Hamburg. Nach mehreren Absagen erhält Beiersdorfer auch von Olympiasieger Douglas Santos einen Korb. Ein Neuer soll aber noch zum HSV kommen.
Passender als an diesem Montag hätte die HSV-Woche kaum starten können: graue Wolken, Dauerregen und ein regelrechter Temperatursturz. Dabei hatte sich das gefühlte Klima rund um den Volkspark trotz Temperaturen von bis zu 30 Grad bereits am Wochenende deutlich abgekühlt. Schuld hatte natürlich das ernüchternde 1:1 gegen Ingolstadt zum Saisonstart. „Wir ärgern uns am meisten, dass wir ein mittelmäßiges Spiel nicht mit 1:0 über die Zeit gebracht haben“, hatte Labbadia am Tag danach gesagt, ehe er seine Profis in den trainingsfreien Montag entließ.
Ganz und gar nicht frei machen konnte zum Wochenstart HSV-Chef Dietmar Beiersdorfer. Nur noch zwei Tage bleiben dem Sport- und Clubchef in Personalunion, um eine dringend benötigte Verstärkung in der HSV-Verteidigung bis zum Ende der Transferfrist am Mittwochabend zu verpflichten. Beiersdorfers Defensiv-Dilemma: Fast alle Wunschkandidaten, um die sich die Hamburger in den vergangenen Wochen bemühten, haben aus unterschiedlichen Gründen abgesagt. Auf der Wunschliste standen Dortmunds Matthias Ginter, die Brasilianer Rodrigo Caio (FC São Paulo) und Wallace (Grêmio Porto Alegre), Genks Defensivtalent Onyinye Ndidi und auch Feyenoords Tonny Vilhena.
Auch Vogt und Baumgartlinger weg
Bereits vor der Öffnung des Transferfensters soll sich der HSV um die vergleichsweise günstigen Kevin Vogt, der für drei Millionen Euro von Köln nach Hoffenheim wechselte, und Julian Baumgartlinger, der für vier Millionen Euro von Mainz nach Leverkusen ging, erkundigt haben. „Wir brauchen Spieler, die Verantwortung übernehmen“, hatte Labbadia nach dem Auftakt gegen Ingolstadt angemerkt. „Wir brauchen Spieler, die sich mit dem Ball zeigen.“
Genau so ein Spieler soll auch Douglas Santos sein, den Beiersdorfer als dritten Brasilianer neben Wallace und Rodrigo Caio im Halbfinale und Endspiel bei Olympia in Rio de Janeiro beobachtet hatte. Und obwohl der 22 Jahre alte Nationalspieler weder in der Innenverteidigung noch im defensiven Mittelfeld zu Hause ist, soll der HSV in der vergangenen Woche ein Angebot über 6,5 Millionen Euro für Atlético Mineiros Linksverteidiger abgegeben haben – was die Hamburger dementieren.
West Bromwich bietet aberwitzig
Das grundsätzliche Problem: Der Goldmedaillengewinner, der bereits als 19-Jähriger ein einjähriges Intermezzo bei Udinese und Granada in Europa wagte und laut transfermarkt.de mittlerweile einen Marktwert von sechs Millionen Euro hat, soll nach den Olympischen Spielen plötzlich zehn bis zwölf Millionen Euro kosten. Die neureichen Engländer von West Bromwich sollen am Montag sogar aberwitzige 14 Millionen Euro geboten haben.
Die Erklärung für die Preisexplosion: Durch die Goldmedaille der Seleção stiegen die Preise über Nacht ins Unermessliche. Das bestätigt auch Brasilien-Experte Wolfgang Meier, Spielerberater von der Agentur AllemanhaBrasil, der mit seiner Agentur auch mit Douglas Santos’ brasilianischem Berater Robson Dantas kooperiert: „Besonders durch Olympia haben die Preise auf dem brasilianischen Markt extrem angezogen. Natürlich versuchen die Vereine, die Goldmedaille zusätzlich zu vergolden“, sagt Meier, der zugibt, dass Santos dem VfL Wolfsburg vor Olympia als möglicher Ersatz des abwanderungswilligen Ricardo Rodriguez für sieben Millionen Euro angeboten wurde.
Die bisherigen HSV-Neuzugänge:
Kostic, Halilovic und die anderen HSV-Neuzugänge
Lob für Gladbachs Eberl
Auch Schalke und Leipzig hatten Interesse, der HSV soll sich dagegen nach Informationen aus Mineiro erst während Olympia um Santos bemüht haben. „Das zeigt, dass sich manche Vereine sehr von den Großereignissen leiten lassen“, sagt Meier, der die Transferpolitik von Gladbachs Max Eberl als Positivbeispiel hervorhebt: „Gladbach war Mitte Juni mit der Kaderplanung fertig. Das ist vorbildlich.“
Besonders in Brasilien gilt, was der Volksmund schon lange weiß: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Oder: der Preis. Denn neben der olympischen Preistreiberei muss man auf dem umkämpftesten Markt der Welt auch einen zusätzlichen Zeitaufwand durch konkurrierende Berater einkalkulieren. Im Fall von Santos soll neben Robson Dantas auch der frühere Lauterer Lincoln versuchen, den umworbenen Nationalspieler höchstpreisig unterzubringen.
HSV will noch einmal zuschlagen
In Hamburg will man offiziell auch gar nichts mehr von einem Angebot für Santos wissen. Man verfolge andere Ziele, heißt es. Allzu viel Zeit, um den vergebenen Möglichkeiten auf dem brasilianischen Markt hinterherzutrauern, hat der Club ohnehin nicht. Das Transferfenster in diesem Sommer ist nur noch auf Kipp, ab Mittwoch um 18 Uhr wird es geschlossen. Und obwohl die Zeit knapp ist, wollen die Hamburger nach eigener Aussage noch einmal in diesem Sommer zuschlagen.
Die gute Nachricht zum Schluss: Auf Regen folgt Sonnenschein. Nirgendwo weiß man das besser als in Hamburg.