Hamburg . Die früheren HSV-Profis sprechen über Malente, Kapitän van der Vaart, den Charakter des Teams und Vorstandsboss Beiersdorfer.
Der eine, Horst Schnoor, gilt nicht nur wegen der Deutschen Meisterschaft 1960 als Hamburger Legende. Der andere, Stefan Schnoor, hat sich durch nimmermüden Einsatz in roten Hosen ins kollektive HSV-Gedächtnis eingebrannt.
Gemein ist den ehemaligen HSV-Größen Schnoor & Schnoor nicht nur der Nachname, sondern auch die Art, Probleme des Bundesliga-Dinos schonungslos anzusprechen. Dass es davon zur Genüge gibt, wird nicht nur durch den drohenden ersten Abstieg aus der Fußball-Bundesliga offenbar.
In einer Extra-Sendung für den HSV-Blog "Matz ab" sprachen Stefan Schnoor und Horst Schnoor in der Imtech Arena vier Tage vor dem entscheidenden Duell gegen Schalke 04 mit den Abendblatt-Experten Dieter Matz und Marcus Scholz über die Situation beim HSV.
Das sagen Schnoor & Schnoor zu Malente
Stefan Schnoor zeigt für das anstehende Kurztrainingslager des HSV in Malente kein Verständnis. "Das ist scheiße und das größte Alibi", sagte der 44-Jährige. "Wollen die noch irgendwas Geheimnisvolles einstudieren? Schalke hat den HSV so oft beobachtet. So etwas verstehe ich nicht", so Schnoor weiter.
Auch Ex-HSV-Keeper Horst Schnoor glaubt nicht an einen positiven Effekt des Kurztrips nach Schleswig-Holstein - im Gegenteil. "Die werden geschockt sein. Malente ist wie eine Jugendherberge, nichts mit Luxus. Die fahren für zwei Tage da hin. Was soll das denn bringen?", sagte Schnoor.
Das sagt Stefan Schnoor zu van der Vaart
Für Stefan Schnoor bedeutet das gelb-bedingte Fehlen Rafael van der Vaarts keine Schwächung für den HSV im Spiel gegen Schalke. "Ich glaube, er hat sich die Karte absichtlich abgeholt, um nicht dabei sein zu müssen", sagte der ehemalige HSV-Profi. "Das ist kein Verhalten eines Kapitäns, es ist eines Kapitäns nicht würdig", sagte Schnoor in Richtung van der Vaarts.
Making of von „Matz ab“ Spezial
Das sagen Schnoor & Schnoor zum Charakter des HSV
Stefan Schnoor attestiert der aktuellen HSV-Mannschaft ein Mentalitätsproblem, auch eine Hierarchie sei nicht zu erkennen. Die Probleme fingen bereits in der Führungsebene an, etwa bei Transfers wie dem des Mainzers Nicolai Müller. "Die Offiziellen müssen sich fragen, wie verpflichtet wurde", sagte Schnoor. Schließlich sei das Umfeld in Hamburg ein weitaus komplexeres als in Mainz. Deshalb müsse der HSV Neuzugängen aus kleineren Vereinen auch Hilfestellung leisten. "Es ist immer ein Problem, wenn du in so einen Haufen kommst wie in Hamburg", sagte der ehemalige Verteidiger.
"Es fehlt einer wie Stefan Schnoor, der auch mal Tacheles gesprochen hat", findet Horst Schnoor, der auch mangelnde Verbundenheit mit dem Vereinsstandort als mögliche Wurzel des Übels ausmacht: "Früher waren es alles Hamburger, es gab nur einen Ausländer aus Buxtehude, Jürgen Kurbjuhn." Auch Horst Schnoor stellte schließlich fest: "Wir sind keine Mannschaft, wir haben zwar Namen, aber keine Truppe, keine Einheit."
Das sagen Schnoor & Schnoor zu Führungsspielern
Sowohl Horst als auch Stefan Schnoor vermissen beim HSV Führungspersönlichkeiten, die vorangehen. "Ich glaube, viele kommen mit dem Druck nicht klar", meint Stefan Schnoor. Im Gegensatz zu früher hätten die Spieler heutzutage kaum noch Ventile, über die sie unbemerkt Dampf ablassen könnten, ohne medial beachtet zu werden. Aktuell würde Schnoor am ehesten noch René Adler eine Führungsrolle zutrauen, habe es als Torhüter aber schwer. "Rajkovic könnte es eventuell, ist aber vorgeschädigt, Heiko Westermann macht leider auch ab und zu einen Fehler." Generell habe auch das Management den Fehler begangen, unbequemere Profis auszusortieren.
Nach Ansicht Horst Schnoors liege auch vieles am Trainer. Der HSV habe in jüngster Vergangenheit zwar die unterschiedlichsten Typen in der Verantwortung gehabt, aber es sei nie einer dabei gewesen wie die früheren Trainer Ernst Happel oder Branco Zebec. "Happel würde sogar diese Truppe hier zum Laufen bringen", sagte Horst Schnoor, der für seine These auch eine Anekdote als Argument heranzog. Als Günter Netzer Manager war, seien die damaligen Spieler Dieter Schatzschneider und Wolfram Wuttke einmal aneinandergeraten. Da habe Happel Netzer aufgefordert: "Blondie (Günter Netzer, Anm d. Red.), schaff' mir die Chaoten vom Hals! Nach vier Wochen waren die weg."
Das sagen Schnoor & Schnoor zu Beiersdorfer
Auch die Frage, ob für Dietmar Beiersdorfer der Posten des Vorstandsvorsitzenden der richtige sei, antwortete Horst Schnoor: "Als Sportchef schätze ich ihn ganz hoch ein, das andere kann ich nicht beurteilen." Er habe bei Amtsantritt eine schwierige Situation vorgefunden, "da war nicht so viel Gutes auf dem Markt".
Stefan Schnoor sagte zur Personalie Beiersdorfer: "Es war für mich von jeher der perfekte Sportchef, aber kein Vorstandsvorsitzender."
Das sagt Stefan Schnoor zum Gegner Schalke
Auch an der Außendarstellung des kommenden Gegners lässt Schnoor kein gutes Haar. "Für mich ist Schalke angeschlagen, eine Mannschaft mit einem ganz, ganz miesen Charakter", sagte der 44-Jährige. "Da sind viele Spieler dabei, die dir als Trainer gefährlich werden können." Letztlich könnte dem HSV die Unruhe bei Schalke ebenso in die Karten spielen wie der Umstand, dass die Abstiegskonkurrenten Hannover und Freiburg sowie Paderborn und Stuttgart in direkten Duellen aufeinandertreffen. "Aber ganz entscheidend ist, dass sie Schalke schlagen, sonst müssen sie gar nicht erst auf die anderen Plätze schauen", räumte Schnoor dennoch ein. (jd)
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