Aue. 2:0 und 3:1 führte der HSV bei Erzgebirge Aue schon, doch am Ende reichte es für das Team von Daniel Thioune nur zu einem 3:3-Remis.

Es war mal wieder eines dieser Spiele, die in ihrer Dramaturgie und ihrer Häufigkeit im deutschen Fußball wohl nur der HSV vollbringt. Innerhalb von 90 Minuten schafften es die Hamburger, auf einem holprigen Platz ein weißes Ballett auf den Rasen zu zaubern, um dann innerhalb weniger Minuten wieder (fast) alles aus der Hand zu geben. Das 3:3 (3:1) am Freitagabend beim FC Erzgebirge Aue war mal wieder so ein Spiel. Der Tabellenführer der Zweiten Liga erlebte im Erzgebirgsstadion wie schon so oft in dieser Saison ein Wechselbad der Gefühle.

Nach einer Halbzeit, die man kaum besser spielen kann, musste der HSV am Ende froh sein, noch einen Punkt über die Zeit gerettet zu haben. Simon Terodde (2) und David Kinsombi hatten die Hamburger zunächst auf die sichere Siegerstraße geschossen, am Ende durfte sich Trainer Daniel Thioune zumindest noch über einen Punktgewinn freuen.

HSV: Thioune begründet Einsatz von Jung

Thioune überraschte vor dem Spiel mit der Nominierung von Gideon Jung als Ersatz für den verletzten Toni Leistner. Erstmals seit dem fünften Spieltag (3:1 gegen Würzburg) durfte Jung wieder von Beginn an ran. Der 26-Jährige verteidigte an der Seite von Stephan Ambrosius im Abwehrzentrum. Amadou Onana blieb zunächst erneut auf der Bank.

„Gideon hat sich das verdient, er trainiert seit Wochen und Monaten gut. Wir haben uns entschieden, die Position eins zu eins zu ersetzen und nicht zwei Wechsel vorzunehmen“, erklärte Thioune. Die Entscheidung des Trainers sollte zumindest eine Halbzeit lang aufgehen. Jung wirkte vom Anpfiff weg hellwach und aufmerksam, übernahm die Rolle des Abwehrchefs und trieb sein Team an.

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HSV-Führung Terodde riskiert einen Torraub

Vor allem in den ersten 25 Minuten spielten die Hamburger wie aus einem Guss. Fast jeder Angriff endete in einer herausgespielten Torchance. Die erste davon verwertete Terodde, der eine Kombination über Tim Leibold und Bakery Jatta abschloss. Ein riskanter Torraub, da Terodde in abseitsverdächtiger Position den Ball von Jatta abstaubte, der auch so den Weg ins Tor gefunden hätte (14.).

Noch eine Nummer schöner war das 2:0 durch Kinsombi. Eine Kombinationskette über mehrere Stationen veredelte der Mittelfeldmann zu seinem vierten Saisontor (22.). Sonny Kittel sammelte mit der Vorlage seinen achten Scorerpunkt im Jahr 2021. Und der neunte sollte nur acht Minuten später folgen. Clemens Fandrich holte den Hamburger im Strafraum von den Beinen, Terodde traf per Strafstoß zu seinem 19. Saisontor (30.). Schon der siebte Doppelpack des Mittelstürmers.

HSV-Check – die Analyse des 3:3 in Aue im Video:

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Aue-Boss lobt HSV: "Wie ein Aufsteiger"

Zwischenzeitlich hatte Aue verkürzt, weil sich der HSV in einem Moment des Hochgefühls nach einer eigenen Ecke auskontern ließ und Jan Hochscheidt mit Aues erster Chance auf 1:2 stellte (26.). Die Hamburger ließen trotz des kleinen Rückschlags eigentlich keinen Zweifel aufkommen, dass sie dieses Spiel noch aus der Hand geben könnten. 75 Prozent Ballbesitz im ersten Durchgang belegten die Dominanz des Tabellenführers. „Der HSV hat gespielt wie ein Aufsteiger“, sagte Aues Präsident Helge Leonhardt bei Sky anerkennend.

Einziger Wermutstropfen der vermutlich besten HSV-Halbzeit der Saison: Jeremy Dudziak verletzte sich am linken Oberschenkel und humpelte mit einer Muskelverletzung vom Platz. Nach Leistner (Muskelbündelriss) droht der nächste Leistungsträger auszufallen. Für Dudziak kam Aaron Hunt (42.).

