Hamburg. Mit den 23,5 Millionen der Stadt sollte der HSV sein Stadion sanieren. Doch das Geld ist nicht mehr da. Nun rückt die Uefa in den Fokus.

Am Dienstag war die Welt rund um das Volksparkstadion noch in Ordnung. „Fünfmal Hamburg bei der EURO 2024“, twitterte der HSV und freute sich über vier Gruppenspiele sowie ein Viertelfinale bei der nächsten Europameisterschaft.

„Wir freuen uns sehr, dass der Standort Hamburg bei der Europameisterschaft eine bedeutende Rolle einnehmen wird und wir im Volksparkstadion internationale Topspiele mit außergewöhnlicher Stimmung sehen werden“, ließ sich HSV-Vorstand Thomas Wüstefeld in einem offiziellen Kommuniqué zitieren.

Drei Tage später ist allerdings längst nicht klar, wie die Sanierung der Arena, eine Grundvoraussetzung für die Austragung der Partien, überhaupt finanziert werden soll.

HSV: Wo sind die 23,5 Millionen der Stadt?

Zur Erinnerung: Im September 2020 hatte der Hamburger Zweitligist das Grundstück, auf dem das Volksparkstadion steht, für 23,5 Millionen Euro an die Stadt verkauft und sich im Rahmen des Erbbaurechts zu einer jährlichen Zinszahlung von 423.000 Euro bis zum Jahr 2087 verpflichtet. Am Ende wird der HSV mehr als 28 Millionen Euro an die Hansestadt zurückzahlen.

Doch das Geld, das für die EM-relevante Sanierung des Volksparkstadions vorgesehen war, ist zum Großteil bereits ausgegeben. Wie die „Bild“ berichtet, ist der Betrag inzwischen um rund zwei Drittel auf nur noch 8 Millionen Euro geschrumpft. „Das kommt überraschend – Neues Millionen-Loch beim HSV“, titelt die Boulevardzeitung in ihrer Freitagsausgabe.

Ganz so überraschend ist diese Nachricht allerdings gar nicht. Denn der HSV hatte von Anfang an vor, das Geld der Stadt für laufende Kosten zu nutzen – und das sogar auf ganz legalem Weg. Wie das Abendblatt vor gut elf Monaten aufdeckte, müssen die 23,5 Millionen Euro nicht zweckgebunden für die Sanierung des Volksparkstadions eingesetzt werden. Das geht aus dem Kaufvertrag zwischen der Stadt und dem HSV hervor. Statt die eigene Arena hat sich der HSV in der Corona-Krise, als Zuschauereinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe fehlten, selbst saniert.

Harte Kritik am HSV und der Stadt Hamburg

Ein Vorgang, der nun erwartungsgemäß auf Kritik stößt. „Diese Entwicklung haben wir leider befürchtet“, sagt Petra Ackmann, Vorsitzende vom Bund der Steuerzahler Hamburg, dem Abendblatt. „Dass das Geld jetzt nicht mehr vorhanden ist, ist ein Schlag ins Gesicht für den Steuerzahler, der davon ausgeht, dass die Steuergelder zweckgemäß eingesetzt werden. Finanziert werden sollte die Sanierung des Volksparkstadions und nicht der laufende Geschäftsbetrieb des HSV.“

Doch genau das Gegenteil war der Fall. Weil die Stadt versäumt hat, für einen entscheidenden Passus im Vertrag zu sorgen, der festgeschrieben hätte, dass der Club die Einnahmen für den Grundstücksverkauf nicht anderweitig hätte einsetzen dürfen? „Wir fragen uns nach wie vor, warum in den Vertrag zwischen der Stadt und dem HSV keine Zweckgebundenheit vereinbart worden ist, freuen uns jetzt aber, dass der HSV bei einem erneuten Versuch, sich Geld von der Stadt zu besorgen, abgeblitzt ist“, sagt Ackmann, die sich darauf bezieht, dass HSV-Vorstand Thomas Wüstefeld beim Hamburger Senat vorstellig war, um nach einer erneuten Finanzspritze zu fragen – allerdings ohne Erfolg.

„Geld für die Finanzierung der Sanierung des Volksparkstadions zu besorgen, ist jetzt Aufgabe des HSV und nicht wieder des Steuerzahlers“, fordert Ackermann.

Was passiert, wenn der HSV das Volksparkstadion nicht saniert?

Doch was passiert, wenn die hierfür erforderlichen 20 bis 30 Millionen Euro nicht aufgetrieben werden können? Ein – Stand jetzt – eher unwahrscheinliches Szenario. Der HSV hat sich gegenüber der Europä­ischen Fußball-Union (Uefa) verpflichtet, die Sanierungsanforderung des Verbands für die EM 2024 zu erfüllen. Mit der Stadt gibt es die schriftlich fixierte Vereinbarung, den Vertrag mit der Uefa zu erfüllen.

Und wenn das Volksparkstadion trotzdem nicht saniert wird? Dann würde eine satte Vertragsstrafe von 2,35 Millionen Euro an die Stadt fällig. Doch so weit soll es natürlich nicht kommen. Der HSV geht weiterhin davon aus, die Arbeiten an der Arena zu vollziehen. Für das nötige Kleingeld müssen möglicherweise die Banken in Form von Krediten sorgen. Ein kostspieliges Unterfangen angesichts der seit Jahresbeginn immens gestiegenen Zinsen.

Im Nachhinein betrachtet wäre es für den HSV wohl günstiger gewesen, sich während der Corona-Zeit einen Kredit zu nehmen, um jetzt über ausreichend Kapital für die Stadionsanierung zu verfügen. Dann wäre es auch nicht zu einer moralischen Debatte gekommen.