Hamburg. Beiersdorfer blufft im Poker um Linksverteidiger erfolgreich. Olympiasieger aus Brasilien soll langfristigen Vertrag unterschreiben.

Einen Tag vor Ultimo tat sich auch beim HSV doch noch etwas. Wie nicht anders zu erwarten. Der brasilianische Linksverteidiger Douglas Santos (22) kam Dienstag mit Berater Roberto Dantas über Lissabon in die Stadt, um mit HSV-Chef Dietmar Beiersdorfer final über einen Last-Minute-Wechsel zu sprechen. An diesem Mittwoch soll der Olympiasieger seinen Medizincheck absolvieren und dann einen Vier-Jahres-Vertrag unterschreiben. Sieben Millionen Euro Ablöse will der HSV an Atletico Mineiro überweisen, um die dringend benötigte Defensiv-Verstärkung an Land zu ziehen. Bis 18 Uhr muss alles perfekt sein.

Last-Minute-Zugänge beim HSV nichts Neues

Ganz normaler „Deadline-Day“-Wahnsinn also mal wieder, auch beim HSV ist das nichts Neues. Im Gegenteil: Beiersdorfer hat Erfahrungen mit den Zugängen im letzten Moment. Bereits in seinem ersten HSV-Sommer nach seiner Rückkehr kamen Lewis Holtby und Julian Green auf den letzten Drücker, im Gegenzug wurde Jonathan Tah an Fortuna Düsseldorf verliehen, Milan Badelj an Florenz verkauft. Sein D-Day-Meisterwerk lieferte der einst vom Boulevard zum „Dukaten-Didi“ umbenannte Manager zweifellos 2009 ab, als er auf den allerletzten Drücker an nur einem Tag Khalid Sinouh, Michael Gravgaard, Tomas Rincon, Mickael Tavares und Albert Streit nach Hamburg holte. Auch Brasilianer waren schon bei den Zugängen auf dem letzten Drücker: HSV-Fans erinnern sich eher mit Grausen an Thiago Neves und Alex Silva, die 2008 kamen.

Mit Douglas Santos hat sich der HSV allerdings schon länger beschäftigt. Auch wenn er es am Montag noch vehement bestritten hat, gab er schon letzte Woche ein Angebot über sieben Millionen Euro ab. Das finanziell klamme Atletico Mineiro wollte Santos Olympiagold aber versilbern und bluffte. Angeblich lägen auch Angebote aus England für 12 bis 14 Millionen vor. Wunschdenken, nur die HSV-Offerte war konkret. Noch höher treiben ließ sich der Verein nicht. Und so knickte Mineiro einen Tag vor dem Ende der Transferfrist ein und stimmte dem Wechsel zu.

Die teuersten HSV-Transfers:

