Nur Talent Gideon Jung schaffte den Sprung. Ein Hamburger Trainer brachte der Bundesliga-Talentschmiede Schalke Erfolg.
Hamburg. Wie viel Hamburg steckt eigentlich im HSV? Eigentlich sieht der Plan der Hanseaten vor, verstärkt auf die eigene Jugend zu setzen. Das wurde spätestens im Juli 2012, als der Bau des HSV-Campus angekündigt wurde, beschlossen. Doch die Realität sieht anders aus. Zwar zog Ex-Trainer Joe Zinnbauer in seiner Amtszeit fünf Talente aus der U23 in die Bundesligamannschaft hoch, doch mit seiner Entlassung im März 2015 wurde die Planung, auf die Jugend zu setzen, auf Eis gelegt.
Von den Nachwuchsspielern Mohamed Gouaida, Ashton Götz, Ronny Marcos, Matti Steinmann und Tolcay Cigerci, die unter Zinnbauer debütierten, sind lediglich noch Götz und Cigerci beim HSV. Beide Spieler kommen aber lediglich in der zweiten Mannschaft in der Regionalliga Nord zum Einsatz. Die anderen zog es mangels sportlicher Perspektive weg aus Hamburg: Marcos nach Fürth, Gouaida nach Karlsruhe (Leihe) und Steinmann nach Chemnitz (Leihe).
In dieser Saison schaffte es lediglich ein Spieler aus der Talentschmiede zu Einsätzen im Profikader – und der stammt nicht mal mehr aus der eigenen Jugend. Gideon Jung empfahl sich durch starke Leistungen in der U23 für die Elf von Bruno Labbadia. Am vergangenen Sonntag begeisterte er beim 3:2-Erfolg gegen Gladbach mit seiner einfachen, aber effektiven Spielweise. Ex-Profi Stefan Schnoor outete sich im Anschluss bei Matz ab als Fan des 21 Jahre alten Mittelfeldspielers und betonte, dass Jung unter seiner Regie unangefochtener Stammspieler wäre.
Talente bekommen keine Chance beim HSV
Doch neben Jung sucht man vergeblich nach einem zweiten Talent im HSV-Kader, der die Chance hat, sich im Bundesligateam zu etablieren. Zwar standen die Nachwuchshoffnungen Götz, Kerim Carolus, Dren Feka Ahmet Arslan und Finn Porath vereinzelt im Kader, für einen Profieinsatz reichte es aber nicht.
In der inoffiziellen Bundesliga-Tabelle der Nachwuchsspieler belegt der HSV damit Platz 14. Nur die Aufsteiger Ingolstadt und Darmstadt sowie Augsburg und Hannover setzen noch weniger auf eigene Talente. Dort schafften es die Nachwuchskräfte nicht mal mehr in den Kader.
Die besten Bilder aus dem Gladbach-Spiel:
HSV schlägt Gladbach mit viel Offensivpower
Platz 14 in dieser Wertung kann aber nicht der Anspruch des HSV sein. Dass man auch Erfolg haben kann, wenn man auf Talente setzt, zeigen die Beispiele Schalke, Bayern und Gladbach. Bei den Königsblauen entwickelten sich Profis wie Benedikt Höwedes, Leroy Sané, Max Meyer, Joel Matip und Sead Kolasinac sogar zu Nationalspielern. Und auch Julian Draxler darf man nicht vergessen, der inzwischen in Wolfsburg spielt. Ein Weg, den der HSV längst einschlagen wollte.
Und wer war viele Jahre für Schalkes Jugendarbeit (1998 bis 2008) verantwortlich? Richtig, ein Bekannter aus Hamburg: der frühere St. Pauli-Trainer und -Manager Helmut Schulte.
Erst im Januar betonte Club-Boss Dietmar Beiersdorfer auf der HSV-Mitgliederversammlung, die Jugend integrieren zu wollen. „Mit Feka, Porath und Carolus waren drei Nachwuchskräfte im Trainingslager in der Türkei dabei, die erste Eindrücke von den Anforderungen, Intensitäten und Leistungsniveaus sammeln und auch für sich selbst Empfehlungen abgeben konnten.“ Dies sei der Weg, den man im Verein fortsetzen wolle. Doch dazu gehört nicht nur, im Training dabei zu sein, sondern auch mal in Bundesligaspielen zum Einsatz zu kommen. Erst dann steckt wieder mehr Hamburg im HSV.
Matz ab nach dem Gladbach-Sieg: