Hamburg. Kiels Hauke Wahl und Sebastian Schonlau vom HSV sind seit Jahren Freunde. Unter Tim Walter veränderte sich für beide alles.

Vor vier Jahren fuhr Hauke Wahl mit dem ICE von Ingolstadt über Hamburg nach Kiel. Der Abwehrspieler war mit Tim Walter zum Essen verabredet. „Er hat versucht, mir mit Salz- und Pfefferstreuern seine Taktik zu erklären. Das habe ich zwar nicht ganz verstanden, aber ich habe verstanden, dass ich oft den Ball haben werde“, sagt Wahl vier Jahre später im Gespräch mit dem Abendblatt. Der Innenverteidiger, der beim FC Ingolstadt keine Perspektive mehr hatte, gab dem neuen Trainer von Holstein Kiel die Zusage. Und gleich im ersten Spiel siegten sie zusammen beim HSV mit 3:0.

An diesem Freitag (18.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) kommt es beim Nordderby zwischen Holstein Kiel und dem HSV zum Wiedersehen zwischen Wahl und Walter. Der 28-Jährige ist dort noch immer Kapitän, der 46-Jährige seit einem Jahr Trainer des HSV. Für Wahl ist es aber gleich aus mehreren Gründen ein Highlight-Spiel.

HSV News: Sebastian Schonlau trifft auf guten Freund

Er wohnt wieder in seinem Geburtsort Hamburg und pendelt von Barmek nach Kiel.„Ich habe viele HSV-Fans in meinem Umfeld, da ist es schon ein großes Thema. Als Hamburger Jung ist es immer besonders, gegen die Heimatstadt zu spielen“, sagt Wahl. „Und natürlich freue ich mich auch auf das Duell mit Basti. Ich war sehr traurig, dass es beim letzten Mal nicht geklappt hat.“

Basti ist beim HSV besser bekannt als Bascho oder auch Sebastian Schonlau. Ebenfalls Kapitän, ebenfalls Innenverteidiger, ebenfalls 28 Jahre alt und seit sieben Jahren mit Wahl bestens befreundet. 2015 trafen sie als neue Mitspieler beim Zweitligisten SC Paderborn erstmals aufeinander, nachdem Wahl aus Kiel nach Ostwestfalen gewechselt war. Schonlau spielte dort schon seit der Jugend. „Basti war eine meiner ersten Bezugspersonen. Wir saßen im Bus nebeneinander, haben uns ab dem Trainingslager die Zimmer geteilt. Da ist eine enge Freundschaft entstanden. Unsere Freundinnen verstehen sich auch sehr gut. Das schweißt noch mehr zusammen“, sagt Wahl, der sich sieben Jahre später fast wöchentlich mit Schonlau in Hamburg trifft, sofern es die Trainingspläne zulassen. „Hauke und ich verstehen uns richtig gut, wir treffen uns regelmäßig“, sagte Schonlau schon vor zwei Monaten im Abendblatt-Podcast.

„Die Zeit lief für mich etwas besser als für Basti“

Dann dürften die beiden auch immer mal wieder über die besondere Spielweise von Tim Walter sprechen, die Schonlau vor einem Jahr beim HSV kennengelernt hat. „Auch ich hatte die ersten zwei Wochen Probleme zu verstehen, was der Trainer von mir will“, sagt Schonlau. Doch so wie sich Wahl 2018 bei Holstein Kiel zum Spielmacher in Walters System entwickelte, ist es nun Schonlau, der beim HSV von hinten heraus das Spiel eröffnet.