Kostic und Co.: Die teuersten HSV-Transfers

Filip Kostic trägt die Bürde des bislang teuersten Einkaufs der HSV-Geschichte: Nach langen Verhandlungen mit dem VfB Stuttgart wurden im Sommer 2016 für den Serben 14 Millionen Euro plus Boni fällig
Filip Kostic trägt die Bürde des bislang teuersten Einkaufs der HSV-Geschichte: Nach langen Verhandlungen mit dem VfB Stuttgart wurden im Sommer 2016 für den Serben 14 Millionen Euro plus Boni fällig © WITTERS | ValeriaWitters
Ganz hoch hinaus wollte Rafael van der Vaart ab der Saison 2012/13 ein zweites Mal mit dem HSV. Die Rückholaktion des Niederländers von Tottenham ließ sich der Dino rund 13 Millionen Euro plus Boni kosten. Platz zwei für van der Vaart
Ganz hoch hinaus wollte Rafael van der Vaart ab der Saison 2012/13 ein zweites Mal mit dem HSV. Die Rückholaktion des Niederländers von Tottenham ließ sich der Dino rund 13 Millionen Euro plus Boni kosten. Platz zwei für van der Vaart © Witters
2006 konnte der damalige Vorstandsboss Bernd Hoffmann das Abwehrtalent Vincent Kompany im Volkspark begrüßen. 10,5 Millionen Euro (Platz 3) gab der HSV aus. Für den Weiterverkauf kassierte der Verein zwei Jahre später 8,5 Millionen Euro
2006 konnte der damalige Vorstandsboss Bernd Hoffmann das Abwehrtalent Vincent Kompany im Volkspark begrüßen. 10,5 Millionen Euro (Platz 3) gab der HSV aus. Für den Weiterverkauf kassierte der Verein zwei Jahre später 8,5 Millionen Euro © Witters
Der Inbegriff des HSV-Flops: Nach einer starken U21-EM im Sommer 2009 machte der HSV 10 Millionen Euro locker, um Bruno Labbadia Stürmer Marcus Berg (Platz 4) zu bescheren. Der Schwede dankte es mit einem Törchen in zwei Jahren
Der Inbegriff des HSV-Flops: Nach einer starken U21-EM im Sommer 2009 machte der HSV 10 Millionen Euro locker, um Bruno Labbadia Stürmer Marcus Berg (Platz 4) zu bescheren. Der Schwede dankte es mit einem Törchen in zwei Jahren © Witters
Knapp dahinter folgt der Brasilianer Walace, den der HSV im Winter 2017 für 9,2 Millionen Euro von Grêmio Porto Alegre verpflichtete
Knapp dahinter folgt der Brasilianer Walace, den der HSV im Winter 2017 für 9,2 Millionen Euro von Grêmio Porto Alegre verpflichtete © WITTERS | ValeriaWitters
9 Millionen Euro Ablöse im Sommer 2009 konnten Eljero Elia (Platz 6) nicht aufhalten. Der Niederländer machte nach 52 Bundesligaspielen wieder den Abflug
9 Millionen Euro Ablöse im Sommer 2009 konnten Eljero Elia (Platz 6) nicht aufhalten. Der Niederländer machte nach 52 Bundesligaspielen wieder den Abflug © Witters
Thiago Neves (Platz 7) war ein 9 Millionen Euro teures Missverständnis: Der Brasilianer lief ganze sechs Mal für den HSV auf - macht pro Spiel rund 1,5 Millionen Euro
Thiago Neves (Platz 7) war ein 9 Millionen Euro teures Missverständnis: Der Brasilianer lief ganze sechs Mal für den HSV auf - macht pro Spiel rund 1,5 Millionen Euro "Auflaufprämie" © Witters
Kerstin Lasogga gab Hamburg für ihren Sohn Pierre-Michel 2013 erst den Leih-Zuschlag, ein Jahr später dann einen festen Vertrag. 8,5 Millionen Euro wurden dafür fällig, macht Platz 8 für den Angreifer
Kerstin Lasogga gab Hamburg für ihren Sohn Pierre-Michel 2013 erst den Leih-Zuschlag, ein Jahr später dann einen festen Vertrag. 8,5 Millionen Euro wurden dafür fällig, macht Platz 8 für den Angreifer © Imago/Christoph Reichwein
Blutjung, aber schon ganz schön teuer: Marcell Jansen wechselte 2008 als 22-jähriger Nationalspieler an die Elbe. Bayern München erhielt 8 Millionen Euro für den Linksfuß (Platz 9)
Blutjung, aber schon ganz schön teuer: Marcell Jansen wechselte 2008 als 22-jähriger Nationalspieler an die Elbe. Bayern München erhielt 8 Millionen Euro für den Linksfuß (Platz 9) © Witters
Trainer Armin Veh freute sich 2010 über einen neuen Abwehrchef: Heiko Westermann löste der HSV für 7,5 Millionen Euro von Schalke los (Platz 10)
Trainer Armin Veh freute sich 2010 über einen neuen Abwehrchef: Heiko Westermann löste der HSV für 7,5 Millionen Euro von Schalke los (Platz 10) © Witters
Platz 11: Mladen Petric (M., zwischen Trainer Martin Jol und Bernd Hoffmann). Der Kroate kostete 2008 rund 7,3 Millionen Euro. Bei den Fans avancierte der Kroate zum Publikumsliebling
Platz 11: Mladen Petric (M., zwischen Trainer Martin Jol und Bernd Hoffmann). Der Kroate kostete 2008 rund 7,3 Millionen Euro. Bei den Fans avancierte der Kroate zum Publikumsliebling © Witters
Für die Dienste von Linksverteidiger Douglas Santos überwies der HSV im Sommer 2016 6,5 Millionen Euro an Atlético Mineiro. Den 12. Platz teilt sich Santos mit ...
Für die Dienste von Linksverteidiger Douglas Santos überwies der HSV im Sommer 2016 6,5 Millionen Euro an Atlético Mineiro. Den 12. Platz teilt sich Santos mit ... © WITTERS | TayDucLam
Lewis Holtby – der die Bälle für die Bälle dank einer Ablöse von 6,5 Millionen Euro jongliert ...
Lewis Holtby – der die Bälle für die Bälle dank einer Ablöse von 6,5 Millionen Euro jongliert ... © Witters
... mit Mohamed Zidan – der sich hier wohl auch fragen dürfte, wo die ganzen Millionen wohl hin sind. Die Bilanz des Ägypters in Hamburg: 21 Spiele, zwei Tore
... mit Mohamed Zidan – der sich hier wohl auch fragen dürfte, wo die ganzen Millionen wohl hin sind. Die Bilanz des Ägypters in Hamburg: 21 Spiele, zwei Tore © Witters
... sowie mit Kyriakos Papadopoulos, der im Winter 2017 zunächst auf Leihbasis kam und anschließend für 6,5 Millionen Euro fest von Bayer Leverkusen verpflichtet wurde
... sowie mit Kyriakos Papadopoulos, der im Winter 2017 zunächst auf Leihbasis kam und anschließend für 6,5 Millionen Euro fest von Bayer Leverkusen verpflichtet wurde © Witters
Für die späte Rückkehr André Hahns wurden im Sommer 2017 schließlich 6 Millionen Euro fällig. Platz 16
Für die späte Rückkehr André Hahns wurden im Sommer 2017 schließlich 6 Millionen Euro fällig. Platz 16 © Witters
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Beiersdorfer nennt Ablöse "extrem hoch"

