Hamburg. Für den HSV-Trainer ist die Partie bei Holstein Kiel am Freitag in mehrfacher Hinsicht eine besondere – in der die Tabellenführung winkt.

Wenn Tim Walter am Freitagabend gegen 18.30 Uhr (Sky, Liveticker bei Abendblatt.de) seinen Platz auf der Trainerbank im Holstein-Stadion einnimmt, beginnt für den Übungsleiter des HSV beim Auswärtsspiel bei Holstein Kiel ein besonderer Arbeitstag. Der 46-Jährige absolviert sein 50. Pflichtspiel für die Hamburger.

Diese magische Marke hatten viele seiner Vorgänger gar nicht erst erlebt. Dieter Hecking stand 36 Mal an der Linie, Daniel Thioune brachte es auf 32 Partien, Hannes Wolf immerhin auf 28 und Christian Titz trainierte den HSV lediglich bei 19 Spielen. Der letzte Coach, der die 50er-Marke geknackt hat, war Markus Gisdol (52).

Läuft alles normal, wird Walter Ende September der Hamburger Trainer sein, der im vergangenen Jahrzehnt die meisten Spiele gecoacht hat. Herrlich verrückte HSV-Trainerwelt.

HSV News: Pressesprecher erinnert Walter an Jubiläum

Walter selbst hatte sein Dienstjubiläum beim Traditionsverein gar nicht so richtig auf dem Zettel. Erst Pressesprecher Philipp Langer erinnerte ihn am Mittwoch daran. Und die Bilanz kann sich sehen lassen. Bei einem Sieg in Kiel würde sich der persönliche Punkteschnitt auf 1,92 erhöhen. Dabei erzielte der HSV im Schnitt zwei Treffer pro Partie.

„Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich gerne hier Trainer bin, dass wir gemeinsam Ziele und eine gute Truppe, aber auch noch einen langen Weg vor uns haben. Ich freue mich, ein Teil davon zu sein und dass vielleicht noch einige mehr dazukommen. Es macht mir in der Stadt und die Arbeit im Verein Spaß und bereitet mir Freude“, sagte Walter. Der einzige Profi, der in jedem Spiel unter Walter zum Einsatz kam, ist Stürmer Robert Glatzel.

Walter erklärt, wie man den HSV schlagen kann

Freude hatte der HSV in den vergangenen Jahren beim Nordrivalen eher wenig. In der Zweiten Liga sind die Hamburger noch ohne Sieg gegen Kiel. Die verheerende Bilanz: fünf Unentschieden, drei Niederlagen, 8:14 Tore. Das drängt sich das Wort Angstgegner förmlich auf. „Wie Angst? Wer mich kennt, der weiß, ich habe vor niemandem Angst“, entgegnete Walter gewohnt selbstbewusst: „Statistiken sind das eine, die Tatsachen auf dem Platz das andere. Wir genießen solche Spiele. Es ist einfach nur Vorfreude bei uns da. Die Gier, besser zu werden, die Gier, Spiele zu gewinnen, wollen wir am Freitag zeigen.“

Für Walter sind die Partien gegen Holstein immer etwas Besonderes. An der Förde bekam der aktuelle HSV-Jubilar die Chance, im Profifußball Fuß zu fassen. Dass er noch ein Herz für Holstein hat, offenbarte der Trainer im Scherz in der Pressekonferenz, in der verriet, wie man den HSV schlagen kann. „Es gibt nur drei Möglichkeiten, gegen uns zu spielen: hoch attackieren, in der Mitte verteidigen oder tief stehen. Wichtig ist, dass wir unsere Lösungen haben und in jeder Hinsicht besser werden“, sagte Walter und grinste.

HSV kann wieder auf Königsdörffer setzen

Bei der 0:1-Niederlage am 10. April nahm Kiel nahezu gar nicht am Offensivspiel teil, stand stattdessen tief in der eigenen Hälfte und zermürbte so den HSV. Eine Spielweise, die den Hamburgern Probleme bereitet hatte und auch in dieser Saison häufig vor Rätsel stellt.

Unabhängig von der Spielweise hat Walter großen Respekt vor dem, was in Kiel seit Jahren geleistet wird. Auch in dieser Saison wird der einzige Fußball-Proficlub aus Schleswig Holstein mit dem Abstieg wohl nichts zu tun haben. Im Gegenteil: Holstein spielt mal wieder oben mit und könnte mit einem Sieg mit dem HSV nach Punkten gleichziehen.

Tabellenspitze 2. Bundesliga
1. SC Paderborn 7 / 21:8/ 16
2. HSV 7 / 9:3 / 15
3. 1. FC Heidenheim 7 / 12:5 / 14
4. Darmstadt 98 7 / 12:7/ 14
5. Hannover 96 7 / 13:9 / 13
6. Kaiserslautern 7 / 13:10 / 12
7. Holstein Kiel 7 / 12:12 / 12

10. FC St. Pauli 7 / 13:12 / 9

„Kiel hat bis auf einen Ausreißer, der mehr ein Eishockeyergebnis war (2:7 in Paderborn, die Red.), bisher eine stabile Runde gespielt. Über Jahre hinweg machen sie eine gute Arbeit. Sie versuchen, stabil zu sein, probieren keine Überdinge. Das ist aus meiner Sicht aus der Ferne das, was ich euch so mitgeben kann. Wie es intern aussieht, weiß ich aber nicht“, sagte Walter.

Ob er bereits weiß, welche Startformation er bei Holstein auf den Rasen schicken wird, verriet Walter – wenig überraschend – nicht. Stürmer Ransford-Yeboah Königsdörffer (20) ist nach seiner abgelaufenen Rotsperre wieder einsatzbereit, Außenstürmer Ogechika Heil (21) fällt dagegen mit einer Knöchelverletzung länger aus. „Königsdörffer ist immer eine Option, weil er ein guter Spieler ist und sich in den vergangenen Wochen sehr gut weiterentwickelt hat“, erklärte Walter.

Die sportliche Entwicklung der vergangenen Wochen sorgt dafür, dass der HSV mit einem Sieg in Kiel zumindest vorübergehend Tabellenführer werden könnte. „Am Ende der Saison schauen wir auf die Tabelle. Wir wollen jedes Spiel gewinnen. Wenn man gewinnt, geht der Weg automatisch nach oben. Das ist unser Ziel“, so Walter.

Ein schönes Geschenk zum Dienstjubiläum wäre es aber trotzdem.