Hamburg. Die große HSV-Entdeckung Dudziak über seinen Abgang vom FC St. Pauli, Freundschaften, Fisch und Fleisch sowie seine Jerk-Tanzgruppe.
Frisch geduscht kommt HSV-Profi Jeremy Dudziak (23) zum Termin mit dem Abendblatt. Treffpunkt ist die Gästekabine, weil alle anderen Räumlichkeiten im Volksparkstadion besetzt sind. Dudziak setzt sich hin und zeigt auf den Platz gegenüber: „Dort habe ich beim Derby in der vergangenen Saison gesessen“, sagt er.
Herr Dudziak, täuscht der Eindruck, oder ist die Mannschaft durch den Fall Bakery Jatta tatsächlich enger zusammengerückt?
Jeremy Dudziak Das ist definitiv so. Uns allen war sofort klar, dass wir zu ihm stehen.
Wir würden gerne mit Ihnen über das Thema Freundschaften im Profifußball sprechen. Ist Bakery Jatta ein Freund?
Wir kennen uns jetzt zwei Monate. Baka ist deshalb vielleicht kein enger Freund von mir, aber ein sehr netter Kollege, den ich absolut schätze. In gewisser Art und Weise sind wir als Mannschaft eine Familie. Und wenn ein Familienmitglied unter Beschuss ist, dann hält man zusammen.
Sie haben 25.254 Freunde bei Facebook, wie viele davon sind Ihre echten Freunde?
Wahrscheinlich nicht ganz so viele (lacht). Wenn ich ehrlich bin, dann benutze ich Facebook überhaupt nicht mehr. Ich bin eher bei Instagram. Auch da sind natürlich nicht alle Follower meine Freunde. Aber grundsätzlich würde ich schon sagen, dass ich viele Freunde habe.
Der frühere HSV-Torhüter René Adler hat mal in einem Abendblatt-Interview gesagt, dass er keinen einzigen Freund unter seinen Fußballkollegen habe …
Ich habe viele. Natürlich gibt es auch Kollegen, mit denen ich jetzt nicht jeden Abend um die Häuser ziehen würde. Aber gerade beim HSV habe ich viele gute Freunde, die ich auch schon vor meinem Wechsel hierher hatte: Gideon Jung, Khaled Narey, Jan Gyamerah oder auch David Kinsombi. Die würde ich alle als gute Freunde bezeichnen. Ich vertraue ihnen – und ich würde auch sagen, dass sie mir vertrauen.
Sind Ihre Kumpel auch ein Grund, warum Sie so extrem schnell beim HSV Fuß gefasst haben?
Natürlich geht es schneller, wenn man Leute hat, die man kennt. Wenn man sich wohlfühlt, dann spielt man auch besser Fußball. Und ich fühle mich richtig wohl beim HSV. Auch dank Gideon und den anderen Jungs.
Gideon Jung kennen Sie sogar noch aus Teenagerzeiten, oder?
Genau. Ich bin ja aus Duisburg, er aus Düsseldorf. Wir haben uns dann über drei Ecken kennengelernt – und irgendwann auch auf dem Platz getroffen. Ich war Zehner, er mein Gegenspieler als knallharter Sechser. Er hat mich immer extrem genervt – auf dem Platz. Aber irgendwie haben wir uns neben dem Platz immer super verstanden. Er ist dann von Oberhausen zum HSV und ich aus Dortmund zu St. Pauli gewechselt. Und hier in Hamburg haben wir uns dann oft abends mal getroffen, sind in Ottensen ins Elbfisch oder in der Schanze zu Schabi’s gegangen.
Eher Fisch statt Fleisch?
Nein, das nicht. In Wandsbek gibt es auch ein sehr leckeres afrikanisches Restaurant, wo ich auch schon mit Gideon war. Das Papaye. Dort gibt es richtig gutes Hühnchen mit Reis.
Hatten Sie Gideon Jung in Ihren Wechsel zum HSV eingeweiht, bevor der Transfer offiziell verkündet wurde?
Klar. Er war der Erste, dem ich es erzählt habe. Noch nicht mal meine Mitspieler bei St. Pauli hatte ich zu diesem Zeitpunkt eingeweiht.
Sitzen Sie auch in der Kabine nebeneinander?
Nein. Als Neuzugang kann man sich ja nicht direkt aussuchen, wo man sitzt. Ich habe meinen Platz neben Jonas David und Christoph Moritz. Neben den beiden fühle ich mich auch sehr wohl, wobei ich auf Chris ja leider etwas länger verzichten muss (Moritz wurde gestern operiert und fällt mit einem Schlüsselbeinbruch länger aus, die Red.).
Haben Sie auch Freunde außerhalb der Blase Profifußball?
Klar. Meine beiden besten Freunde haben nichts mit Fußball zu tun. Beide sind aber mit mir aus dem Westen nach Hamburg gezogen. Der eine arbeitet hier jetzt ganz normal, der andere macht ein duales Studium. Die beiden kenne ich, seitdem ich ein Kind bin. Damals hatte ich viele Freunde außerhalb des Fußballs. Als Teenager habe ich mit vielen Kumpels zusammen getanzt.
Getanzt?
Wir haben Jerk gemacht, das ist eine Art Raptanz. Wir hatten da eine Gruppe in Duisburg, die sogar richtig gut war.
Was heißt richtig gut?
In Nordrhein-Westfalen waren wir die Nummer eins. Wir haben uns damals die Teletubbies genannt (lacht). Später waren wir dann die Nephews ent.
Hatten Sie auch schon mal falsche Freunde?
Leider ja. Das kennt ja wahrscheinlich jeder: Man trifft sich, alles ist super. Und dann hört man, dass hinter deinem Rücken schlecht geredet wird. So etwas geht gar nicht. Dann ist es ganz schnell aus mit der Freundschaft.
Pflegen Sie noch Freundschaften zum FC St. Pauli?
Mit Jackson (Christopher Avevor, die Red.) und Philipp Ziereis treffe ich mich noch immer sehr regelmäßig. Wir zocken Playstation, gehen was essen. Jackson habe ich gerade erst vor Kurzem im UKE nach seiner OP besucht.
Waren Ihre St.-Pauli-Freunde enttäuscht über Ihren Wechsel?
Ich wurde erst einmal aus unserer St.-Pauli-WhatsApp-Gruppe rausgeschmissen (lacht). Aber ganz im Ernst: Natürlich haben sie sich auch für mich gefreut. Von Jackson und Ziereis habe ich aber schon ein paar Sprüche bekommen. Umgekehrt hat sich Gideon natürlich mega gefreut.
Mit schwierigen Wechseln kennen Sie sich offenbar aus: Wir haben einen alten Zeitungsausschnitt gefunden, in dem drinstand, dass Sie bereits als 15-Jähriger von Schalke 04 zu Borussia Dortmund gewechselt seien, weil Ihr bester Kumpel damals auch gewechselt ist …
Das ist aber schon lange her. Max Dittgen war das. Der wechselte mit mir von Schalke nach Dortmund. Heute spielt er beim SV Wehen Wiesbaden.
Können Sie mit dem alten „Elf Freunde müsst ihr sein“-Motto noch etwas anfangen?
Der Satz war vor meiner Zeit. Heute nennen wir uns gegenseitig in der Kabine eher Brudis (lacht).