Denn auch Beiersdorfer hatte gut geblufft. Er gab zwar einerseits zu, dass die Ablösesummen in diesen Tagen „extrem hoch“ seien, und beschwichtigte, dass der HSV keinesfalls einen Transfer machen werde, nur um einen Transfer gemacht zu haben. Aber andererseits: Vielleicht ergebe sich an diesem verrückten Tag doch diese einmalige, nicht erwartete Chance. Der einmalige A-Nationalspieler Douglas Santos, der dem bislang enttäuschenden Matthias Ostrzolek Konkurrenz machen soll, ist irgendwas dazwischen.

Der Transfer ist jedenfalls keinesfalls zu vergleichen mit dem vergangenen Jahr, als Fußball-Europa in wenigen Stunden aus den Angeln gehoben wurde, Kevin de Bruyne für unverschämte 75 Millionen Euro nach Manchester ging, der VfL Wolfsburg für genauso unverschämte 36 Millionen Euro Draxler holte und der HSV plötzlich Aaron Hunt unter Vertrag hatte. Unverhofft kommt oft. „Wir spielen hier Monopoly“, sagte Kölns Sportchef Jörg Schmadtke offen.

Cléber freut sich auf Santos

Ganz so offen würde Beiersdorfer, ein echter Experte des D-Days, den ganz normalen Fußball-Wahnsinn am 31. August nicht beschreiben. Aber: „Wenn man seine Kaderplanung abgeschlossen hat, dann ist es ein entspannter Tag. Wenn man aber auf der einen oder anderen Position noch Bedarf hat, dann kann es schon ein ziemlich intensiver Tag werden“, sagt der Clubchef, der bei der Nachfrage, ob es denn an diesem Mittwoch intensiv werde, nur ein wissendes Lächeln übrig hatte. „Kann schon sein“, sagt er. "Ich werde mein Handy auf jeden Fall im Blick behalten."

„Als Spieler ist es gar nicht so einfach, sofort zu funktionieren“, sagt Cléber. Der Brasilianer, der vor zwei Jahren selbst erst ganz zum Schluss der Transferfrist vom HSV verpflichtet wurde, steht am Dienstag in den Katakomben des Volksparkstadions. „Deadline-Day also“, sagt er. „An so einem Tag kann ja wirklich alles passieren. Unser Clubchef ist schon sehr umtriebig“, sagt Cléber, der Santos mit offenen Armen empfangen würde. „Ich kenne ihn ein bisschen, ein toller Spieler. Wichtig ist doch nur, dass wir als Mannschaft besser werden.“

Bis 18 Uhr an diesem Mittwoch muss nun noch alles finalisiert werden. Zunächst muss der Medizincheck über die Bühne gebracht werden, dann sollen noch letzte vertragliche Details mit Mineiro und Santos’ Berater Roberto Dantas geklärt werden. Und spätestens dann ist das diesjährige Transferfenster auch schon wieder geschlossen. Doch wer bis dahin noch nicht genug verkauft haben sollte, der hat noch Ausweichmöglichkeiten. So steht der D-Day in Mauretanien erst in 61 Tagen am 31. Oktober auf dem Programm.