Hamburg. Knäbel und der HSV streiten sich noch über die Höhe der Abfindung. Beiersdorfer will Planungen überholen, Spahic soll bleiben.
Am Donnerstag sollte es auf einmal ganz schnell gehen. So hatten die Verantwortlichen des HSV offenbar große Eile, ausgerechnet unter die Personalie einen Schlussstrich zu ziehen, um die Clubchef Dietmar Beiersdorfer noch vor zwei Jahren über Monate gekämpft hatte. Nachdem Ex-Sportchef Peter Knäbel erst am Montag mehr oder weniger überraschend beurlaubt wurde, versuchten HSV-Justiziar Julius Becker und Finanzvorstand Frank Wettstein das dann doch kurze Kapitel Knäbel nun ganz formell zu beenden. Bis zum Abend konnte der Club zwar keine endgültige Einigung über die Höhe der Abfindung offiziell verkünden, diese soll nach Abendblatt-Informationen aber in den kommenden Tagen folgen.
Die konkreten Auswirkungen der Turbo-Trennung dürften dagegen auch nach einem von allen Parteien unterschriebenen Auflösungsvertrag ein wenig auf sich warten lassen. So scheint die komplette Kaderplanung, die Knäbel und Beiersdorfer seit Monaten besprochen und auch dem Aufsichtsrat schon vorgestellt hatten, nun wieder auf dem Prüfstand zu stehen. Und das hat vor allem einen Grund: Kühne.
Der Investor Klaus-Michael Kühne, der sein weiteres HSV-Engagement vor allem an eine Trennung von dem von ihm wenig geschätzten Knäbel geknüpft hatte, soll nun wieder in Spendierlaune sein. Bis zu 50 Millionen Euro will der Edel-Fan angeblich in die Mannschaft investieren, sofern ihn die vorgeschlagenen Personalien überzeugen.
Das Problem bei dem erhofften Geldregen: Bislang beruhte die gesamte Planung für die kommende Saison auf einer ganz anderen Prämisse – Neuzugänge sollten wenig oder besser gar nichts kosten. So wollten die Verantwortlichen eigentlich noch rund um den letzten Spieltag gegen Augsburg vier Personalentscheidungen treffen, die auch mit einem übersichtlichen Budget finanzierbar gewesen wären: Während Darmstadts Torhüter Christian Mathenia noch immer für 800.000 Euro und Union Berlins Bobby Wood für knapp vier Millionen Euro verpflichtet werden dürften, stehen hinter den anderen beiden Entscheidungen nach der Demission Knäbels nun wieder große Fragezeichen.
Abwehrkante Spahic soll bleiben
Fragezeichen Nummer eins: Aus Kostengründen sollte noch in dieser Woche die Verlängerung mit Innenverteidiger Emir Spahic bekannt gegeben werden. Der schwierige Bosnier gilt zwar als unkalkulierbares Risiko innerhalb des Mannschaftsgefüges, sein sportlicher Wert ist allerdings unstrittig. Ohne Kühne wäre ein möglicher Spahic-Nachfolger nicht zu bezahlen, mit den Millionen des Milliardärs könnte der HSV umplanen. Tendenz: Spahic, der bis zum Spiel in Augsburg ein abschließendes Gespräch mit Labbadia haben soll, bleibt dennoch.
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Komplizierter ist der Stand bei Fragezeichen Nummer zwei: Bislang soll sich Knäbel auf der Suche nach Verstärkungen im defensiven Mittelfeld besonders im Low-Budget-Bereich umgeschaut haben. Kölns Kevin Vogt wurde genauso beobachtet wie Mainz’ Julian Baumgartlinger. Im Gehalt sehr viel teurer wäre Feyenoords Tonny Vilhena gewesen, den Scout Michael Schröder vorgeschlagen hatte, der aber zum AC Mailand wechseln wird. Ebenfalls intensiv gescoutet wurde Genks 19 Jahre alter Wilfried Ndidi, der bereits für Nigerias Nationalteam auflief.
Mit zügigen Vertragsabschlüssen ist nach Knäbels Rauswurf allerdings nicht mehr zu rechnen, da eine alternative (und kostenintensivere) Kaderplanung nun zunächst mit Kühne abgestimmt werden muss. „Klotzen statt kleckern“ würde nun das neue Motto lauten, sagte Kühne-Kumpel Reiner Calmund dem Abendblatt. Der frühere Leverkusen-Manager hatte sich vor vier Wochen mit Kühne, Beiersdorfer, Aufsichtsratschef Karl Gernandt und Berater Volker Struth getroffen.
Labbadia äußert sich bedeckt über Kühne-Millionen
So unsicher die weiteren Kaderplanungen sind, so unsicher sind auch die Planungen für das Team hinter dem Team. Clubchef Beiersdorfer hatte öffentlich vor allem die von Knäbel verantwortlichen Bereiche Scouting und Teammanagement kritisiert, die noch in diesem Sommer verändert werden sollen. Teammanager Thomas Westphal, dem Beiersdorfer keinen entfristeten Vertrag anbieten wollte, hat sich bereits für einen Wechsel zu RB Leipzig entschieden. Ein Nachfolger ist noch genauso offen wie die Entscheidung, ob der von Beiersdorfer kritisch beäugte Benjamin Schmedes weiter als Chefscout fungieren soll. Schmedes soll vor allem bei den Transfers von Ekdal, Gregoritsch und Hunt, mit dem er in der Jugend zusammengespielt hat, eine gewichtige Rolle übernommen haben.
Wie hoch das genaue Budget für das Team und das neue Team hinter dem Team sein wird, hängt nun maßgeblich von Kühnes Wohlwollen ab. Ob Labbadia wisse, wie viel der HSV in diesem Sommer ausgeben dürfte, wurde der Trainer am Donnerstag gefragt. „Momentan weiß ich die Zahl. Wir können nur das machen, was wir können. Alles andere kann ich noch gar nicht beurteilen“, antwortete der Coach ein wenig verklausuliert. Dass aber auch Kühnes Geld alleine kaum glücklich macht, zeigt das Beispiel Leandrinho. Für den Brasilianer, an dem der Wahl-Schweizer vor ein paar Monaten Gefallen gefunden hatte, wollte Kühne im Winter 7,2 Millionen Euro zahlen. Gespielt hat das angebliche Supertalent seit damals: kein einziges Mal.