Hamburg. Der neue HSV-Trainer trifft am Sonnabend erstmals auf einen Gegner, der den Fußball nicht nur zerstören will. Doch Titz hat einen Plan.

Christian Titz hatte reichlich mitzuteilen. Immer wieder unterbrach der HSV-Trainer die Vormittagseinheit und gab lautstarke Kommandos an seine Spieler. Das Umschaltspiel stand im Fokus. „Tempo!“, forderte er ein ums andere Mal. Titz hat den Schwerpunkt seiner Trainingsarbeit verändert. Denn in Sinsheim trifft der HSV am Sonnabend mit 1899 Hoffenheim (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) erstmals auf einen Gegner, der seine Priorität nicht darin sieht, den Fußball des Gegners zu zerstören, sondern der selber agieren will. „Es ist korrekt, dass wir eine Mannschaft erwarten, die mutig nach vorne spielt und sehr gut mit dem Ball agiert. Ich würde mir aber wünschen, dass wir mehr Kontrolle haben“, sagt Titz, dem es in seinen bisherigen drei Partien als Cheftrainer gelungen ist, dem Team eine neue Spielidee zu vermitteln.

Gegen Hertha (56 Prozent) und in Stuttgart (57) hatte der HSV deutlich mehr Ballbesitz als der Gegner. Beim jüngsten Heimsieg gegen Schalke (3:2) gewährten die Hamburger dem Tabellenzweiten sogar nur 39 Prozent Ballaktionen. Doch bei der spielstarken TSG erwartet den HSV eine andere Partie mit weniger Ballbesitz, aber auch mehr Umschaltsituationen.

HSV-Trainer Christian Titz hat den HSV spielerisch revolutioniert.  Geht sein Plan auch in Hoffenheim auf?
HSV-Trainer Christian Titz hat den HSV spielerisch revolutioniert. Geht sein Plan auch in Hoffenheim auf? © Imago/Michael Schwarz

Titz muss erst noch beweisen, dass er in der Lage ist, auf die Stärken des Gegners zu reagieren und im Falle des möglichen Scheiterns einen Plan B ausgetüftelt zu haben. Ein Vorhaben, an dem sein Vor-Vorgänger und Ex-Hoffenheim-Coach Markus Gisdol gescheitert war. Dessen pressinglastiges Konzept wurde nur so lange gelobt, wie es funktionierte. Doch irgendwann zwischen Saisonstart und Winterpause galt es als abgenutzt, weil die Gegner sich darauf eingestellt hatten.

HSV-Trainer Titz muss sein System verändern

Nun muss auch Titz damit rechnen, dass sich seine Spielweise, die den HSV innerhalb weniger Wochen revolutioniert hat, bis in den Kraichgau herumgesprochen hat. „Hoffenheim ist eine Mannschaft, die ihr eigenes Spiel sehr diszipliniert durchbringt, gleichzeitig aber auch eine hohe Qualität darin hat, auf Maßnahmen des Gegners zu reagieren und umzustellen“, sagt der im 40 Kilometer entfernten Mannheim geborene Kurpfälzer. „Ich erwarte einen sehr, sehr gut vorbereiteten Gegner.“

Kolumne: Was für und was gegen die HSV-Rettung spricht

Auch wenn Titz personell auf die gleiche Startelf wie gegen Schalke setzt – mit der Ausnahme von Gideon Jung, der den gelbgesperrten Innenverteidiger Kyriakos Papadopoulos positionsgetreu ersetzt –, wird er Korrekturen an seiner Taktik in die Wege leiten müssen. „Wir werden die eine oder andere Veränderung in unserem Spiel vornehmen, um auf die Qualitäten des Gegners zu reagieren“, sagt der 47-Jährige, wohl wissend, dass er mit seiner komplett umgekrempelten Mannschaft weiterhin offensiv spielen muss, um sie nicht ihrer Stärken zu berauben. Mit dem nach Sprunggelenksproblemen wieder genesenen Tatsuya Ito, Luca Waldschmidt, Aaron Hunt und Mittelfeld-Strategen Matti Steinmann, den Titz gemeinsam mit Lewis Holtby und Jung als seine Achse auf dem Platz bezeichnet, setzt der HSV-Coach auf Spieler, die kreative Lösungen in der Offensive finden, aber auch ihre Schwächen in der Defensive haben. „Ich hoffe nicht, dass sich unsere Spielart gegen Hoffenheim extrem verändert, weil das bedeuten würde, dass wir unser eigenes Spiel schwieriger durchbekommen“, sagt Titz, der gehörig Respekt vor dem kommenden Gegner hat. „Wir treffen auf eine der stärksten Mannschaften der Liga, die einen Lauf hat.“

Nagelsmann erwartet einen HSV mit offenem Visier

Nach einem schwachen Rückrundenstart ist 1899 inzwischen seit sechs Spielen ungeschlagen. HSV-Abstiegskonkurrent Köln wurde vor zwei Wochen als Tabellen-17. mit 6:0 gedemütigt. Ein ähnliches Schützenfest erwartet TSG-Trainer Julian Nagelsmann gegen den neuen Vorletzten der Liga jedoch nicht. Der 30-Jährige schätzt die Hamburger unter Titz stabiler ein als die Rheinländer. „Der HSV spielt in letzter Zeit sehr aggressiv und mit neuen Ansätzen. Sie müssen am Sonnabend mit offenem Visier spielen. Da wir das auch tun werden, dürfte es eine interessante Partie werden“, sagt Nagelsmann.

Das wünscht sich auch Titz, der sich gegen offensivfreudige Hoffenheimer einige Umschaltmöglichkeiten verspricht. „Ich hoffe, dass wir ein Spiel sehen, bei dem beide Mannschaften versuchen, mit dem Ball einiges zu kreieren“, sagt der HSV-Trainer, der mit einem Sieg für mindestens zwei Tage bis auf zwei Punkte an die erst am Montag gegen Freiburg (20.30 Uhr) antretenden Mainzer aufschließen will. „Wir waren schon abgeschrieben, haben dann den ersten Heimsieg geholt und müssen jetzt gewinnen, um weiter heranzurücken.“

Denn nur bei einem Sieg dürfte der HSV weiterhin von der eigentlich längst nicht mehr für möglich gehaltenen Rettung träumen.

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