Hamburg. Liste mit neuen Aufsichtsräten vorgelegt. Auch dabei: der Ex-Kontrollchef. Eine Rücktrittswelle droht. Und was wird aus Boldt?

Am Mittwochnachmittag war Fragezeit beim HSV. Cheftrainer Daniel Thioune saß auf dem Podium des Pressekonferenzraums, schaute auf den Monitor und beantwortete die Fragen der ihm zugeschalteten Journalisten. Wie schlimm ist der wochenlange Ausfall von Toni Leistner? Wer ersetzt ihn? Und welches Spiel darf man am Freitag bei Erzgebirge Aue erwarten?

Ganz normale Fragen und ganz normale Antworten in einer ganz normalen HSV-Woche. Am vergangenen Donnerstag war das anders. Da traf sich erstmals nach seinem Zerwürfnis das HSV-Präsidium, um ebenfalls offene Fragen zu klären. Zum einen ging es um die Terminierung der außerordentlichen Mitgliederversammlung, auf der digital über den Misstrauensantrag aller HSV-Gremien gegen Vizepräsident Thomas Schulz abgestimmt werden soll. Ein Termin (voraussichtlich im März) soll morgen oder spätestens am Freitag bekannt gegeben werden. Und zum anderen ging es um die Frage, was genau Schatzmeister Moritz Schaefer eigentlich will.

HSV-Machtkampf: Schulz und Schaefer planen Revolution

Knapp drei Wochen ist es nun bereits her, dass Schaefer bei Facebook ein Statement veröffentlichte, in dem er zum aktuellen Streit innerhalb des Präsidiums Stellung bezog, ohne dabei aber wirklich Stellung zu beziehen. Etwas kryptisch schrieb er lediglich, dass es „eine inhaltliche und personelle Ausrichtung mit Verantwortungsträgern braucht, die uns voranbringen. Solche, die Kompetenzen einbringen, die dem HSV bisher fehlen, deren Ausstrahlung dem HSV Bedeutung gibt und die den HSV durch ihr Netzwerk in Hamburg und darüber hinaus verankern.“

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Die Frage, wen oder was genau er meinte, blieb Schaefer schuldig. Bis zum Donnerstag. Da präsentierte er in der Präsidiumssitzung nach Abendblatt-Informationen eine neue Liste mit fünf Aufsichtsratskandidaten, die eine Antwort auf die Frage nahelegte, was er eigentlich im aktuellen HSV wirklich ändern wolle. Nämlich: alles.

Ex-HSV-Ultra steht auf der Aufsichtsratsliste

So finden sich auf seiner Liste neben Henrik Köncke, dem früheren Vorsänger der Ultras, unter anderem auch die Namen von zwei engen Bernd-Hoffmann-Vertrauten: Ex-Aufsichtsrätin Katrin Sattelmair und Ex-Aufsichtsratschef Max-Arnold Köttgen. Der kolportierte Plan dahinter: Wie das Abendblatt bereits am 12. Januar in der großen Geschichte „Der Putsch“ berichtete, sollen Schaefer und Schulz den Aufsichtsrat, der Ex-Vorstandschef Hoffmann vor einem Jahr entlassen hatte, fast komplett austauschen wollen. Präsident Marcell Jansen, der als Chefkontrolleur in Personalunion maßgeblich für die Beurlaubung Hoffmanns verantwortlich war, ist in seinem eigenen Präsidium derzeit kaltgestellt.

Es ist bereits der zweite Versuch, den unliebsamen Aufsichtsrat auf links zu drehen. Nachdem sich Jansen, Schulz und Schaefer bereits im Dezember nicht auf zwei Aufsichtsratskandidaten, die für die vor knapp einem Jahr zurückgetretenen Schulz und Köttgen nachrücken sollen, einigen konnten, hatten Schulz und Schaefer mit ihrer Mehrheit innerhalb des Präsidiums gleich sechs Kandidaten dem Beirat zur Prüfung vorgelegt. Doch der Plan ging nicht auf, da der Beirat den Braten roch und nur zwei Kandidaten (Banker Hans-Walter Peters und Adidas-Aufsichtsrätin Kathrin Menges) zuließ. Nun also Versuch Nummer zwei.

