Bremen/Hamburg. Alles auf Anfang beim Team von Trainer Markus Gisdol. Der Farbanschlag auf den Bus sorgt für Aufregung. Alarmierend ist etwas anderes.
Es war das Derby der Zahlen, aber die wichtigste Statistik war riesengroß auf der Anzeigetafel im Bremer Weserstadion zu sehen: 2:1. Den SV Werder, in der Nähe der Abstiegsränge über mehr als eine halbe Saison, und den HSV, abstiegsgefährdet über fast die gesamte Spielzeit 2016/2017, trennen inzwischen Welten. Der Weg war ähnlich, das Ergebnis könnte unterschiedlicher nicht sein.
Es sind noch fünf Spiele bis zum Saisonende – und der HSV muss sich nicht trotz, sondern wegen des Restprogramms auch auf den worst case einer abermaligen Relegation gegen den Dritten der Zweiten Liga einstellen.
Das Zwischenhoch unter Trainer Markus Gisdol scheint verflogen. Zwar wurden Leipzig und Hoffenheim besiegt, auch wenn es in München und Dortmund sowie am Ende im DFB-Pokal klare Niederlagen gab. Ausgerechnet die Wiedererstarkten wie Duracell-Häschen Lewis Holtby schwächelten in Bremen.
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Da war es nur noch ein kurioser Rekord, dass Dennis Diekmeier auch in seinem 177. Bundesliga-Spiel ohne Tor blieb und damit als einer der erfolglosesten Schützen der Bundesliga-Historie mit der HSV-Legende Hans-Jürgen Ripp gleichzog. Noch mehr Spiele ohne Bundesliga-Tor verzeichneten nur Thomas Eichin und Markus Schuler.
Jetzt ist der HSV zwar nominell 14. der Tabelle. Aber die dahinter postierten Mainz und Augsburg haben mit 32 Punkten nur einen Zähler weniger als der HSV – und ein besseres Torverhältnis.
Farbanschlag auf HSV-Bus vor Nordderby in Bremen
Restprogramm: HSV muss zittern
Erschreckender wird für Trainer Gisdol der Blick auf das Restprogramm sein. Bislang dachte man, mit Darmstadt und Augsburg als direkte Konkurrenten um den Bundesliga-Klassenerhalt Glück zu haben. Doch den bereits abgeschriebenen Darmstädtern gelang jetzt ein Sieg über Schalke 04. Augsburg schlug Köln, Mainz 05 rang Hertha mit 1:0 nieder. Auf den HSV warten nun Darmstadt (zuhause), Augsburg (auswärts), im Volksparkstadion ist dann am 32. Spieltag Mainz 05 zu Gast, dann geht es nach Gelsenkirchen-Schalke, bevor der Saisonabschluss gegen Wolfsburg ansteht.
Es geht für den HSV ums Überleben, wie die Deutsche Presse-Agentur klar formulierte. Dabei hätte Werders Sieg im Nordderby deutlich höher ausfallen können. Chancen für mehr Tore als die beiden Treffer von Max Kruse (41. Minute) und Florian Kainz (75.) waren da. Auch das frühe 0:1 durch Bobby-Wood-Ersatz Michael Gregoritsch warf die Bremer nicht aus der Bahn. Tritt Werder weiter so stabil auf, ist die Qualifikation für die Europa League nicht unmöglich.
Farbanschlag auf HSV-Bus keine Ausrede
„Wir haben uns den Schneid abkaufen lassen“, klagte HSV-Torwart Christian Mathenia, der den verletzten René Adler vertrat. „Werder hat verdient gewonnen. Das war zu wenig von uns heute“, meinte Aaron Hunt.
Dabei wollten die HSV-Profis den Farbanschlag auf den Bus vor dem Spiel – niemand wurde verletzt – nicht als als Ausrede für die Niederlage gelten lassen. Bei der Einfahrt ins Stadion sei der Bus mit grüner und weißer Farbe und Gegenständen beworfen worden, sagte ein Polizeisprecher. Der Bus sei beschädigt, verletzt sei aber niemand. Die Ermittlungen nach der Attacke laufen. „Man hat schon ein wenig ein blödes Gefühl, wenn es auf einmal knallt von allen Seiten“, sagte HSV-Coach Markus Gisdol bei Sky. Im Stadion blieb dann aber alles friedlich.
Ex-Flüchtling Bakery Jatta debütiert
Der spät eingewechselte ehemalige Flüchtling Bakery Jatta schoss ein Abseitstor. Jatta war trotz der Niederlage persönlich zufrieden. Es war das Bundesligadebüt für den aus Westafrika geflohenen 18-Jährigen. In der HSV-Geschichte ist er der erste eingesetzte Spieler aus Gambia. "Es ist der Beginn meines großen Traums. Ich hoffe, es geht für mich jetzt so weiter", sagte Jatta.
Die Statistik
Bremen: Wiedwald - Veljkovic, Sane, Moisander - Eggestein - Gebre Selassie, Grillitsch (63. Kainz), Junuzovic, Santiago Garcia (73. Bauer) - Bartels, Max Kruse (90. Bargfrede). - Trainer: Nouri
HSV: Mathenia - Diekmeier, Gideon Jung, Mavraj, Ostrzolek - Gotoku Sakai, Walace - Hunt, Holtby (83. Waldschmidt), Kostic (83. Jatta) - Gregoritsch (63. Lasogga). - Trainer: Gisdol
Schiedsrichter: Felix Brych (München)
Tore: 0:1 Gregoritsch (6.), 1:1 Max Kruse (41.), 2:1 Kainz (75.)
Zuschauer: 42.100 (ausverkauft)
Gelbe Karten: Junuzovic (5), Grillitsch (4), Veljkovic (4) - Diekmeier (4)
Torschüsse: 13:6
Ecken: 4:3
Ballbesitz: 53:47 %
Zweikämpfe: 116:105