Hamburg. 325 Tage hat der Grieche klein Pflichtspiel mehr bestritten. Nun ist er wieder fit – bliebe aber selbst bei Erfolg ein Problemfall.

Sollte es auch nach dem 2:0-Sieg im Pokal gegen Paderborn noch Zweifel an Kyriakos Papadopoulos’ Gesundheitszustand gegeben haben, wurden diese am Tag danach hoch offiziell beiseite gewischt. 325 Tage hatte der Grieche zuvor kein Pflichtspiel mehr bestritten, ehe er in Paderborn 90 Minuten lang wie in besten Zeiten rannte, dirigierte und vor allem grätschte. „Kyriakos ist gut drauf“, bilanzierte Dimitrios Paradalis, der Papadopoulos am Mittwoch traf und anschließend auch eine medizinische Einschätzung parat hatte: „Sein Knie ist endlich wieder richtig fit.“

Seriöserweise sollte man an dieser Stelle allerdings erwähnen, dass Paradalis kein Arzt im eigentlichen Sinne ist. Er ist Wirt im „Thessaloniki“, Papadopoulos‘ Stammrestaurant in Pinneberg. „Kyriakos ist ja fast jeden Tag hier, mindestens zwei- bis dreimal die Woche“, sagt der Koch, der Papadopoulos, dessen Mutter und die Cousine auch am Tag nach seinem Comebackspiel in Paderborn bekocht hat. „Papa hat sehr gut gespielt. Auch seinetwegen ist der HSV in Paderborn weitergekommen“, sagt Paradalis, der zur Feier des Tages am Mittwoch Rindfleisch, Salat und Gemüse servierte. „Kyriakos ist ein Kämpfer. Und Kämpfer braucht der HSV immer.“

„Papa fühlt sich gut“

Das sieht im Übrigen nicht nur der Restaurantchef so. Sondern auch Papadopoulos selbst. Am Freitagmittag, kurz nach der Vormittagseinheit, steht der Abwehrmann neben dem Trainingsplatz und schreibt Autogramme. Viele Autogramme. „Ich habe Erfahrung, will für meine Mannschaft immer das Beste geben“, sagt der 27 Jahre alte Fußballer, der auch für das Heimspiel gegen Magdeburg die richtige Antwort parat hat: „Ich verspreche, dass wir 1000 Prozent geben.“ Und noch ein echter Papadopoulos: „Wir werden die drei Punkte holen.“

Darauf setzt natürlich auch Trainer Hannes Wolf, der den Trainingsplatz 20 Minuten nach dem Griechen verlässt. Ob er sich vorstellen könne, Papadopoulos trotz seiner langen Zwangspause am Montag gegen Magdeburg direkt erneut von Beginn an zu bringen, wird der Coach gefragt. Wolf grinst. „Papa fühlt sich gut“, sagt er. „Wenn er sich die ganze Woche gut fühlt, dann kann er auch am Montag wieder spielen.“

Dauerpatient Papadopoulos

Spielen. Und gewinnen. Tatsächlich erhoffen sich die HSV-Verantwortlichen, dass ausgerechnet Dauerpatient Papadopoulos, der gerade erst einen schweren Knorpelschaden im Knie überstanden hat, im Endspurt dieser Saison zum entscheidenden Puzzleteil im Kampf um den Aufstieg werden kann. „Kyriakos ist ein Mentalitätsmonster“, lobt Sportvorstand Ralf Becker. „Papa haut sich rein. Er macht unheimlich viel mit seiner Erfahrung und tut der Mannschaft richtig gut. Er ist ein Fels in der Brandung.“

Also Ende gut, alles gut? Nicht ganz. Denn so sehr Papadopoulos dem HSV aktuell auf dem Platz helfen kann, so sehr könnte er abseits des Rasens schon bald für finanzielle Probleme sorgen. Der Grund: Nach dem erhofften Wiederaufstieg würde der frühere Leverkusener wieder sein altes Erstligagehalt kassieren, das – je nach Prämien – zwischen drei und vier Millionen Euro liegen soll.