Gegenspieler im HSV-Machtkampf: Vize Thomas Schulz (l.), Präsident Marcell Jansen (M.) und Schatzmeister Moritz Schaefer.
Gegenspieler im HSV-Machtkampf: Vize Thomas Schulz (l.), Präsident Marcell Jansen (M.) und Schatzmeister Moritz Schaefer. © Witters | Unbekannt

Was Schulz und Schaefer genau wissen: Sollte sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung keine Zweidrittelmehrheit finden, die Schulz‘ Zeit als Vize ein Ende bereitet, und somit ihr Plan tatsächlich aufgehen, würde beim HSV kein Stein mehr auf dem anderen bleiben. Das Aus Jansens wäre genauso logisch wie eine Rücktrittswelle innerhalb der Gremien. Schließlich hatten Beirat, Ehrenrat, Amateurvorstand, Förderer, Senioren und Rechnungsprüfer in einem gemeinsamen Statement erklärt: „Wir halten das Handeln des HSV-Vizepräsidenten Thomas Schulz für nicht länger tragbar. Er hat durch die Art und Weise seiner Amtsausübung das Vertrauen aller Gremien verloren.“

HSV-Vorstand im Machtkampf alarmiert

Doch damit nicht genug: Auch in der Fußball-AG wird das bunte Treiben im HSV e. V. beobachtet. Sollte tatsächlich Ex-Chefkontrolleur Köttgen, der sich vor einem Jahr im Streit zwischen Hoffmann auf der einen und den Vorständen Frank Wettstein und Jonas Boldt auf der anderen Seite eindeutig für Hoffmann ausgesprochen hatte, in verantwortungsvoller Position zurückkehren, könnte das zwei Folgen haben.

  • Nummer eins: das wahrscheinliche Ende von Jonas Boldt und Frank Wettstein innerhalb des Vorstands.
  • Und Nummer zwei: ein bislang nicht für möglich gehaltenes drittes HSV-Engagement Hoffmanns. Allerdings soll es auch noch einen alternativen Clubchefkandidaten geben.

Doch schon Anfang Januar fragte die „Mopo“: „Bastelt Hoffmann an seiner HSV-Rückkehr?“ Besonders das undurchsichtige Vorgehen von Schulz und Schaefer, die 2018 mit dem Ex-HSV-Boss als „Team Hoffmann“ in den Wahlkampf um das neue HSV-Präsidium eingetreten waren, befeuerte in den vergangenen Wochen innerhalb des Clubs diese Gerüchte. Gegenüber dem Abendblatt wollte sich Hoffmann zu all dem konkret nicht äußern, dementierte aber das Szenario energisch, dass er tatsächlich eine dritte Amtszeit als HSV-Chef anstrebe.

Greifen Ex-HSV-Aufsichtsratschef Max-Arnold Köttgen (l.) und Ex-Boss Bernd Hoffmann (M.) nach der Macht, wären die Tage von Jonas Boldt wohl gezählt.
Greifen Ex-HSV-Aufsichtsratschef Max-Arnold Köttgen (l.) und Ex-Boss Bernd Hoffmann (M.) nach der Macht, wären die Tage von Jonas Boldt wohl gezählt. © imago /Oliver Ruhnke | Unbekannt

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„Um das noch einmal klarzustellen: Ich möchte nicht Vorstandsvorsitzender werden. Sondern ich möchte, dass wir am Ende die beste Lösung für den HSV haben“, hatte Hoffmann gesagt. Nicht am Mittwoch, sondern vor drei Jahren, als er zum Präsidenten gewählt wurde – und die naheliegende Frage aufkam, ob er nicht eigentlich eine Rückkehr in den Vorstand anstrebe. Hoffmann verneinte.

Drei Monate später wurde Hoffmann Vorstandsvorsitzender des HSV.

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