Bremen. Nach dem BVB-Anschlag verurteilen Werder- und HSV-Verantwortliche den Angriff aufs Schärfste. Was passiert jetzt mit dem Bus?

Es kommt selten vor, doch nach dem Farbanschlag einiger Fans von Werder Bremen auf den Mannschaftsbus des HSV waren sich die Verantwortlichen der beiden Nordrivalen schnell einig und verurteilten den Angriff aufs Schärfste. "Dieses Verhalten ist völlig instinktlos und es ärgert uns sehr. Das ist nicht Werder Bremen“, stellt Werder-Präsident Dr. Hubertus Hess-Grunewald klar. „Ich bin ganz sicher, dass nicht nur wir, sondern die große Mehrheit unserer Fans dieses Verhalten scharf verurteilen."

Tatsächlich distanzierten sich zahlreiche Anhänger der Bremer unmittelbar nach dem Vorfall von der Straftat. "Danke für die Differenzierung. Die allermeisten Werder-Fans verurteilen das genauso wie alle anderen", twitterte beispielsweise SVW-Fan "macgyver", dessen Profilbild das Bremer Vereinslogo zeigt, unter einen entsprechenden Abendblatt-Tweet. "Als Werder-Fan entschuldige ich mich für dieses miserable und unsportliche Verhalten", kommentierte Daniel Leitner einen Abendblatt-Post bei Facebook. "Ich bin gerne Fan, aber wenn ich so etwas lese, muss man sich echt schämen", legte Fred Blume nach.

Schaden am HSV-Bus beträgt 30.000 Euro

Neben Farbbeuteln nutzten die Täter auch Dosen, Flaschen, Bierbecher und Eier als Wurfgeschosse. Bei dem Angriff sind einige Fensterscheiben gesprungen, wie HSV-Spieler nach der 1:2-Niederlage im Nordderby berichteten. Die Polizei schätzt den Sachschaden am Bus nach ersten Erkenntnissen auf 30.000 Euro, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. So soll auch die Frontscheibe des Mannschaftsbusses gesprungen sein. Sie muss nun wohl komplett ausgetauscht werden. Darüber hinaus setzt sich die hohe Summe durch Schäden am Lack zusammen.

Der HSV wird voraussichtlich eine Reinigungsfirma beauftragen müssen, um den Bus wieder in den alten Zustand zu bringen. Ob das schon bis zum kommenden Sonnabend zum Darmstadt-Spiel passiert, ist noch unklar. Sollte der Bus nicht rechtzeitig wieder fertig werden, würde der HSV mit dem Mannschaftsbus der zweiten Mannschaft am Sonnabend vom Teamhotel zum Stadion fahren.

Vor dem Nordderby wurde der HSV-Bus von Bremer Fans attackiert
Vor dem Nordderby wurde der HSV-Bus von Bremer Fans attackiert © Bongarts/Getty Images | Martin Rose

Zeugwart Zoran Suka, der sich gemeinsam mit seinem Kollegen Miroslav Zadach den Job des Busfahrers beim HSV teilt, hatte noch am Sonntag nach der Ankunft am Bremer Weserstadion vergeblich versucht, die Farbe wieder wegzuwischen. "Das ist Lack, der geht nicht so leicht ab", sagte Suka, der den Bus nach dem Spiel zurück nach Hamburg gefahren hatte. Vor dem Spiel saß er neben Zadach, der auf dem Weg ins Stadion am Steuer gesessen hatte. "Das war schon sehr unangenehm", sagte Suka zu den Wurfgeschossen auf den Bus.

Auch Polizisten mit Farbe beworfen

Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen und erhofft sich unter anderem durch die Auswertung des Videomaterials die Täter überführen zu können. Wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte, wurden die Vorkommnisse, bei denen auch Polizisten mit Farbe beworfen wurden, von den Einsatzkräften dokumentiert. Den Beamten liegen auch Bilder von den Kameras am Weserstadion vor. Zusätzliche Zeugenhinweise nimmt die Polizei unter der Telefonnummer (0421) 362-3888 entgegen.

Die bei dem Angriff sichtlich in Mitleidenschaft gezogenen Polizisten mussten ihren Einsatz mit grün-weiß-getränkter Uniform fortführen. "Wir haben keine Ersatzdienstkleidung für unsere Kollegen dabei", sagte ein Sprecher.

Gisdol zuckte zusammen und dachte an BVB-Anschlag

Auch wenn niemand verletzt wurde, ist die Tat insbesondere geschmacklos, da erst am Dienstag ein Anschlag mit drei Sprengsätzen auf den Teambus von Borussia Dortmund verübt wurde. Verteidiger Marc Bartra verletzte sich schwer an der Hand und musste operiert werden. Die Mannschaft des BVB steht noch immer unter Schock, wie die Beteiligten nach dem 3:1-Sieg gegen Frankfurt bestätigten.

"Im Hinblick auf die Ereignisse von Dortmund bin ich ganz schön zusammengezuckt", sagte HSV-Trainer Markus Gisdol über den Anschlag auf den Hamburger Mannschaftsbus. "Das ist schon krank. Ich finde es nach den aktuellen Vorkommnissen sehr unsensibel. Man ist schon sehr angespannt." Hess-Grunewald kann ebenfalls "nur den Kopf schütteln" und Werder-Geschäftsführer Frank Baumann habe "kein Verständnis für so etwas – gerade nach dem, was in Dortmund passiert ist", so der Ex-Profi. "Dieser Vorfall ist nicht zu entschuldigen."

Für Gisdol soll der Vorfall aber nicht als Rechtfertigung für die Pleite im Nordderby dienen. "Der Farbanschlag ist keine Ausrede für unsere heutige Leistung." Gänzlich spurlos wird die Attacke auf den HSV-Bus aber nicht an den Spielern vorbeigegangen sein, weiß auch Gisdol. „Wir sind Menschen, haben auch Gefühle und sind keine Computer.“