Es gibt viel zu tun bis zum Schließen der Transferliste am 31. August – um dem HSV und den Fans eine neue Zitter-Saison zu ersparen.

Die Stimmung beim HSV ist gut. Oder sogar bestens. Das berichten in diesen Tagen unisono alle Spieler. Immer wieder. Es mag vielleicht auch daran liegen, dass sich die Mannschaft als Relegations-Meister einen kleinen Hauch von Euphorie bewahrt hat. Angeblich ist die Truppe nun auch auf einem guten Weg, eine schlagkräftige Einheit zu werden.

Enger zusammengerückt seien sie aber schon alle, so ist aktuell zu vernehmen. Das klingt alles erfreulich und optimistisch. Nur Trainer Bruno Labbadia tritt immer wieder auf die Bremse. Er hält den Ball flach, wenn er zum Beispiel sagt: „Wir sind noch lange, lange nicht so weit.“ Oder: „Unsere Vorbereitungsphase wird noch drei, vier Wochen in die neue Saison hinein dauern.“ Und: „Wir müssen uns im Klaren sein, dass wir uns in Geduld üben – ein, zwei oder drei Transferperioden werden nicht ausreichen, um alles wettzumachen . . .“

Wettzumachen? Was in den Jahren zuvor alles falsch gelaufen ist? Darauf läuft es irgendwie hinaus.

Über die finanzielle Lage des Clubs ist seit geraumer Zeit alles gesagt worden, und eine Besserung ist nicht in Sicht. Und auch personell lief in der Mehrheit vieles schief. Dramatisch schief sogar.

Denn wenn auch HSV-AG-Chef Dietmar Beiersdorfer zuletzt häufig gemahnt hatte, dass die HSV-Kritiker berücksichtigen müssten, „woher der HSV gekommen sei“, so standen im Sommer 2014 immerhin 35 Millionen Euro für neue Spieler zur Verfügung. Von einer solchen Traumsumme träumen kleinere und konkurrierende Bundesliga-Vereine, für die es auch nur gegen den Abstieg geht.

In diesem Jahr aber kann im Volkspark nicht mehr annähernd so viel Geld ausgegeben werden wie noch vor einem Jahr. Auch deswegen bremst Labbadia. Dabei müsste der HSV noch tätig werden. Im Spiel nach vorne, das offenbarte zuletzt der Test gegen Zweitliga-Aufsteiger Bielefeld (0:2) schmerzvoll, hapert es nach wie vor gewaltig. Eine Chance für die Stürmer-Neuzugänge Schipplock und Gregoritsch, die aber erst noch beweisen müssen, was wirklich in ihnen steckt. Die fetten Jahre sind beim HSV jedenfalls schon lange vorbei. Kontinuität im Club ist seit Jahrzehnten ein Fremdwort – auf allen Ebenen. Was waren das für Zeiten, als der HSV noch zur Elite Europas gehörte? Ein kurzer Rückblick auf den ersten Spieltag der Bundesliga 1982/83. Für den HSV liefen am 21. August 1982 beim 2:2 in Nürnberg auf: Stein, Kaltz, Hieronymus, Jakobs, Wehmeyer; Rolff, Hansen, Hartwig, Magath; Hrubesch Bastrup. Eingewechselt Groh und Milewski.

Dann zum 34. und letzten Spieltag. Für den HSV liefen auf: Stein, Kaltz, Hieronymus, Jakobs, Wehmeyer; Groh, Rolff, Hartwig, Magath; Hrubesch, Milewski. Eingewechselt von Heesen und Hansen. Es gab am 4. Juni 1983 einen 2:1-Sieg auf Schalke – und zugleich die letzte Deutsche Meisterschaft für die Rothosen.

Zwischen beiden Spielen liegt eine Saison – und dennoch sind die beiden Aufstellungen fast identisch. Die Mannschaft bestand quasi aus 14 Spielern. Kaum Sperren, kaum Verletzte. Da waren echte Kerle am Werk, Männer wie Bäume – hundertprozentige Profis.

Zurück zur heutigen HSV-Mannschaft. Vorne fehlt die Qualität, und dann gesellt sich ein neueres Manko hinzu: Wie fast immer in der jüngeren Vergangenheit haben mit Rene Adler, Jaroslav Drobny, Gojko Kacar, Ivo Ilicevic, zeitweise auch Ivica Olic, Petr Jiracek, Artjoms Rudnevs Teile der Saisonvorbereitung verpasst, weil sie angeschlagen Zwangspausen einlegen mussten. Zudem fehlten die Nationalspieler Marcelo Diaz und Kerem Demirbay, die ihren Urlaub erst später antreten konnten, und auch die Zugänge Batuhan Altintas, Albin Ekdal, Michael Gregoritsch und Sven Schipplock konnten sich auf die Schnelle noch nicht mit den Kollegen einspielen.

Nein, es gibt noch viel zu tun. Eindeutig wird der HSV noch bis zum Schluss der Transferliste am 31. August personell nachlegen müssen, um sich und seinem Anhang eine erneute Zitter-Saison zu ersparen – trotz der schon so großartigen Stimmung innerhalb des Teams.