Hamburg. Der HSV-Japaner Gotoku Sakai kommt immer besser in Fahrt und will sich in der Rückrunde einen Stammplatz erkämpfen.
Gotoku Sakai ist ein höflicher Mensch. Das wurde auch am Dienstagnachmittag wieder deutlich, als ihn zwei japanische Austauschstudenten nach dem Training ansprachen. Der HSV-Profi nahm sich viel Zeit für sein Autogramm auf einem Trikot, ein Foto und einen kleinen Plausch. Mit einer leichten Verbeugung verabschiedeten sich die drei voneinander. „Das ist einer der Gründe, warum mir diese Stadt so gut gefällt. Die Fans hier sind auch sehr höflich und zurückhaltend, nicht nur die japanischen“, verriet Sakai kurz darauf im Gespräch mit dem Abendblatt.
Doch auch seine Mannschaft trägt dazu bei, dass er sich nach einem halben Jahr in Hamburg – oder präziser gesagt: in seiner Wahlheimat Halstenbek – mittlerweile sehr wohlfühlt. Der Teamgeist sei super, alle hielten zusammen und ständen auf dem Platz füreinander ein. „Wir haben halt keine Weltklassespieler, sondern alle spielen auf ähnlichem Niveau. Deshalb wissen wir auch, dass Erfolg nur möglich ist, wenn jeder für jeden da ist.“
Das sei allerdings auch schon zu Beginn der Saison so gewesen, als Sakai selbst nicht richtig in den Tritt kommen wollte. Die rechte Abwehrseite war mit dem formstarken Dennis Diekmeier zwar besetzt, aber auf der linken, seiner eigentlich favorisierten Seite, befand sich Matthias Ostrzolek in einem Leistungstief. Vor jeder Partie wieder fragten sich die Anhänger, warum HSV-Trainer Bruno Labbadia nicht endlich mal Sakai eine Chance gab. Gotoku habe derzeit kein Selbstvertrauen, begründete der Coach seine Entscheidung.
Und auch wenn der zweifache Familienvater diese Einschätzung so nicht ganz teilen will, hat er heute doch Verständnis für seinen damaligen Stammplatz auf der Bank. „Ich hatte einfach nicht gut trainiert und auch in den Freundschaftsspielen nicht überzeugt. Das lag aber weniger am Selbstvertrauen als am mangelnden Druck, der mich in Pflichtspielen pusht. Zudem benötige ich Spielpraxis, dann werde ich besser und besser.“
Vor dreieinhalb Jahren, als Sakai beim VfB Stuttgart das erste Mal Bekanntschaft mit der Bundesliga nahm, kam er wesentlich schneller ins Rollen. Nach nur zehn Spielen hatte „Go“ derart überzeugt, dass er schon mit Philipp Lahm verglichen und ihm nahegelegt wurde, nicht vorschnell sein erstes Länderspiel für Japan zu machen, sondern in Anbetracht seiner deutschen Mutter Angelika auf die Chance bei Joachim Löw zu warten. 25 Länderspiele später für die Heimat seines japanischen Vaters stellt sich diese Frage nicht mehr. Doch auch in Stuttgart lief es nur so lange gut für Sakai, wie der Zusammenhalt stimmte – und das sei zum Ende der vergangenen Saison nicht mehr der Fall gewesen.
Jetzt zeigt Sakai beim HSV so langsam, warum ihn Labbadia unbedingt verpflichten wollte. Beim 1:1 gegen Wolfsburg überzeugte der beidfüßige Außenverteidiger vor allem defensiv, klaute viele Bälle, war spritzig. Beim letzten Spiel des Jahres am Sonnabend gegen den FC Augsburg (15.30 Uhr) will sich Sakai auch vermehrt der Offensive widmen, sofern er seinen Platz im Team behält.
Besonders an seinen Flanken will Sakai in den nächsten Wochen arbeiten
Denn bei seinem Ex-Club in Stuttgart adelten sie ihn vor allem aufgrund seiner enorm angeschnittenen Flanken. „Mit dem ruhenden Ball klappt das auch ganz gut, doch ich trainiere jeden Tag, auch aus vollem Lauf zu flanken. Das muss noch besser werden“, gesteht der 24-Jährige, der in seiner Jugend ein reiner Rechtsfuß war, bis er den linken so lange trainiert hatte, dass er in Stuttgart die Ecken von beiden Seiten schoss – jeweils mit dem Fuß, der dem Tor abgewandt war.
Der erste Mann für die ruhenden Bälle ist Sakai in Hamburg noch nicht, aber er wird wichtiger im Mannschaftsgefüge. Nach der Winterpause werden die Karten in der Vorbereitung neu gemischt, dann will er von vornherein zur ersten Elf gehören. Und vor allem dem Team helfen, dort hinzukommen, wo der HSV seiner Meinung nach hingehört. „Wir könnten schon ein paar Punkte mehr haben. Doch wir hatten kein Pech, waren selbst schuld, dass wir einige Punkte haben liegen lassen. Es ist einfach eine Frage der Qualität.“
Und wie gut der HSV spielen könne, habe man ja teilweise gezeigt. „Ich glaube schon, dass wir diese Qualität in Zukunft öfter abrufen können“, prognostiziert Sakai, und wird plötzlich ein wenig nervös. Der Grund: Seine Mannschaftskollegen drängen ihn schon, sie zum „Hamburger Weg Weihnachtstag“ im Stadion zu begleiten, wo die Profis Autogramme schreiben sollen. Aber Sakai wartet höflich bis zur letzten Frage und verabschiedet sich erst dann – mit einer angedeuteten Verbeugung.
Abwehrspieler Johan Djourou soll nach seiner Grippe am Mittwoch wieder Teile des Mannschaftstrainings (10 Uhr) absolvieren, sein Einsatz gegen Augsburg ist jedoch fraglich. Konkurrent Cléber brach die Einheit am Dienstag erneut wegen Knieproblemen ab, Labbadia will „von Tag zu Tag schauen“.