Die neue Verteilung der TV-Milliarden könnte den HSV dazu motivieren, wieder verstärkt auf die eigene Jugend zu setzen.
Mehr Konkurrenz für den FC Bayern, mehr Spannung in der ganzen Liga: Die Deutsche Fußball Liga will die sportliche Dominanz der großen Clubs in Zukunft erschweren und ein weiteres Auseinanderdriften innerhalb der Bundesliga verhindern. Die DFL-Spitze stellte am Donnerstag ein neues Modell zur Verteilung der milliardenschweren Fernseheinnahmen vor, das im Vergleich zum alten deutlich mehr verschiedene Kriterien umfasst, aber vor allem ein großes Ziel hat: „Dieser neue Schlüssel soll langfristig den Wettbewerb stärken. Die Tabelle soll nicht zementiert, sondern der Wettbewerb intensiviert werden“, sagte DFL-Chef Christian Seifert bei einer Pressekonferenz in Frankfurt.
Der Dachverband der 36 deutschen Proficlubs hatte bereits im Juni den bislang werthaltigsten TV-Vertrag der Bundesliga-Geschichte abgeschlossen. Danach erhalten die Vereine der 1. und 2. Liga von der Saison 2017/18 an für die Laufzeit von vier Jahren insgesamt 4,64 Milliarden Euro für den Verkauf ihrer nationalen Medienrechte. Pro Saison kann dadurch erstmals mehr als eine Milliarde Euro (1,16) an TV-Geld an die Clubs ausgeschüttet werden.
HSV würde Würzburg deutlich ausstechen
Bislang flossen 80 Prozent des Geldes an die Erstliga- und 20 Prozent an die Zweitliga-Vereine. Allein die strikte Trennung zwischen zwei verschiedenen Ligen wird in Zukunft fast völlig aufgehoben.
So gibt es in Zukunft einen Topf namens „Nachhaltigkeit“, in dem 60 Millionen Euro liegen und der eine möglichst lange Zugehörigkeit zur Fußball-Bundesliga belohnt. Verteilt wird dieses Geld anhand einer 20-Jahres-Tabelle, die jede Endplatzierung der vergangenen 20 Saisons gleich gewichtet. Dadurch wird beispielsweise ein Club wie der 1. FC Kaiserslautern, der aktuell in der Zweiten Liga gegen den Abstieg spielt, aus diesem Topf deutlich mehr Geld erhalten als der aktuelle Bundesliga-Tabellenführer RB Leipzig, den es erst seit 2009 gibt.
Für den HSV klingt diese Regelung aufgrund des sportlichen Misserfolgs der letzten Jahre nicht wirklich profitabel. Im Falle eines Abstiegs sähe das hingegen schon wieder anders aus. Dann bekämen die Hamburger deutlich mehr Geld aus dem TV-Topf als die Zweitliga-Konkurrenz. Mannschaften wie Heidenheim oder Würzburg müssten beispielsweise mit weniger als einem Fünftel dessen, was der HSV an Einnahmen generieren würde, auskommen. Da die Personalkosten der Rothosen allerdings die von Heidenheim und Würzburg deutlich überträfe, wäre man wohl weiterhin von Investor Klaus-Michael Kühne abhängig.
Setzt der HSV in Zukunft auf Talente?
Ebenfalls neu ist die Säule „Nachwuchsförderung“, die nicht bloß die Ausbildung, sondern ausdrücklich den Einsatz junger Talente unter 23 Jahren belohnt. Für den HSV stellt diese Regelung eine weitere Motivation dar, einen Aspekt des eigenen Leitbilds, nämlich auf die eigene Jugend zu bauen, auch umzusetzen.
Wie ein Verein in den vorangegangenen fünf Jahren sportlich abgeschnitten hat, bleibt nach wie vor der stärkste Faktor und macht auch in Zukunft 70 Prozent bei der Verteilung des Fernsehgelds aus. Aber Peter Peters, Vorstandsmitglied des FC Schalke 04 und auch Vorstand des Ligaverbandes, betonte: „Es besteht durch den neuen Schlüssel eine große Möglichkeit, sich durch Leistung nach oben und durch Nicht-Leistung nach unten zu entwickeln.“
Auch Helmut Hack, Präsident der SpVgg Greuther Fürth und Vertreter der Zweiten Liga im Ligavorstand, meinte: „Jeder Club kann sich über diverse Säulen jedes Jahr neues Geld verdienen. Jeder Club kann das - losgelöst vom Tabellenplatz. Wir haben eine Situation geschaffen, die dynamisch ist und den Leistungen gerecht wird.“
Die Gewinner des neuen Modells liegen auf der Hand: Die Vereine der 2. Bundesliga etwa. Oder Clubs wie der SC Freiburg oder Mainz 05, die sich seit Jahren trotz schwieriger Ausgangspositionen in der Bundesliga etablieren. „Dieser Schlüssel wird das Denken in Gräben, in Lagern und in „Die da oben und wir da unten“ beenden“, sagte Seifert.
„Team Marktwert“ wird nicht erhört
Die Verlierer sind auf den ersten Blick große Clubs wie der FC Bayern oder Borussia Dortmund, die noch mehr Geld für sich forderten, weil sie vor allem ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit im Augen haben. Sie bekommen zwar jetzt wie alle Vereine mehr Geld, weil der neue TV-Vertrag so üppig ist. Aber nicht in dem Maße, wie sie sich das erhofft hatten.
Das gleiche gilt für Traditionsclubs wie den HSV, Eintracht Frankfurt, Werder Bremen oder den 1. FC Köln, die sich zu einem „Team Marktwert“ zusammengeschlossen hatten und erreichen wollten, dass künftig auch Faktoren wie die Anzahl der Fans oder die Einschaltquoten bei Fernsehübertragungen berücksichtigt werden. „Wir haben uns intensiv mit diesem Modell beschäftigt“, sagte Seifert. „Aber diese Themen sind nicht dazu geeignet, um danach große Mengen Geld zu verteilen. Wenn man die Anzahl der Fans nimmt, verteilt man am Ende je 50 Prozent an Bayern München und Borussia Dortmund.“
Ligachef Rauball: „Ich bin im Reinen“
Trotz der völlig unterschiedlichen Interessen der Vereine sieht es erst einmal nicht danach aus, als würde der große Streit um das TV-Geld gleich weitergehen. Geschäftsführer Frank Baumann von Werder Bremen sagte als einer der Vertreter der Traditionsclubs: „Es ist eine sehr moderne, zukunftsfähige Lösung. Es ist ein tragfähiger Kompromiss, von dem alle Vereine profitieren.“
Ähnlich äußerte sich auch Reinhard Rauball, der sowohl Präsident des Ligaverbandes als auch Präsident des Champions-League-Clubs Borussia Dortmund ist. „Ich bin mit mir im Reinen und kann guten Gewissens vertreten, was wir hier beschlossen haben“, sagte er. „Ich habe auch ein gutes Gespräch mit Karl-Heinz Rummenigge (Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München) geführt. Wir waren alle damit einverstanden.“