Gregoritsch und Schipplock kosten fünf Millionen Euro
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Harsewinkel. Als Teil eines Dreieckdeals verpflichtet der HSV neben Bochums Michael Gregoritsch auch Hoffenheims Sven Schipplock. Knäbel scherzt.
Nach dem Vormittagstraining auf dem Platz des Hotels Klosterpforten mussten die HSV-Profis noch eine Extraschicht absolvieren: Autogramme schreiben. Vier Anhänger des Fanclubs „Der Norden hebt ab“ hatten ein fünf mal fünf Meter großes HSV-Transparent ausgebreitet, auf dem jeder HSV-Profi unterschreiben sollte. Sogar Ordner Hansi musste sich auf der überdimensionalen Raute mit seinem Namen verewigen. Nur eine Unterschrift, auf die ganz Hamburg seit Wochen zu warten schien, fehlte: die des Michael Gregoritsch.
Knapp fünf Stunden später unterschrieb der Österreicher dann doch, sogar ganz offiziell für insgesamt vier Jahre. Nachdem sich der VfL Bochum und der HSV in der Nacht auf einen Wechsel verständigt hatten, setzte sich der 21 Jahre alte Stürmer am Donnerstagmorgen ins Auto und fuhr mit seinem Hamburger Berater Thies Bliemeister ins Trainingsquartier des HSV.
„In den vergangenen fünf Wochen dachte ich schon sechs- bis siebenmal, dass der Wechsel über die Bühne geht. Nun bin ich einfach nur happy, dass es geklappt hat“, sagte Gregoritsch genau in dem Moment, als plötzlich eine ganz andere Nachricht für Aufregung sorgte: Auch Hoffenheims Sven Schipplock, 26, wird die HSV-Offensive verstärken.
Der Stürmer, der an diesem Freitag einen Vertrag bis 2018 unterschreiben soll, ist Teil eines Dreieckdeals, den es in dieser Form noch nicht gegeben hat. „So eine Dreierkonstellation ist schon komplexer als sonst“, gab Sportchef Peter Knäbel später zu, als er auch das letzte Problem des Tages gelöst hatte: Papierstau im Faxgerät.
So kommen die fünf Millionen zustande
Doch der Reihe nach: Selten hatte sich ein Transfer derart lange hingezogen wie der von Gregoritsch. So hatte der VfL Bochum erst im April für 500.000 Euro 100 Prozent der Transferrechte von 1899 Hoffenheim erworben, hatte sich aber darauf eingelassen, bei einem Weiterverkauf 50 Prozent der Transfersumme oberhalb der ersten 500.000 Euro an Hoffenheim abzugeben. Bei dem kolportierten Kaufpreis von drei Millionen Euro würde Bochum also 1,75 Millionen Euro erhalten, Hoffenheim 1,25 Millionen Euro. Klingt kompliziert? War kompliziert – vor allem deshalb, weil am Ende eben auch der Transfer Schipplocks als Teil dieses Dreieckdeals, der am Ende ein Gesamtvolumen von fünf Millionen Euro hatte, verrechnet wurde. „Wir haben aber keinen Mengenrabatt bekommen“, scherzte Knäbel, als ihm am Ende eines langen Tages wieder zum Lachen zumute war.
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Durchbruch in der Nacht zum Donnerstag
Mehr als einen Monat lang hatte der HSV-Manager zuvor mit Hoffenheims Sportchef Alexander Rosen und vor allem Bochums Sportdirektor Christian Hochstätter verhandelt, der den Deal am vergangenen Sonntag sogar als geplatzt bezeichnet hatte. Dabei war Knäbel bereits vor zwei Wochen spontan mit dem Auto erst nach Bochum, dann nach Hoffenheim gefahren. Doch den Durchbruch der Doppel-Verhandlungen gab es erst in der Nacht auf Donnerstag.
Für Gregoritsch ist der Wechsel zum HSV eine Rückkehr nach Hamburg. In der Saison 2013/14 spielte der 1,93 Meter große Schlacks bereits für den FC St. Pauli, der damals eine Kaufoption über 500.000 Euro verstreichen ließ. „Ich hätte ihn sehr gern behalten, aber leider hatten wir in der sportlichen Führung über diese Personalie unterschiedliche Auffassungen“, sagt Düsseldorfs Manager Rashid Azzouzi, der damals noch Sportchef des FC St. Pauli war. Azzouzi wollte Gregoritsch, Trainer Roland Vrabec wollte ihn nicht. Das Ende der Geschichte ist bekannt: Gregoritsch musste zurück nach Hoffenheim, machte dann in Bochum Karriere. Und Vrabec wurde vier Spieltage später wegen Erfolglosigkeit entlassen.
Azzouzi glaubt an Gregoritsch
„Im Nachhinein ist man immer schlauer“, sagt Azzouzi heute. „Ich bin mir aber sicher, dass sich Michael unter Bruno Labbadia super weiterentwickeln wird. Michael ist reif genug für den Schritt in die Bundesliga. Er hat einen unglaublich guten linken Fuß, ist auch sonst technisch sehr stark.“ Seine Schwächen? „Nur an seinem Kopfballspiel muss er noch ein wenig arbeiten.“
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Gesagt, getan. Direkt nach Medizincheck und Vertragsunterschrift trainierte Gregoritsch erstmals mit seinen neuen Kollegen beim öffentlichen Training am späten Nachmittag. „Das ist schon ein Wahnsinnsgefühl, nach all dem Hin und Her direkt ins kalte Wasser geworfen zu werden“, sagte der Neuzugang, als er seine erste Einheit im HSV-Trikot überstanden hatte. Ob sich schon ein paar frühere St.-Pauli-Kumpel bei ihm gemeldet hätten? „Vom falschen Verein?“, witzelte Gregoritsch. „Die Nummern habe ich alle geblockt.“ Ganz im Ernst verriet der Österreicher, der beim Relegationshinspiel des HSV gegen Karlsruhe im Stadion die Daumen gedrückt hatte, dass er unbedingt zurück nach Hamburg wollte: „Ich wäre schon ziemlich am Boden gewesen, wenn es nicht geklappt hätte. Mir war klar: HSV oder nichts.“
Rudnevs und Zoua sollen noch vor Saisonbeginn weg
Bei seinem zweiten Training an diesem Freitagvormittag könnte bereits Sven Schipplock, 27, dazustoßen. Der Angreifer soll am letzten Tag des HSV-Trainingslagers aus Hoffenheims Camp in Norwegen eingeflogen werden, seinen Medizincheck absolvieren und schon am Abend im Testspiel gegen Hessen Kassel (18.30 Uhr) dabei sein. Was Schipplock denn auszeichnen würde? „Tiefe, Geschwindigkeit und ein hervorragendes Anlaufverhalten“, antwortete Sportchef Knäbel, der sich nach gesprächsintensiven Tagen darüber freuen durfte, dass sein Kader nun im Großen und Ganzen beisammen ist: „Mit dem Großteil sind wir jetzt durch, auch wenn wir Augen und Ohren natürlich offen halten.“
Der HSV-Kader in der Saison 2015/16
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Letzteres gilt für mögliche Interessenten an den Angreifern Jacques Zoua und Artjoms Rudnevs. „Natürlich entsteht für die beiden nun eine größere Konkurrenzsituation“, sagte Knäbel, der sich den angedachten Transfer von Braunschweigs dänischem Stürmer Emil Berggreen nur dann vorstellen könnte, wenn zuvor Spieler abgegeben werden. „Wir müssten nur noch sicherstellen“, so Knäbel, „dass dann auch genügend Papier im Faxgerät steckt.“
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