Hamburg. Vuskovic ist der talentierteste und wertvollste HSV-Profi. Nun machen mehrere Clubs ernst. Droht ein Abgang wegen Ärgers in der Spitze?

Das Tor des Monats hatte eigentlich nur einen Schönheitsfehler: Kein Kamerateam war am Sonntagvormittag beim HSV-Training, um Mario Vuskovic’ potenzielles Tor des Monats auch einzufangen. Der Kroate hatte den Ball volley mit dem Außenrist über Torhüter Matheo Raab gezirkelt. Als der Ball schließlich genau unter der Latte einschlug, war die Begeisterung groß. Vuskovic selbst deutete mit wedelnder Hand an, dass sein Treffer „extremly hot“, ziemlich heiß, war. Und auch die Trainingszuschauer waren geplättet. „Jetzt kostet er schon elf Millionen“, scherzte einer, der im Spaß Bezug auf einen Abendblatt-Artikel vom Vortag aus dem Internet nahm.

Am Sonnabend hatte abendblatt.de berichtet, dass der englische Erstligist Wolverhampton Wanderers und drei Bundesligisten ihr Interesse an dem kroatischen Innenverteidiger hinterlegt hätten – und nicht einmal vom aktuellen Preisschild von zehn Millionen Euro abgeschreckt worden wären. Auch Sky hatte über die Gedankenspiele der vier Clubs berichtet.

Mario Vuskovic: Bundesliga statt Premier League

Nach Abendblatt-Informationen hat Vuskovic zur Überraschung vieler aber gar nicht vor, in die lukrative Premier League zu wechseln. Das Interesse der drei Bundesligaclubs, von denen einer in der kommenden Saison sogar europäisch spielt, soll den 20-Jährige und sein direktes Umfeld allerdings durchaus interessieren. Denn Vuskovic‘ Karriereplan sah ohnehin immer vor, bereits ab diesem Sommer in der Ersten Liga zu spielen – und zwar am liebsten mit dem HSV. Dieses Ziel verpasste der U-21-Nationalspieler, der auch im erweiterten Kader der A-Nationalmannschaft zu finden ist, durch die Niederlage in der Relegation gegen Hertha BSC allerdings denkbar knapp.

Als das Abendblatt Vuskovic nun vor wenigen Tagen im Österreich-Trainingslager im Interview fragte, ob es trotz der verlorenen Relegation gegen Berlin sicher sei, dass er auch in der kommenden Saison für die Hamburger spielen werde, antwortete er: „Darauf liegt mein voller Fokus. Ich habe bis 2025 unterschrieben, weil ich mich hier sehr wohlfühle. Ich will unbedingt mit dem HSV aufsteigen.“

HSV: Geht Vuskovic wegen Mutzel-Degradierung?

Eine ehrliche, höfliche, aber auch eine professionelle Antwort. Im direkten Umfeld des Kroaten, der aus einer großen Fußballerfamilie stammt, sieht man die Sachlage dagegen ein wenig kritischer, allerdings nicht weniger professionell. Dass Vuskovic sich in Hamburg wohlfühlt, sei gut, aber die Gefahr einer Stagnation seiner Leistung in der Zweiten Liga sei nicht von der Hand zu weisen.

Hinzu komme nun ein Thema, das bis vor ein paar Wochen noch gar kein Thema war: der Streit unter den HSV-Verantwortlichen. Die fast schon chaotische Gemengelage in der Führungsetage habe man durchaus mit Sorge zur Kenntnis genommen: Einerseits die schweren Vorwürfe gegen HSV-Vorstand Thomas Wüstefeld, die dieser bestreitet. Andererseits die öffentliche und heftige Degradierung von Sportdirektor Michael Mutzel durch Sportvorstand Jonas Boldt. Zur Erklärung: Vuskovic und sein komplettes Umfeld pflegen seit seinem Wechsel nach Hamburg ein enges Vertrauensverhältnis zu Mutzel.

Immerhin: Der HSV hat bei dem Toptalent, das noch immer auf eine WM-Teilnahme hofft, eine sehr gute Verhandlungsposition. Erst im März haben Boldt und Mutzel vorzeitig die Kaufoption in Höhe von rund drei Millionen Euro gezogen und den Rechtsfuß – ohne Ausstiegsklausel – bis 2025 an den HSV gebunden. Die ursprüngliche Idee der Verantwortlichen: In der kommenden Saison war (und ist noch immer) Vuskovic fest eingeplant – im nächsten oder übernächsten Sommer würde man sich bei entsprechenden Angeboten dann mit einem Transfer beschäftigen. Diese Idee könnte durch die neuen Rahmenbedingungen nun bereits für diesen Sommer vorgezogen werden.

Branche ist irritiert über HSV-Umgang mit Mutzel

Vuskovic und sein Umfeld sind allerdings nicht die einzigen beim HSV, die von dem Führungsstreit der HSV-Spitze irritiert sind. Besonders in der Beraterszene sorgt die Konstellation mit Mutzel als kaltgestelltem Sportdirektor, der aber noch die laufende Transferphase abarbeiten soll, für Kopfschütteln. Und auch innerhalb der Kabine war man nach Abendblatt-Informationen über die krassen Aussagen Boldts zumindest stark überrascht.

Von all diesen Nebenkriegsschauplätzen war beim HSV am Sonntag nichts zu spüren. Hunderte Familien waren bei der Kids-Club-Sommerparty in den Volkspark geströmt, freuten sich über einen Kinder-Parcours, Dino Herrmann, eine Kids-Pressekonferenz – und über Vuskovic’ Trainingstor des Monats. Statt einer ARD-Medaille gibt es immerhin zwei trainingsfreie Tage, die sich der Abwehrmann nicht nur wegen seines Tores, sondern auch nach dem erfolgreichem Trainingslager in Österreich und der erschwerten Rückreise redlich verdient hatte.

Denn nachdem der Eurowings-Linienflug aus Wien kurzfristig abgesagt wurde, mussten Vuskovic und seine Kollegen mit der Chartermaschine 8W361 aus Graz den Heimflug antreten. Am Sonnabend um 14.36 Uhr landeten Vuskovic und Co. Erste Erkenntnis: Auch in Hamburg war es – extremly hot.