Vorstand Wüstefeld erwägt Verkauf von Stadionanteilen

Wüste­felds Wunschpartner soll die Stadt bleiben, die sich aber bei einer Landesbürgschaft ziert. Am 22. September will Wüstefeld noch einmal persönlich im Haushalts­auschuss für seinen neuen Finanzierungsplan werben, um die kritischen Stimmen aus der Politik zu überzeugen. Anschließend muss noch einmal der Kreditausschuss der Stadt tagen.

Zudem lässt Wüste­feld eine Projektgruppe der Frage nachgehen, ob man das Volksparkstadion in eine Betriebsgesellschaft legt und einen Finanzinvestor hinzuzieht, um Anteile am Stadion zu verkaufen. Wichtig aus Wüstefeld-Sicht: Der HSV AG, die Mehrheitsgesellschafter bleiben soll, müsste ein Rückkaufsrecht eingeräumt werden. Nach Abendblatt-Informationen gibt es vier Interessenten. „Wir prüfen alle Finanzierungsmöglichkeiten, die zur Stärkung der HSV Fußball AG beitragen“, sagte Wüste­feld. Der Liquiditätsplan stehe, betonte der Vorstand.

Beim großen HSV-Kühne-Gipfel wird Wüstefeld indes nicht dabei sein. Immerhin das konnte man einen Tag vorher herausbekommen.