Düsseldorf. Beim glücklichen 1:1 bei der Fortuna zeigt sich der HSV in einem schlechten Zustand. Was jetzt noch Hoffnung macht.
Die Gesichtszüge von Miro Muheim verformten sich am Sonntag mehrfach zu einem Lächeln. Der Schweizer stand am Trainingsplatz des HSV im Volkspark und erklärte, warum er einen neuen Vertrag bis zum Jahr 2025 unterschrieben hat. Zuvor hatte der Club verkündet, dass er die Kaufoption zieht und den Linksverteidiger für rund 1,5 Millionen Euro vorzeitig vom FC St. Gallen verpflichtet. „Wir haben eine geile Mannschaft, ein cooles Team. Ich habe mich hier sehr gut eingelebt und spüre das Vertrauen. Ich freue mich einfach.“
Während Muheim zufrieden grinste und auch erleichtert war, dass sich seine am Sonnabend beim 1:1 (0:0) bei Fortuna Düsseldorf erlittene Oberschenkelverletzung offenbar nur als Zerrung herausstellte, war seinen Mitspielern und den HSV-Verantwortlichen wenig nach Lachen zumute. Trainer Tim Walter und Sportdirektor Michael Mutzel steckten während des Spielersatztrainings minutenlang die Köpfe zusammen und analysierten abseits des Geschehens die aktuelle Situation. Erstmals in dieser Saison hat der HSV in vier aufeinanderfolgenden Spielen nur zwei Punkte geholt.
HSV in schlechten Zustand
Im Aufstiegskampf haben die Hamburger nun bereits neun Punkte Rückstand auf die ersten zwei Plätze, wenngleich die Walter-Elf ein Spiel weniger absolviert hat. Viel alarmierender war aber, in welchem Zustand sich der HSV am Sonnabend in Düsseldorf präsentiert hatte. Bei der noch immer abstiegsbedrohten Fortuna zeigte die Mannschaft eine ganz schwache Leistung.
Stürmer Robert Glatzel, der mit seinem Kopfballtor in der dritten Minute der Nachspielzeit einen mehr als schmeichelhaften Punkt rettete, sprach hinterher Klartext. „Das 1:1 ist mehr als glücklich und das einzig Positive an diesem Spiel. Die erste war die schlechteste Halbzeit der Saison. Heute hat vieles gefehlt“, sagte Glatzel.
Thioune guckt den HSV aus
Vor allem in der vom Torjäger angesprochenen ersten Hälfte hatte der HSV den Düsseldorfern nichts entgegenzusetzen. Während die Fortuna, angetrieben von Ex-HSV-Profi Khaled Narey, richtig Druck machte und sich viele Chancen herausspielte, lief bei den Hamburgern nichts zusammen. Zweimal rettete der Pfosten nach Schüssen von Edgar Prib (14.) und Emmanuel Iyoha (45.).
Der ehemalige HSV-Trainer Daniel Thioune hatte sich genau ausgeguckt, wo seine ehemalige Mannschaft verwundbar ist. Die Fortuna setzte den HSV im Spielaufbau früh unter Druck, gewann die wichtigen Zweikämpfe und wirkte viel frischer, obwohl genau wie beim HSV vier Spieler in der Startelf standen, die zuvor eine Woche wegen Corona-Infektionen das Haus nicht verlassen durften.
„Wir waren nicht aggressiv genug, zu wenig in den Zweikämpfen. Uns hat der Spielwitz gefehlt, wir haben wenig Chancen kreiert“, sagte Muheim am Sonntag. Ähnlich äußerte sich auch Walter. „Wir haben kein gutes Spiel gemacht. Wir waren sehr behäbig, hatten wenig Energie in unserem Spiel.“ Nach dem Tor des gerade erst eingewechselten Adam Bodzek (85.), als der HSV bei einem Eckball wieder nicht entscheidend attackierte, sah Düsseldorf wie der sichere Sieger aus. Mit der letzten Aktion des Spiels glich Glatzel aus (90.+3).
Die HSV-Einzelkritik:
HSV-Aufstieg nur über Platz drei?
Für die Hamburger war es im 26. Spiel das zwölfte Unentschieden. So viele Remis hat in der vergangenen Saison keine Mannschaft in 34 Spielen geschafft. Der HSV bleibt zwar weiterhin schwer zu schlagen. 42 Punkte sind zu diesem Zeitpunkt aber auch die schwächste Bilanz in der bisherigen Zweitligahistorie. Vor einem Jahr unter Thioune waren es zum gleichen Zeitpunkt 49 Punkte, 2020 unter Dieter Hecking 45 und 2019 unter Hannes Wolf sogar 50. Das Ende war bei allen gleich: Platz vier.
Dass es in dieser Saison besser laufen könnte, ist angesichts der jüngsten Ergebnisse und der Entwicklung seit drei Wochen schwer vorstellbar. Werder Bremen und der FC St. Pauli scheinen an der Spitze zu enteilen. Platz drei ist aber nach wie vor in Reichweite, insbesondere dann, wenn der HSV sein Nachholspiel gegen Erzgebirge Aue gewinnt.
Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. Heidenheim 34 / 67:36 / 67
2. Darmstadt 98 34 / 50:33 / 67
3. HSV 34 / 70:45 / 66
4. Düsseldorf 34 / 60:43 / 58
5. FC St. Pauli 34 / 55:39 / 58
Aufstieg? Was dem HSV Hoffnung macht
Für die Hamburger spricht in dieser Saison, dass sie in der Lage sind, Spiele spät zu entscheiden. Während die Mannschaften der vergangenen zwei Jahre vor allem in der Schlussphase viele Punkte liegen ließen, macht das aktuelle Team zumindest in diesem Punkt Hoffnung. „Der HSV ist nie tot. Sie haben über viele Monate jetzt schon gezeigt, dass sie widerstandsfähig sind und zurückkommen“, sagte auch Thioune.
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Kann dessen Nachfolger Walter im Aufstiegsrennen noch einmal zurückkommen? „Wir geben nie auf und werden das auch weiterhin nicht tun“, sagt Walter. Zugutehalten muss man, dass der HSV in dieser Saison noch nicht viele Auftritte dieser Art hingelegt hat. Um wieder Spiele zu gewinnen, muss Walters Team aber wieder deutlich besser spielen. „Wir können es noch schaffen, wenn wir eine Leistungssteigerung hinbekommen“, sagte Glatzel. Aber auch er weiß: „So wie heute auf keinen Fall.“