Als die beiden noch in Paderborn zusammenspielten, war Schonlau gelernter Sechser. Erst unter Trainer Stefan Effenberg durfte der heutige HSV-Abwehrchef in Testspielen die ersten Versuche in der Innenverteidigung machen. In den Pflichtspielen erhielt Wahl dann aber wieder den Vorzug. „Die Zeit lief für mich etwas besser als für Basti“, sagt Wahl über die Phase unter Effenberg. „Stefan habe ich viel zu verdanken, er hat mir einen ex­tremen Push gegeben, mich extrem gefordert. Bei Basti war das nicht der Fall, daher haben wir leider auch nie in der Innenverteidigung zusammen gespielt.“

Beide sind mittlerweile Spielmacher und Kapitäne

Am Freitag in Kiel treffen sie sich jetzt nicht nur als Kapitäne und Kumpels, sondern auch als Spielmacher in der Innenverteidigung. „Wir ähneln uns als Spielertypen. Ich habe mehr Erfahrung als Innenverteidiger und spiele etwas defensiver, Basti denkt manchmal noch wie ein Sechser“, sagt Wahl, der die sportliche Entwicklung seines Freundes begleitet hat. „Basti ist ein Anführer, der vorweggeht, immer den Ball haben will und sich in schwierigen Situationen nicht versteckt“, sagt Wahl über Schonlau. „Er ist fußballerisch sehr gut ausgebildet. Jetzt ist auch noch die Torgefahr dazugekommen.“

Aber auch Wahl kann es mit dem Kopf. Unvergessen, wie er im Januar 2021 mit seinem Treffer in der Nachspielzeit dafür sorgte, dass Kiel den FC Bayern München später im Elfmeterschießen aus dem DFB-Pokal werfen konnte. In den vergangenen Monaten aber war er zum Zuschauen verdammt. Das Pfeiffersche Drüsenfieber setzte ihn von Januar bis Juli außer Gefecht. So verpasste Wahl im April Kiels 1:0 gegen den HSV. Erst in der vorigen Woche stand Wahl beim 0:0 in Regensburg das erste Mal wieder in der Startelf. „Ich fühle mich topfit und wurde lange genug aufgebaut“, sagt Wahl. „Es ist klar, dass mir noch ein paar Prozentpunkte fehlen.“

„Hauke hatte eine lange Leidenszeit"

HSV-Trainer Walter freut sich über die Rückkehr seines ehemaligen Lieblingsschülers. „Hauke hatte eine lange Leidenszeit. Ich bin immer im Austausch mit ihm gewesen. Jeder kennt seine Qualitäten“, sagt Walter über Wahl. Der Kieler weiß selbst noch nicht, wie Holstein diesmal spielen wird. „Auch ich lasse mich überraschen.“ Dass sich die Herangehensweise von Coach Marcel Rapp verändern wird, weil Spieleröffner Wahl wieder da ist, glaubt Walter aber nicht. Und auch Wahl wird sich Rapps Matchplan unterordnen. „Hauke wird zu 100 Prozent das umsetzen, was der Trainer will, weil er total loyal und ein richtiger Teamspieler ist.“

Walters Worte machen deutlich, dass er Wahl noch immer mag. Und das gilt auch andersherum. „Tim hat mich in einer schwierigen Phase nach Kiel geholt und hat mich wieder aufgebaut. Wir hatten ein sehr enges Verhältnis. Ich habe viel gelernt in der Zeit und bin ex­trem gereift. Es ist eine Spielweise, die sehr viel Spaß macht“, so Wahl.

HSV News: Wahls Vertrag läuft im Sommer aus

Womöglich wird Walter im Frühjahr mal wieder anklopfen, schließlich läuft Wahls Vertrag im Sommer aus. Dann wäre er ablösefrei zu haben. Und hätte die späte Chance, doch noch einmal mit seinem Kumpel Schonlau in der Innenverteidigung zu spielen. Und wenn es nicht so kommt, werden sie sich trotzdem weiter regelmäßig treffen. Nächster Treffpunkt: Freitag, 18.30 Uhr, Anstoßpunkt in Kiel.

Flügelspieler Ogechika Heil (21) fällt mit einem Faszienteilriss im linken Fuß mehrere Wochen aus.