Hamburg. Der HSV-Aufsichtsrat hat Vorstand Boldt das Budget für Transfers abgesegnet. Doch wer zahlt die Rechnung? Das sieht der Plan vor.
- HSV erhöht den Etat für die Profis und stellt Vorstand Boldt fünf Millionen Euro für Transfers zur Verfügung
- Doch wer soll das alles bezahlen? Eine Spur führt mal wieder zu Investor Klaus-Michael Kühne
- Der HSV muss dringend an seiner Kommunikation arbeiten. Bestes Beispiel: Der Streit zwischen Boldt und Wüstefeld
Am Dienstag gab es Gesprächsbedarf auf der Geschäftsstelle des HSV. Mal wieder. Der eine Vorstand, Thomas Wüstefeld, wollte mit dem anderen Vorstand, Jonas Boldt, ein paar Worte wechseln. Hintergrund waren die Aussagen, die Sportvorstand Boldt am vergangenen Freitag in einer Medienrunde getätigt hatte und die für reichlich Aufsehen sorgten. Dabei hatte Boldt bekannt gegeben, dass Sportdirektor Michael Mutzel beim HSV künftig keine Rolle mehr in der Kabine spielen werde und auch keinen Kontakt zur Mannschaft oder zum Trainerteam haben soll.
Stattdessen soll sich Mutzel nur noch ausschließlich um die Transfers für den Profikader kümmern. Boldts Begründung: ein Bruch des Vertrauensverhältnisses. „Als wir uns alle, vom Zeugwart bis zum Cheftrainer, auf einen Weg eingeschworen haben, ist einer nicht mehr da gewesen“, sagte Boldt über Mutzel in der Retroperspektive des Saisonfinales nach dem Spiel bei Holstein Kiel und sprach dem 42-Jährigen Führungsqualitäten rund um eine Mannschaft ab.
HSV: Fünf Millionen Euro für Transfers
Bei Wüstefeld, dem ein gutes Verhältnis zu Mutzel nachgesagt wird, hat diese beispiellose Kritik offenbar für große Verwunderung gesorgt. Vielmehr aber soll sich Wüstefeld darüber geärgert haben, dass Boldt bei der Frage nach weiteren Transfers auf den noch fehlenden Budgetplan verwiesen hatte. „Es sind Dinge, die kurzfristig passieren können, wenn wir auch Botschaften bekommen, wie wir weiter arbeiten können und was wir umsetzen können“, hatte Boldt gesagt.
Eine Aussage, die man auch als Seitenhieb gegen Wüstefeld verstehen könnte. Schließlich ist der 53-Jährige in seiner Funktion auch für das finanzielle Budget zuständig. Doch anders als von Boldt beschrieben, soll der Verantwortliche für den Sport sehr wohl schon konkrete Zahlen für die Sommertransfers erhalten haben. Die „Mopo“ berichtete am Dienstag von zehn Millionen Euro, die der HSV investieren könne. Nach Abendblatt-Informationen liegt die vom Aufsichtsrat abgesegnete Summe bei aktuell fünf Millionen Euro – inklusive Beraterzahlungen. Nach den Transfers von Torhüter Matheo Raab (23) und Flügelstürmer Filip Bilbija (22) kann der Club also auch kurzfristig weitere Neuzugänge verpflichten.
Kühne will erneut in HSV investieren
Einen Transferüberschuss muss der HSV anders als in den vergangenen drei Jahren nicht erwirtschaften. Zudem soll der Etat für den Profikader trotz des vierten verpassten Aufstiegs von zuletzt rund 20 Millionen Euro noch einmal angehoben werden. Ein Vorhaben, das überrascht. Schließlich sinken die Einnahmen aus der TV-Vermarktung im fünften Zweitligajahr weiter. Zudem muss der HSV die für den Winter geplante Stadionsanierung bezahlen. Viele interne Sparmaßnahmen wurden eingeleitet. Einigen Mitarbeitern wurde die alleinige Nutzung ihrer Dienstwagen verwehrt. Wie also will der HSV das alles bezahlen?
Eine Spur führt zu Klaus-Michael Kühne. Der Anteilseigner scheint wieder Begeisterung gefunden zu haben für den HSV. Nachdem der 85-Jährige Ende März bereits das Namensrecht am Volksparkstadion kaufte und dem Club dafür drei Millionen Euro zahlte, will er nun auch wieder für die Verstärkung der Mannschaft zur Verfügung stehen. „In der jetzigen Situation müssen alle Kräfte darauf konzentriert werden, eine schlagkräftige HSV-Mannschaft aufzubauen, wofür ich in begrenztem Umfang Mittel zur Verfügung stelle“, sagte Kühne vor wenigen Tagen der „Bild“, als es um die Sanierung des Volksparkstadions für die Europameisterschaft 2024 ging.
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Welche finanzielle Größenordnung Kühne meint, wer ihn überzeugen konnte und warum er sich für ein erneutes Engagement entschieden hat, wollte der Logistik-Unternehmer am Dienstag auf Abendblatt-Nachfrage nicht sagen. Klar scheint aber, dass die ambitionierten wirtschaftlichen Pläne des HSV ohne externe Geldgeber kaum umzusetzen sind. Zumindest kann der Club in der kommenden Saison wieder mit mehr Zuschauereinnahmen planen. Zudem steht weiterhin ein Verkauf von Außenverteidiger Josha Vagnoman im Raum.
Der U-21-Nationalspieler, der am Dienstagabend beim abschließenden EM-Qualifikationsspiel in Polen erneut in der deutschen Startelf stand, will in der kommenden Saison in der Bundesliga spielen. Für sieben Millionen Euro Ablöse würde der HSV den 21-Jährigen ziehen lassen. Schon im vergangenen Sommer liebäugelte Vagnoman mit einem Wechsel, verletzte sich dann aber kurz vor Transferende schwer am Oberschenkel. „Vielleicht will er es dieses Jahr noch ein bisschen mehr“, sagt Sportvorstand Boldt. „Was die Vereine bereit sind zu bezahlen, kann ich nicht beantworten. Dass er für Aufmerksamkeit gesorgt hat, ist mir nicht verborgen geblieben.“
HSV überdenkt interne Besetzung
Der HSV muss aber vorerst klären, wer die Verhandlungen führt. Bislang kümmerte sich Mutzel um die Kommunikation mit den Beratern. Ob er das auch künftig so macht oder ob Chefscout Claus Costa perspektivisch den Job übernimmt, wird sich nun zeigen. „Die Frage ist berechtigt, ob dieses Konstrukt so funktionieren kann“, sagte Boldt. „Ich weiß aber, dass der Kontakt zwischen Michael und Claus sehr gut funktioniert, dass Michael viele Dinge vorangetrieben hat. Wenn er der Thematik nicht nachkommen kann, müssen wir noch einmal nachjustieren, aber die Chance hat er sich verdient.“
Auch Boldt und Wüstefeld müssen in den kommenden Wochen ihre Zusammenarbeit und vor allem auch ihre gemeinsame Kommunikation nachjustieren. Grundsätzlich will der Aufsichtsrat mit beiden Vorständen verlängern. Ende des Monats sollen die beiden auf der nächsten Aufsichtsratssitzung ihre konkreten Pläne präsentieren. Bis dahin gibt es vor allem eines: Gesprächsbedarf.