Transferpoker mit Bayer

Und nicht nur das. Nach Abendblatt-Informationen ist im Sommer zudem die letzte von drei Raten fällig, die der HSV an Bayer zu überweisen hat. Vor zwei Jahren hatten sich die Hamburger und die Leverkusener nach langen Verhandlungen auf eine Ablöse von 6,5 Millionen Euro plus erfolgs- und leistungsabhängige Nachzahlungen geeinigt.

Der Transferpoker mit Bayer zog sich seinerzeit so lange hin, weil man sich auch intern zunächst nicht über die Finanzierung des teuren Griechen einigen konnte. So wurde – wie so oft in Hamburg – Investor Klaus-Michael Kühne um Hilfe gebeten. Und anders als heute hatte der Wahl-Schweizer seinerzeit noch seine Spendierhosen an. Doch genauso wie heute hatte Kühne auch schon damals knallharte Bedingungen.

Kühner Papadopoulos-Plan

Im Fall von Papadopoulos soll Kühne eine Beteiligung an den Kosten lediglich für den Fall zugesagt haben, wenn ihm die damaligen HSV-Verantwortlichen (Vorstandschef Heribert Bruchhagen, Finanzvorstand Frank Wettstein und Sportchef Jens Todt) gleichzeitig weitere Anteile zum Kauf gewähren würden. Intern wurde lange über Kühnes Papadopoulos-Forderungen gestritten, die manch einer als die buchstäbliche Pistole auf der Brust empfand.

Doch am Ende sollte der kühne Papadopoulos-Plan aufgehen: Im April 2017 durfte der Milliardär weitere 323.5000 HSV-Aktien für insgesamt 20 Millionen Euro erwerben, im Juni dann noch einmal 195.312 HSV-Aktien für knapp 12,5 Millionen Euro. Laut Wertpapier-Prospekt hatte Kühne somit im Sommer 2017 20,578 Prozent der AG-Anteile erworben – über die er seitdem auch nicht mehr hinausgekommen ist.

Unglückliches RB-Leipzig-Intermezzo

Im Spätsommer ‘17 waren dann zunächst einmal alle Parteien glücklich: Kühne, weil er seine Anteile aufstocken konnte. Papadopoulos, weil er nach seinem unglücklichen RB-Leipzig-Intermezzo beim HSV endlich wieder Führungsspieler sein konnte. HSV-Trainer Markus Gisdol, weil er seinen absoluten Wunschspieler („Ich will Papadopoulos um jeden Preis“) bekam. Die Verantwortlichen von Bayer Leverkusen, die mehr Geld für den immer wieder am Knie verletzten Dauerpatienten eingenommen hatten als erwartet. Und natürlich auch „Thessaloniki“-Chef Dimitrios Paradalis, der schon bald einen neuen Stammkunden begrüßen durfte.

Die allgemeine Jubelstimmung sollte sich aber schon bald wieder relativieren. Der HSV stieg nur ein Jahr später trotz Papadopoulos (und trotz zahlreicher Mannschaftsabende im „Thessaloniki“) erstmals in der Clubgeschichte ab. Die Zweite Liga könne er sich nur schwer vorstellen, sagte der Innenverteidiger, ehe er sich so schwer am Knie verletzte.

Verspätetes Zweitligadebüt?

Nun, Monate später, könnte Papadopoulos am Montag dann also doch sein verspätetes Zweitligadebüt feiern. Wie heiß er auf einer Skala von null (eiskalt) bis zehn (sehr heiß) auf die Partie gegen Magdeburg sei, wurde der Innenverteidiger am Freitag gefragt. „20“, antwortete Papadopoulos, und lachte. „Es ist einfach ein super Gefühl, wieder auf dem Platz zurück zu sein.“ Und wie es nach einem möglichen Aufstieg weiter gehe, wurde er auch noch gefragt. „Ich fühle mich sehr wohl in Hamburg.“

Darauf setzt auch Dimitrios Paradalis. „Papa will beim HSV bleiben – und er will auch weiter für den HSV kämpfen“, sagt der Koch, der auch nichts dagegen hätte, nach einem Sieg bald mal wieder für die ganze HSV-Mannschaft zu kochen. Eine Einladung, die Papadopoulos natürlich nicht ablehnt. „Wenn wir alle Zeit haben, dann machen wir das.“

In diesem Sinne: Kalí órexi. Guten Appetit.