Hamburg. In der Transferperiode hat das Kontrollgremium auf die wirtschaftliche Situation offenbar mit einer harten Entscheidung reagiert.

Die finanzielle Situation des HSV ist offenbar weit schlimmer als bisher angenommen. Der Aufsichtsrat des Zweitligaclubs hat einen sofortigen Investitionsstopp verhängt. Das berichtet die "Bild"-Zeitung. Das bedeutetet auch, dass sowohl weitere Aktivitäten auf dem Transfermarkt als auch die angedachten Vertragsverlängerungen mit Sportvorstand Jonas Boldt (40), Vorstand Thomas Wüstefeld (53) und Cheftrainer Tim Walter (46) auf Eis gelegt sind.

HSV News: Walter hofft trotzdem auf Verstärkung

Erster Leidtragender der Situation ist Sturmtalent Robin Meißner (22). Der Youngster würde gerne zum Drittligaclub Viktoria Köln wechseln, um dort mehr Spielzeit zu bekommen, doch da Sportvorstand Boldt keinen Nachfolger verpflichten darf, ist ein Wechsel derzeit keine Option. "Das stimmt. Jeder weiß, wie die Situation ist", sagte Trainer Walter.

In der HSV-Offensive fehlt es an Tiefe im Kader. Der Trainer macht kein Geheimnis daraus, dass er gerne noch Verstärkung hätte. "Wenn irgendjemand Bock hat, uns irgendwie zu helfen, oder aus anderen Quellen Geld kommt, wäre es nicht schlecht. Es ist ja noch eine Weile, bis Transferschluss ist. Vielleicht ändert sich ja bis dahin noch etwas. Es ist ganz klar, dass man immer Spieler gebrauchen kann, die uns in der Spitze verbessern", sagte Walter. Der Sparzwang soll mittlerweile auch in der Mannschaft ein Thema sein.

HSV-Vorstand soll Finanzplanung zeitnah vorlegen

Doch nicht nur auf dem Transfermarkt wird derzeit offenbar der Rotstift angesetzt. Eigentlich sollte Chefscout Claus Costa (38) Nachfolger des freigestellten Sportdirektors Michael Mutzel (42) werden. Offiziell ist diese Beförderung aber noch nicht. Nichts geht mehr beim HSV. Deshalb sollen auch die angedachten Vertragsverlängerungen mit Sportvorstand Boldt, Trainer Walter und Vorstandschef Wüstefeld aktuell hintenangestellt werden.

Dass der HSV seit Jahren wirtschaftliche Probleme hat, ist wahrlich kein Geheimnis. Zudem haben die Folgen der Corona-Pandemie ihren Teil dazu beigetragen, dass die Situation noch einmal deutlich ernster geworden ist. Die 23,5 Millionen Euro, die der HSV von der Stadt Hamburg für das Stadiongrundstück erhalten hatte, sind bereits aufgebraucht. "Das Geld, das im Juli 2021 überwiesen wurde, steht in der Form nicht mehr zur Verfügung, weil die Kollegen vor mir es für den operativen Geschäftsbetrieb ausgegeben haben", erklärte Wüstefeld.

Trotz Finanzsorgen: HSV investiert viel in den Kader

Trotz der misslichen Lage haben die Hamburger in diesem Sommer so viel in die Mannschaft investiert wie kein anderer Zweitligaverein. Bei Mario Vuskovic (20, 3,5 Millionen Euro) und Miro Muheim (23, 1,5 Millionen Euro) hat der HSV die Kaufoption gezogen, zudem mit Laszlo Benes (24, 1,8 Millionen Euro) und Ransford Königsdörffer (20, 1,2 Millionen Euro) für Zweitligaverhältnisse teure Neuzugänge präsentiert.

Unter dem Strich gaben die Hamburger bislang acht Millionen Euro für neue Spieler aus. Das Handgeld für die ablösefrei verpflichteten Matheo Raab (23) und Filip Bilbija (22) ist da noch nicht eingerechnet.

Der größte Kostenfaktor der kommenden Monate wird aber das 22 Jahre alte Volksparkstadion werden. Allein die Erneuerung der Dachmembrane soll nach Schätzung der "Sportbild" rund 14 Millionen Euro verschlingen. Die genauen Kosten sind noch gar nicht abzuschätzen. Wüstefeld sprach vor zwei Wochen vor dem Sportausschuss der Stadt von einem "zweistelligen Millionenbetrag".

Die 40.000 Quadratmeter große Dachkonstruktion bereitet den Hamburgern große Sorge. Durch eine geänderte Schneelastklasse in der Landesbau-Verordnung muss zudem nach Informationen der "Sportbild" die gesamte Statik neu berechnet werden. Das ist kostspielig und zeitintensiv. Wenn das Dach bis Ende 2023 nicht erneuert sein sollte, , könnte dem Bericht zu Folge das Bezirksamt Altona eine Nutzung des Stadions untersagen.

Gemeinsam mit den Anforderungen, die nötig sind, um bei der Europameisterschaft 2024 fünf Spiele austragen zu können, werden sich die Gesamtkosten auf bis zu 40 Millionen Euro belaufen. Derzeit arbeitet Vorstandschef Wüstefeld an einem Plan, wie die Stadionrenovierung bezahlt werden soll.

HSV-Vorstand soll zeitnah Finanzplan vorlegen

Bis heute hat der HSV-Vorstand dem Aufsichtsrat keinen detaillierten Finanzplan für die Saison 2022/23 vorgelegt. Deshalb soll Aufsichtsratschef Marcell Jansen (36) nun einen Investitionsstopp verhängt haben. In den kommenden zwei bis drei Wochen soll die Budgetplanung des Vorstandes vorliegen, erst dann soll entschieden werden, ob und wie viel Geld noch investiert werden kann.