Hamburg. Vergangene Saison stand der Klassenerhalt erst am 33. Spieltag fest – dank glücklicher Fügung. Meint es der Spielplan erneut gut?
Rechenschieber raus, es ist Bundesliga-Endspurt! Fünf Spieltage vor Saisonschluss werden die Was-Wäre-Wenn-Szenarien im Keller des deutschen Fußballoberhauses zunehmend konkreter. Mittendrin im Eventualitätsgeschiebe ist mal wieder der HSV – für die Fans des Dinos längst Routine.
Durch die 1:2-Pleite im Nordderby bei Werder Bremen hat sich die Lage für die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol erneut verschärft, nach 29 Spieltagen liegt Hamburg mit einem Pünktchen Vorsprung auf den altbekannten Relegationsrang 16 derzeit noch auf Nichtabstiegsplatz 14.
Was muss denn nun passieren, damit die HSV-Fans nicht wieder bis zum allerletzten Saisonpfiff um ihren Lieblingsclub zittern müssen? Die einfachste, weil nächstliegende Anwort: Am besten Siege, Siege, Siege. Im Optimalfall könnten schon genau drei Erfolge in den nächsten drei Spielen helfen, um den Klassenerhalt bereits am 32. Spieltag zu feiern.
Finale 2016 war günstige Fügung
Das wäre sogar noch früher als in der Vorsaison, als die Rettung erst nach der 33. Runde feststand. Und das auch nur dank einer glücklichen Fügung. Denn nach Punkten hätte der HSV auch damals am letzten Spieltag noch eingeholt werden können – wenn es der Spielplan nicht gut gemeint hätte mit den Hanseaten.
Denn die drei (Werder) respektive zwei (Frankfurt) Zähler dahinterliegenden Konkurrenten mussten im Mai 2016 zum ultimativen Finish gegeneinander antreten und sich so die Punkte wegnehmen. Bremen setzte sich durch, Frankfurt ging in die Relegation. Der HSV und Bruno Labbadia konnten die Saison also ganz entspannt mit einem 3:1-Sieg in Augsburg ausklingen lassen.
Gisdol zieht die Warnweste an
Von derartiger Lockerheit sind Gisdol und seine Profis in diesem Frühling noch weit entfernt, auch deshalb wird der Trainer nicht müde, das Hamburger Umfeld zu warnen. Am besten schon vor dem nächsten Gegner. "Jedem muss bewusst sein, dass das keine leichte Aufgabe ist", sagte Gisdol in der "Bild"-Zeitung vor dem Heimspiel am Sonnabend (15.30 Uhr) gegen den wahrscheinlichsten Absteiger Darmstadt 98.
"Von der Erwartungshaltung ist das das schwerste Spiel“, sagte der 47-Jährige. Schließlich muss auch der Tabellenletzte aus Hessen dieses Spiel gewinnen, um nicht vorzeitig als erster Absteiger festzustehen. Andererseits sagt Gisdol: "Du spielst gegen eine Mannschaft, die befreit agieren kann.“ Das habe Darmstadts 2:1-Erfolg über Schalke 04 gezeigt.
Allerdings könnte der HSV mit einem Sieg über die "Lilien" – es wären der fünfte Sieg sowie die zehnte ungeschlagene Partie im Volksparkstadion in Folge – einen großen Schritt Richtung Klassenerhalt machen. Für den Fortbestand der Serie setzt Gisdol auf die Fans: "Wir müssen durch dieses Spiel gemeinsam durchgehen." Stand Dienstag waren für die Partie noch 5500 Karten zu haben.
Zehn Punkte Vorsprung auf Platz 16?
Doch zurück den Rechenspielen: Sollten die Rothosen also gegen Darmstadt gewinnen und auch die darauffolgenden Spiele in Augsburg und zu Hause gegen Mainz für sich entscheiden, könnte schon zu letzterem Termin am 7. Mai die große Nichtabstiegsparty steigen. Weitere Prämissen wären vorangegangene Niederlagen von Augsburg (Frankfurt/A und eben gegen Hamburg) und Mainz (Bayern/A, Gladbach/H).
Bei diesem Szenario stünden am 32. Spieltag dann sogar satte zehn Punkte Vorsprung auf Augsburg und Mainz (derzeit je 32 Punkte) – auf die übrige Konkurrenz müsste in Hamburg dann niemand mehr schielen. Doch selbst bei ungünstigerem Verlauf stünden für den HSV mit den Duellen in Schalke und am letzten Spieltag gegen Wolfsburg zwei weitere Sechspunktespiele auf dem Programm.
Das Restprogramm der Abstiegskandidaten
Elf Mannschaften zittern noch
Prinzipiell – und das letztlich auch praktisch und nicht nur theoretisch – haben sich ganze elf Bundesligisten noch immer nicht gerettet. Was selbst für Werder (39 Punkte) gilt, das trotz des Derbysiegs mit sieben Punkten Vorsprung auf Platz 16 (Augsburg) auf Rang acht stehend erneut unten reingezogen werden könnte. Eine Pleite in Ingolstadt (28 Punkte) am Wochenende würde schon genügen.
Auch in Frankfurt (38 Punkte), durch einen beispiellosen Absturz von Platz sieben auf 17 in der Rückrundensaison 2010/11 (nur acht Punkte) vorgeprägt, spukt das Abstiegsgespenst weiterhin. Weshalb für Eintracht-Coach Niko Kovac das kommende Duell mit Augsburg wegweisenden Charakter für den Saisonendspurt besitzt.
Der Tabellenrechner beim "Kicker"
"Wir können mit einem Sieg alles klarmachen, den Klassenerhalt abhaken und uns auf andere Ziele stürzen", sagte der 45-Jährige im HR-Fernsehen: "Es ist für uns also ein Matchball." Vom Relegationsplatz trennen die Hessen nur sechs Zähler. "Uns ist die Situation bewusst", sagte Kovac: "Die Spieler müssen das Spiel so angehen, als ob es ein Endspiel ist."
HSV mit Alleinstellungsmerkmal
Der HSV wiederum hätte im ungünstigsten Fall gleich fünf Endspiele gegen die direkte Konkurrenz vor der Brust. Diese Besonderheit weist der Dino übrigens als einziges der aktuell elf verbliebenen Kellerkinder auf. Der Spielplan kann für Gisdols Profis am Ende also Segen und Fluch zugleich sein.
Sollte es tatsächlich zum Äußersten kommen, stünden zum dritten Mal in vier Jahren die nervenaufreibenden Spiele gegen den Zweitligadritten an (25. und 29. Mai). Das wäre dann entweder der VfB Stuttgart, Hannover 96, Union Berlin, Eintracht Braunschweig oder Dynamo Dresden. Aber die tieferklassigen Rechenspiele stehen auf einem anderen Blatt ...
Bilder vom Nordderby: