Hamburg. Die Verträge von Knöll, Ito und Pfeiffer laufen am Ende der Saison aus. Sportchef Todt soll einen weiteren Fall Köhn verhindern.
Das HSV-Training am Montagmorgen war lange vorbei, als Tatsuya Ito als letzter Fußballer auf dem Platz noch Bälle zusammensammelte. Nesthäkchen-Alltag. Es dauerte eine ganze Weile, ehe der Japaner auch die entferntesten Bälle beisammenhatte, sich wie ein etwas zu klein geratener Weihnachtsmann ohne Rauschebart das Ballnetz über den Rücken warf und mit seinem Sack und Pack in die Kabine stapfte. Ho, ho, ho.
Ja ist denn heut schon Weihnachten? Beim HSV hofft man jedenfalls, dass der hochtalentierte Mittelfeldzwerg, der gerade erst gegen Werder Bremen sein viel beachtetes Bundesligadebüt feierte, dem Club schon bald ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk macht. „Wir sind in intensiven Vertragsgesprächen“, sagt Sportchef Jens Todt, der unter Hochdruck daran arbeitet, den im Sommer auslaufenden Vertrag des 20-Jährigen zeitnah zu verlängern. Und tatsächlich stehen die Chancen für den HSV gut. „Tatsuya will sehr gerne in Hamburg bleiben. Wir sind in den Verhandlungen auf der Zielgeraden“, bestätigt Itos italienischer Berater Maurizio Morana dem Abendblatt. „Für uns ist es entscheidend, dass der HSV eine konkrete Idee hat, was der Club mit Ito vorhat. Es geht um das Projekt“, sagt Morana, der innerhalb der kommenden zehn Tage nach Hamburg kommen will. „Wenn alles stimmt, dann spricht nichts dagegen, beim HSV zu bleiben. Warum also nicht verlängern?“
Pfeiffer-Berater: Kuh vom Eis holen
Diese Frage muss Manager Todt in diesen Tagen häufiger beantworten. Neben Itos Arbeitspapier laufen im kommenden Sommer auch die Verträge der Nachwuchshoffnungen Patric Pfeiffer und Törles Knöll aus. Damit droht dem Club der ablösefreie Verlust von drei seiner vier Top-Talente – Fiete Arp ist bis 2019 unter Vertrag – nach der Saison. Theoretisch zumindest.
Ganz praktisch darf sich Todt nach Abendblatt-Informationen dagegen Hoffnungen machen, gleich alle drei Talente zu halten. So bestätigt neben Itos Agent Morana auch Patric Pfeiffers Berater Oheneba Brenya, dass die Gespräche über eine Vertragsverlängerung des groß gewachsenen Abwehrjuwels weit fortgeschritten sind. „Es gibt den gemeinsamen Willen, dass wir diese Kuh schon sehr bald vom Eis haben“, sagt Brenya. „Wenn Jens Todt Patric eine echte Perspektive aufzeigen kann, dann werden wir verlängern.“
Gisdol und Todt scheuten sich bei Pfeiffer noch
Tatsächlich hätte es diese Perspektive bereits im vergangenen Sommer geben können. Damals dachten Hamburgs Verantwortliche sehr intensiv darüber nach, ob der zu jenem Zeitpunkt 17-Jährige bereits so weit sein könnte, hinter den etablierten Kyriakos Papadopoulos, Mergim Mavraj und Gideon Jung als vierter Innenverteidiger aufgebaut zu werden.
Letztendlich schien Trainer Markus Gisdol und Todt das Risiko zu groß, weswegen Bjarne Thoelke für ein Jahr verpflichtet wurde. Im kommenden Sommer, da sollen sich alle einig sein, ist die Ausgangslage eine andere. „Patric würde sich sehr gerne beim HSV durchsetzen, wenn man ernsthaft an sein Talent glaubt“, sagt Berater Brenya, der genau weiß, wie es ist, wenn der Club nicht wirklich auf ein Talent setzt. „Wir hatten im Frühjahr eine ähnliche Situation mit Derrick Köhn, der ebenfalls eine HSV-Perspektive aufgezeigt bekommen wollte“, sagt der Berater.
Köhn startet jetzt bei den Bayern durch
Das Ende der Geschichte ist bekannt: Obwohl der HSV den Sommer über händeringend nach Linksverteidigern suchte, wechselte der frühere Bramfelder für 100.000 Euro in die Nachwuchsmannschaft des FC Bayern. Dort kam Köhn seitdem in allen Spielen von Anfang an zum Einsatz, bereitete vier Tore vor, erzielte einen Treffer und durfte sogar schon bei den Profis vorspielen.
Die Bayern also. Die sollen laut Medienberichten aus Italien nun auch ein Auge auf Top-Talent Fiete Arp, der heute (16.30 Uhr/MESZ, Eurosport) bei der U-17-WM in Indien gegen den Iran ranmuss, geworfen haben. „Der Junge hat doch gerade erst beim HSV verlängert“, relativiert Arp-Berater Jürgen Milewski. „Da braucht sich in Hamburg niemand Sorgen zu machen.“
Auch Knöll möchte eine Perspektive
Während das neue Arbeitspapier von U19-Stürmer Arp immerhin bis 2019 läuft, steht U21-Stürmer Knöll – genau wie Ito und Pfeiffer – bislang nur bis 2018 unter Vertrag. „Klar ist, dass Törles ab dem kommenden Sommer gerne den nächsten Schritt machen möchte“, sagt Berater Jens Schöppenthau, der dem HSV aber ebenfalls Hoffnungen macht: „Im Hinblick auf seinen nächsten Vertrag ist das Wichtigste für Törles die Perspektive. Wenn der HSV ihm eine schlüssige Perspektive aufzeigen kann, dann können wir uns sehr gut eine Verlängerung vorstellen.“
Alles also eine Frage der Perspektive. In den nächsten zwei Wochen sollen die Gespräche mit den Talenten und deren Beratern intensiviert werden. Und läuft alles nach Plan, darf sich der HSV tatsächlich noch vor Weihnachten reichlich selbst beschenken.