Hamburg. Bei den Hamburgern ist der Stürmer praktisch nicht zu ersetzen. So reibungslos lief es für den gebürtigen Münchner aber nicht immer.

Der Montag stand für Robert Glatzel ganz im Zeichen der Familie. Nach dem 2:0-Sieg beim 1. FC Nürnberg war beim HSV trainingsfrei. Abschalten, das Spätsommerwetter genießen und Zeit mit Ehefrau Natasa und den beiden Kindern verbringen. Und vor allem mal nicht an Fußball denken. Der 28-Jährige – daraus macht er keinen Hehl – ist ein Familienmensch durch und durch. Das ist so, und das war schon immer so.

HSV: Toptorjäger Glatzel war ein Karriere-Spätstarter

Ohne seine Liebsten hätte der Toptorjäger der Hamburger wohl kaum eine Karriere im Profifußball hingelegt. Nach 22 Toren im Vorjahr und mittlerweile schon wieder vier Treffern in der aktuellen Spielzeit ist Glatzel praktisch "Mr. Unersetzlich" bei den Hamburgern. So rund lief es beim gebürtigen Münchner allerdings nicht immer.

Während andere mit 18 Jahren bereits hochdotierte Profiverträge unterschrieben haben, spielte Glatzel in der A-Jugend bei 1860 München und verdiente 250 Euro. Eine Profikarriere trauten die "Löwen" Glatzel nicht zu. "Das war natürlich ein sehr harter Schlag. Ich habe meine ganze Jugend, meine Freizeit geopfert, war nah dran, es zu schaffen. Aus verschiedenen Gründen hat es dann nicht geklappt. Das tat extrem weh, aber es hat mich stärker gemacht und hat mir beim Karriereweg geholfen", erklärte der Torjäger im "NDR-Sportclub".

Als 20-Jähriger fand sich Glatzel, der von den großen Stadien Europas träumte, plötzlich als Schulabbrecher in der Bezirksliga beim SV Heimstetten II wieder. Das lukrative Profigeschäft war in ganz weiter Ferne. Gerade in dieser schweren Zeit immer an seiner Seite: Vater Seium, mit dem er von Kindesbeinen an trainierte und Extraschichten schob. "Ohne ihn hätte ich es nicht geschafft. In der Zeit war er entscheidend, weil er immer weiter an mich geglaubt hat und gefühlt meine letzte Stütze war. Ich habe ihm alles zu verdanken", blickte Glatzel mit viel Dankbarkeit zurück.

Doch auch seine damalige Freundin Natasa, die mittlerweile seine Ehefrau ist, hat großen Anteil daran, dass Glatzel diesen Karriereweg eingeschlagen hat. Gerade die Geburt seines ersten Kindes hat alles für den Stürmer verändert. "Dadurch ist meine Karriere ins Rollen gekommen. Ich musste viel reifer werden, durfte nicht mehr so kindisch sein. Im Vordergrund stand die Verantwortung, für eine Familie zu sorgen. Es war ein Riesenglück für mich", sagte Glatzel.

Das sagt Glatzel zum Führungsstreit beim HSV

Zu seinem vollkommenen sportlichen Glück fehlt noch der Bundesliga-Aufstieg mit dem HSV. In dieser Transferperiode hätte Glatzel in die Erste Liga zu Schalke 04 wechseln können, doch der Offensivspieler entschied sich im letzten Moment anders.

Den leichten Weg, das zieht sich wie ein roter Faden durch die Karriere von Glatzel, will er nicht gehen. Einfach kann schließlich jeder. "Es wäre eine richtig schöne Geschichte, wenn wir es gemeinsam schaffen, den Aufstieg zu feiern. Ich habe ein unglaublich gutes Gefühl bei dem Verein, das habe ich so noch nie gehabt. Wenn man hier etwas Großes schafft, bedeutet es viel mehr als bei einem anderen Verein. Ich habe ein Supergefühl, dass wir es packen werden", orakelte der Torjäger.

Dabei sollen auch nicht die internen Querelen im Vorstand stören. Glatzel macht kein Geheimnis daraus, dass die Mannschaft den Zoff zwischen Thomas Wüstefeld und Jonas Boldt in der Führungsebene wahrnimmt. "Beim Frühstück oder Mittagessen gibt es darüber schon mal Diskussionen", gestand Glatzel und fügte an: "Natürlich wäre es besser, wenn alle in dieselbe Richtung gehen, jeder seine eigenen Interessen hintenanstellt und nur für den Verein handelt. Wir können es aber nicht ändern. Wir konzentrieren uns darauf, was wir beeinflussen können. Das ist die Leistung auf dem Platz."

Und die stimmt vor allem bei Glatzel. Der Familie sei Dank.