HSV verpasst Vorentscheidung durch Hunt

Dass der HSV am Ende trotzdem nur mit einem Punkt in den Bus zurück nach Hamburg stieg, hatte auch mit Hunt zu tun. Kurz nach der Halbzeit hatte der 34-Jährige die große Chance zum 4:1 auf seinem starken linken Fuß, scheiterte aber am rechten Pfosten (49.). Fast im Gegenzug kam Aue wieder ran.

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Jatta verlor den Ball, und bei der Mannschaft von Trainer Dirk Schuster ging es schnell. Hochscheidt in den Lauf von Fandrich – 2:3 (50.). Aue spürte plötzlich wieder, dass hier doch noch etwas zu holen war. Und beim HSV war zu spüren, dass er wieder etwas zu verlieren hatte.

Und so kam es auch. Nach einer Ecke konnte Torhüter Sven Ulreich noch gegen Gaetan Bussmann parieren, beim Nachschuss von Florian Krüger war er dann chancenlos (61.). Eigentlich unglaublich: Dem HSV drohte das Spiel wie schon in der Hinrunde in Heidenheim komplett zu entgleiten.

Terodde und Thioune teilen Enttäuschung

Doch Aue nutzte die Chancen nicht mehr. Bei Thiounes Team ging nach vorne gar nichts mehr, und so durften am Ende die meisten Hamburger sogar erleichtert gewesen sein, dass es im Gegensatz zum Heidenheim-Spiel noch zu einem Punkt reichte.

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„Die erste Halbzeit war richtig gut von uns, die zweite Halbzeit war allerdings schlecht", resümierte der starke Torjäger Terodde. „Wir können das 4:1 machen, dann ist das Spiel entschieden. Doch stattdessen kriegen wir das 3:2. Es ist sehr enttäuschend für uns, insbesondere nach dieser starken ersten Halbzeit."

HSV-Aufstieg am 1107. Tag in Liga zwei?

Sein Trainer Thioune teilte diese Enttäuschung. „Die Punkteteilung tut heute ein bisschen mehr weh. Wir haben den Gegner dominiert und verdientermaßen viele Tore erzielt", sagte der Coach. In dieser Phase habe es ihm „großen Spaß gemacht", von außen zuzugucken. Doch dann folgte eine „unglückliche" zweite Halbzeit, wegen der sich das Unentschieden wie „zwei verlorene Punkte" anfühlten.

Trainer Daniel Thioune und der HSV erlebten in Aue eine Achterbahn der Gefühle.
Trainer Daniel Thioune und der HSV erlebten in Aue eine Achterbahn der Gefühle. © Witters

Doch die gute Nachricht zum Schluss: Der HSV bleibt auch nach dem 20. Spieltag Spitzenreiter. Der Club ist zwar seit Freitag 1000 Tage Mitglied der Zweiten Liga, dafür aber nun schon seit zehn Spielen ungeschlagen und nach wie vor auf dem Weg, spätestens am 1107. Tag in die Bundesliga zurückzukehren, wenn am 23. Mai die Zweitligasaison endet.​

Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. Heidenheim 34 / 67:36 / 67
2. Darmstadt 98 34 / 50:33 / 67
3. HSV 34 / 70:45 / 66
4. Düsseldorf 34 / 60:43 / 58
5. FC St. Pauli 34 / 55:39 / 58

Die Statistik:

  • Aue: Männel – Breitkreuz (46. Bussmann), Gnjatic, Gonther, John-Patrick Strauß – Fandrich, Samson – Zolinski (76. Nazarov), Hochscheidt (90.+2 Härtel) – Testroet, Krüger (83. Zulechner). – Trainer: Schuster
  • HSV: Ulreich – Gyamerah, Jung, Ambrosius, Leibold – Heyer (81. Onana) – Kinsombi, Dudziak (42. Hunt) – Jatta (81. Narey), Terodde, Kittel. – Trainer: Thioune
  • Tore: 0:1 Terodde (14.), 0:2 Kinsombi (22.), 1:2 Hochscheidt (26.), 1:3 Terodde (30.), 2:3 Fandrich (50.), 3:3 Krüger (61.)
  • Schiedsrichter: Florian Badstübner (Windsbach)
  • Gelbe Karten: Samson (3) – Ambrosius (4).
  • Torschüsse: 10:7
  • Ecken: 0:6
  • Ballbesitz: 35:65 Prozent