Hamburg. Der Innenverteidiger erlitt einen Muskelbündelriss und wird im Aufstiegskampf mehrere Wochen fehlen. Welche Optionen der HSV jetzt hat.
Nur mal eben warten und ölen, wie Toni Leistner es noch am Sonnabend bei Twitter scherzhaft ausdrückte, damit ist es nicht getan: Die selbst ernannte HSV-Maschine braucht, um im Bild zu bleiben, eine Generalüberholung. Der Innenverteidiger erlitt beim 3:1-Sieg gegen den SC Paderborn einen Muskelbündelriss im hinteren linken Oberschenkel. Das ergab eine Untersuchung im UKE Athleticum, wie der HSV am Dienstag bekannt gab.
Damit steht fest, was beim HSV bereits am Wochenende viele befürchtet hatten: Abwehrchef Leistner wird im Kampf um den Bundesliga-Aufstieg mehrere, womöglich entscheidende Wochen fehlen. "Ich hatte mir eine Zerrung gewünscht, leider ist es dann doch etwas schlimmer geworden", sagte Trainer Daniel Thioune. "Ich gehe nicht davon aus, dass wir ihn vor März wiedersehen."
Dennoch hatte der HSV davon abgesehen, am Montag im Schlussverkauf auf dem Transfermarkt noch zuzuschlagen. Sportvorstand Jonas Boldt und Sportdirektor Michael Mutzel sind offenbar überzeugt, den Ausfall mit dem vorhandenen Personal kompensieren zu können. Aber wie?
Leistner wurde beim HSV unverzichtbar
Tatsache ist: Leistner (30) hat sich beim HSV nach einem mehr als holprigen Einstand etabliert. Von den ersten fünf Saisonspielen in der Liga verpasste er viereinhalb durch Sperren, die er sich selbst eingebrockt hat. Das folgende Derby gegen den FC St. Pauli erlebte er nur auf der Bank.
Seitdem aber hat Leistner beim HSV keine Spielminute verpasst – bis zu jener 16. am Sonnabend gegen Paderborn, als er nach einem Sprintduell mit Paderborns Sven Michel vom Platz humpelte. Für ihn rückte Moritz Heyer vom defensiven Mittelfeld zurück in die Innenverteidigung. Den Platz des Allrounders übernahm Amadou Onana.
Es ging gut: Der HSV gewann wie schon die sechs Spiele zuvor, in denen Trainer Thioune seinen Musterschüler Heyer (25) in die Innenverteidigung gestellt hatte.
Bekommt nun Jung eine neue Chance?
Mindestens eine Alternative gäbe es allerdings: Gideon Jung. Der dienstälteste HSV-Profi (seit 2014 im Team) ist wie Heyer vielseitig einsetzbar. Sein Problem: Thioune scheint von ihm nicht restlos überzeugt zu sein. Während Leistners Zwangspause im Oktober hatte Jung noch dreimal in der Startelf gestanden, seitdem reichte es nur noch zu Kurzeinsätzen.
Hätte Jung (26) in der abgelaufenen Transferperiode einen Vereinswechsel angestrebt, der HSV hätte sich wohl nicht quergestellt. Jetzt ist der Tabellenführer womöglich froh, Jung noch auf der Gehaltsliste zu haben. Die Statistik spricht zumindest für den früheren U-21-Europameister. Die zwölf Ligaspiele, in denen er in dieser Saison auf dem Platz stand, hat der HSV allesamt gewonnen.
Ganz anders liest sich die Bilanz von Jonas David (20). Nachdem der Youngster vergangene Saison als Leihspieler mit den Würzburger Kickers den Aufstieg in die 2. Bundesliga feiern durfte, erhielt er zunächst einen neuen Vertrag und von Thioune im DFB-Pokal-Spiel in Dresden von Beginn an das Vertrauen. Das ging bekanntlich schief.
Wenige Tage später folgte Heyer seinem Trainer von Osnabrück zum HSV. Seither kam David auf eine (in Zahlen: 1) Spielminute bei den Profis. Es wäre zumindest überraschend, wenn es jetzt schnell viel mehr würden.
Bliebe noch Rick van Drongelen (22). Der Niederländer war so etwas wie Leistners Vorgänger als HSV-Maschine: Er lief und lief und lief – bis er sich beim Finale der vergangenen Saison gegen Sandhausen das Kreuzband riss. Inzwischen scheint das Comeback nahe. Doch an einen Startelfeinsatz ist noch nicht zu denken.
Entsprechend ist der Satz zu verstehen, mit dem der HSV am Dienstag seine Pressemitteilung zu Leistners Verletzung beschloss: "Der gesamte Club wünscht eine schnelle und gute Genesung!"