Hamburg. Hoffenheims Nagelsmann und HSV-Coach Titz wurden von Bernhard Peters ausgebildet. Ein Vergleich vor dem Duell.

Bernhard Peters sitzt auf der Bank neben dem Mannschaftsarzt. Mütze auf dem Kopf. Die Arme verschränkt. Aufmerksam beobachtet der Direktor Sport das Training der HSV-Profis vor dem Spiel an diesem Sonnabend bei 1899 Hoffenheim (15.30 Uhr/Sky und Abendblatt-Liveticker). Wenige Meter vor ihm erklärt Trainer Christian Titz die Übungen an einer Taktiktafel. Peters, der seit 2014 den Nachwuchs des HSV verantwortet, ist wieder ganz nah dran am Geschehen der Bundesligamannschaft. Er gilt als großer Förderer von Titz, den er in den vergangenen drei Jahren von der U17 über die U21 bis zur Beförderung zu den Profis begleitet und ausgebildet hat.

In der Wirsol Rhein-Neckar-Arena von Sinsheim wird Peters das Spiel auf der Tribüne mit besonderen Augen beobachten. Und das liegt nicht nur an Titz, sondern auch am Trainer des Gegners: Julian Nagelsmann. Den jungen Chefcoach der Hoffenheimer hat Peters vor acht Jahren in seiner Funktion als Nachwuchschef der Kraichgauer so betreut, wie er es in den vergangenen drei Jahren mit Titz machte.

Nun treffen die beiden von Peters ausgebildeten Trainer erstmals im direkten Duell aufeinander. Eine spannende Begegnung – insbesondere für deren gemeinsamen Förderer. „Christian und Julian ähneln sich in ihren Ansichten, wie sie Fußball spielen wollen, und in der methodischen Arbeit“, sagt Peters im Gespräch mit dem Abendblatt über die beiden Trainertypen, die auf den ersten Blick ganz unterschiedlich ticken.

Nagelsmann kennt Titz’ Tricks

Auf der einen Seite der 30 Jahre junge Nagelsmann, der gehypte Trainer-Shootingstar, der vor zwei Jahren im Alter von 28 Jahren in der Bundesliga debütierte, auf Anhieb in den Europapokal einzog und zuletzt sogar als kommender Trainer des FC Bayern München gehandelt wurde. Auf der anderen Seite der 47 Jahre alte Titz, der viele Jahre in Amateurligen trainierte und lange warten musste, ehe er nun beim HSV die Chance als Chefcoach im Profifußball erhielt.

HSV-Sportdirektor Peters schwärmt von Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann
HSV-Sportdirektor Peters schwärmt von Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann © WITTERS | Thorsten Wagner

Auf den zweiten Blick verbindet Titz und Nagelsmann vor allem eines: Die Idee, wie sie mit ihren Mannschaften Fußball spielen wollen. „Der Ansatz hat sich mit Christian Titz verändert. Der HSV macht mehr mit dem Ball“, sagt Julian Nagelsmann vor dem direkten Duell. „Hamburg wird mit offenem Visier spielen. Wir werden mit offenem Visier spielen. Es wird ein interessantes Spiel“, kündigt Nagelsmann an.

Entwickelt haben die beiden Trainer ihre Spielidee auch in der Zusammenarbeit mit Peters. HSV-Coach Titz lässt nun mit dem HSV so Fußball spielen, wie er es auch im Nachwuchs tat. „Wir haben zusammen insbesondere an den HSV-Trainingsprinzipien in der Arbeit mit und gegen den Ball gearbeitet“, sagt Peters über seinen Austausch mit Titz, den er vor drei Jahren bei einer Fortbildung erstmals traf und für die U17 des HSV verpflichtete. „Christian war ein gestandener Trainer und eine Persönlichkeit, als wir uns kennengelernt haben“, sagt Peters.

Peters erinnert sich an jugendlichen Nagelsmann

Auch Nagelsmann konnte der 58-Jährige 201o für Hoffenheims B-Jugend gewinnen. Nagelsmann kam von 1860 München. Im Gegensatz zu Titz widmete sich Peters bei ihm verstärkt der Persönlichkeitsentwicklung. „Julian war in seinem Urteil manchmal zu schnell und zu emotional, weil er eben auch noch ein echt jugendlicher „Sprinter“ ist“, sagt Peters, der bis heute einen engen Austausch mit Nagelsmann pflegt. „Es war nicht schwer zu erkennen, dass er ein Ausnahmetalent als Trainer ist. Er hat eine tolle Ausstrahlung, Präsenz, Führungsstärke und einen guten Blick für das Lesen eines Spiels. Es ist einfach toll, wie schnell er sich als Trainerpersönlichkeit entwickelt hat“, sagt Peters.

HSV-Trainer Christian Titz über sein neues Führungstrio

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    Der frühere Hockey-Bundestrainer hat sich seit einiger Zeit der Ausbildung von eigenen Trainern verschrieben. Vor vier Jahren war Peters schon einmal nah dran bei den HSV-Profis, als er den damaligen U-23-Trainer Joe Zinnbauer nach der Beförderung coachte und sogar mit der Kamera in der Kabine begleitete. Mit Zinnbauers Aus schwand auch Peters Einfluss in der Bundesligamannschaft. Nun ist er wieder dichter dran.

    „Bernhard Peters und mich verbindet unter anderem, dass wir viele Dinge im Fußball kritisch hinterfragen und uns immer wieder mit neuen Ideen auseinandersetzen“, sagt Titz dem Abendblatt über seinen Förderer. „Auf dieser Basis tauschen wir uns ständig über unsere Gedanken zum Fußball aus.“

    Peters kritisiert deutsche Trainerausbildung

    Peters bezeichnet das Coaching der Trainer über die DFB-Fußballlehrer-Ausbildung hinaus als „ein entscheidendes Thema“. Es sei „total wichtig, als Trainer die Komplexität der Aufgabe zu erfassen. Die Methodik auf der einen Seite, die Profilierung zur Persönlichkeit auf der anderen“, sagt Peters, der die Trainerausbildung in Deutschland kritisiert. „Sie ist zu stark auf das Handwerk der Fachkompetenzen ausgerichtet. Die Stärkung der Führungsqualitäten eines Trainers kommt zu kurz.“

    Kolumne: Was für und was gegen eine HSV-Rettung spricht

    Wie es beim HSV in der Trainerfrage über diese Saison hinaus weitergeht, ist eine der spannendsten Fragen in der nahen Zukunft des Clubs. Peters wirbt dabei für eine ganzheitliche Betrachtung. „Wir brauchen beim HSV eine Kontinuität in der Gesamtidee, für was wir stehen wollen. Es geht nicht um Namen oder eine One-Man-Show.“ Gleichzeitig macht er keinen Hehl daraus, dass er Titz die Aufgabe zutraut. „Christian bringt alle Fähigkeiten mit, die es bedarf, um als Bundesligatrainer zu arbeiten.“

    Mit einem Sieg in Hoffenheim würde Titz seine Chancen deutlich erhöhen, das Amt über den Sommer hinaus fortzuführen. Und gleichzeitig dafür sorgen, dass Peters weiterhin nah bei den Profis bleibt.

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