Hamburg. Beim Treffen über die Zukunft der Proficlubs waren die Hamburger als einziger Zweitligist dabei. Worum es geht, was G15 bedeutet.

Jonas Boldt konnte das Treffen der „G15“ zufrieden verlassen. Der Sportvorstand des HSV war dabei, als sich im Airport Club am Flughafen Frankfurt 14 Bundesligisten versammelten, um über aktuelle Zukunftsthemen im deutschen Fußball zu diskutieren. Als einziger Zweitligist waren auch die Hamburger zu dem Gipfel geladen, den Bayern Münchens Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge in Absprache mit Borussia Dortmunds Clubchef Hans-Joachim Watzke und Eintracht Frankfurt Marketingvorstand Axel Hellmann kurzfristig initiiert hatte.

Dass Boldt zufrieden sein konnte, lag allerdings mehr an der Tatsache, dass die Wichtigkeit des HSV durch seine Anwesenheit demonstriert wurde. Inhaltlich kam bei dem Treffen offensichtlich wenig rum. Die Ergebnisse, die Rummenigge im Anschluss zum ewigen Streitthema TV-Geld zu vermelden hatte, lauteten: „Wir haben ausdrücklich beschlossen, dass der Kompetenzbereich hier exklusiv beim DFL-Präsidium liegt.“ Und zur Nachfolge des 2022 scheidenden Geschäftsführers der Deutschen Fußball Liga, Christian Seifert, sagte der Bayern-Boss: „Wir haben entschieden, dass wir die Kompetenz beim Aufsichtsrat der DFL sehen.“

G15 treffen sich vor Mitgliederversammlung der DFL

Übersetzt: Die Clubs haben sich am Mittwoch getroffen, um zu besprechen, dass sie die Arbeit der DFL-Gremien respektieren. Fragt sich also: Was sollte das Ganze überhaupt?

Einen Monat vor der DFL-Mitgliederversammlung, bei der es um die Verteilung der Medienerlöse von der Saison 2021 an gehen soll, ist unter den 36 deutschen Proficlubs ein Streit entfacht. In der vergangenen Woche hatte ein Bündnis aus den vier Bundesligisten Stuttgart, Mainz, Bielefeld und Augsburg mit zehn Zweitligisten ein Positionspapier erarbeitet, in dem sie sich für eine Neuverteilung der Fernseheinnahmen starkmachen. Der HSV gehört nicht zu den Unterstützern, ebenso wenig wie der FC St. Pauli, der im August seine eigenen Reformvorschläge veröffentlicht und durch Präsident Oke Göttlich die ungerechte Verteilung der TV-Millionen an die deutschen Proficlubs kritisiert hatte.

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Rummenigge: "Wir haben den Solidarpakt nicht gebrochen!"

Das Treffen der Clubs am Mittwoch, zu dem Stuttgart, Mainz, Bielefeld und Augsburg als Konsequenz ihres Vorstoßes nicht eingeladen wurden, war nun also nichts anders als eine Machtdemons­tration der großen Clubs. Rummenigge machte daher auch keinen Hehl daraus, was er von der Offensive hält. „Ich glaube, wir sind gut beraten, keine Impulspapiere durch die Republik zu schicken“, sagte der 65-Jährige nach der Sitzung. „Den Solidarpakt haben nicht wir gebrochen. Die vier Bundesligisten und die zehn Zweitligisten haben uns den Fehdehandschuh hingeworfen.“

Nachdem die Corona-Pandemie im Frühjahr schnell deutlich gemacht hatte, dass viele Clubs in existenzielle Nöte geraten, wenn schon die Zahlung einer TV-Tranche ausbleibt, hatten sich die wichtigen Entscheidungsträger der DFL und ihrer Clubs in Demut geübt. Wie schnell der Solidargedanke aber kaum noch eine Rolle spielt, sobald es um die neue Verteilung von Millionen geht, zeigte nicht erst das Treffen am Mittwoch.

Verteilung der TV-Gelder zu Lasten der Bundesligavereine?

Am 7. Dezember gilt es einen Schlüssel zu finden, wie die 4,4 Milliarden Euro aus den nationalen Medienerlösen von der Saison 2021/22 an unter den 36 Proficlubs aufgeteilt werden. Zuständig ist dafür das neunköpfige DFL-Präsidium, dem auch St. Paulis Präsident Oke Göttlich angehört. Da auch die weiteren Teilnehmer mehrheitlich von Zweitligisten repräsentiert werden, fürchten die großen Clubs, dass es zu ihren Lasten zu einer Umverteilung kommt, von denen die kleinen Vereine profitieren würden.

Sorgen bereitet den Clubs neben der Krise im Deutschen Fußball-Bund auch die Nachfolge von DFL-Chef Seifert. Der 51-Jährige hatte vor wenigen Wochen sein Amtsende 2022 verkündet. Spekulationen, wer das wichtigste Amt im deutschen Fußball übernehmen könnte, machen bereits die Runde. Über den Nachfolger wird der sechsköpfige Aufsichtsrat der DFL bestimmen. Einer der Räte ist Bernd Hoffmann (57), der im März noch vom Aufsichtsrat des HSV als Vorstandsvorsitzender abberufen wurde. Sein Amt bei der DFL und seinen Einfluss auf die Zukunft des deutschen Fußballs durch die Mitbestimmung der Seifert-Nachfolge durfte Hoffmann allerdings behalten.

Die "Marke" der Vereine soll größeren TV-Anteil bringen

Seifert wird von allen Clubs geschätzt, auch wegen seiner Verhandlungserfolge bei der TV-Vermarktung. Nachdem er über viele Jahre in jeder Rechteperiode die Erlöse steigern konnte, fiel die Versteigerung im Juni coronabedingt erstmals geringer aus. Von der kommenden Saison an stehen den 36 Proficlubs rund 200 Millionen Euro Einnahmen national und 100 Millionen Euro international weniger zu. Dass es deutlich komplizierter ist, eine geringere Summe gerecht zu verteilen, wird dieser Tage deutlich. „Im Hinblick auf die Solidargemeinschaft muss uns angst und bange werden“, sagte der frühere DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig im „Express“ über das Treffen der „G15“.

Verändern dürfte sich der umkämpfte Verteilerschlüssel im Dezember in jedem Fall. Wie das Abendblatt erfuhr, wird die Säule „Marke“ künftig eine größere Bedeutung einnehmen. Und davon würden dann nicht nur der HSV und der FC St. Pauli profitieren, sondern auch der FC Bayern München und der BVB.