Hamburg . Nach seiner schweren Knieverletzung ist der talentierte HSV-Stürmer Maxi Beister noch immer auf der Suche nach alter Form.
Es läuft. Maximilian Beister ist erfolgreich. Seine Nachhilfeschule „Immerschlau“ ist gefragt, macht Schüler besser. Sein patentiertes Fast-Food-Behältnis SnaxCup steht vor dem großen Durchbruch. Essen und Trinken ohne Kleckern, tolle Idee. Lauter Gründe, um zufrieden in den Frühling zu blicken. Eigentlich. Doch da ist ja noch der Fußball. Sein Kerngeschäft.
Und da läuft es eben nicht so gut.
Am vergangenen Sonntag stand der Angreifer wieder 90 Minuten auf dem Platz. Siegte mit dem HSV gegen die Freien Turner Braunschweig mit 2:0. In der Regionalliga Nord. Einen Tag, nachdem die erste Mannschaft den umjubelten 3:2-Sieg gegen den FC Augsburg geschafft hatte. In der Bundesliga und ohne Maximilian Beister. Schon wieder.
Am 11. Januar 2015 war er im Trainingslager in Dubai voll in das Mannschaftstraining bei den Profis eingestiegen. Fast ein Jahr nach dem Totalschaden im Knie, den er im Januar 2014 in einem bedeutungslosen Trainingsspiel gegen Vitesse Arnheim erlitten hatte: Riss des Außenmeniskus, Riss des Innenmeniskus, Riss des Kreuzbandes, Schädigung des Knorpels. Vor nicht allzulanger Zeit hätte solch eine Diagnose das sichere Karriereende bedeutet. Heute kann man durch die Kunst der Chirurgen und Physiotherapeuten ein Comeback versuchen. Ohne Gewähr. Es gibt Sportmediziner, die es für ausgeschlossen halten, dass der Betroffene jemals wieder seine volle Leistungsfähigkeit erreicht. „Ich habe nie den Glauben daran verloren, wieder zurückzukommen“, sagte jedoch der 24-Jährige im Winter.
Bis dahin war er durch die quälende Zeit der Rehabilitation gegangen. Fahrrad-Ergometer ohne Ende, schmerzhafte Übungen, Belastung, Entlastung. Erste Laufversuche. Dann noch ein schwerer Rückschlag im Herbst, als eine erneute OP am Meniskus nötig wurde. Furchtbar. Ein harter Weg. Um so euphorischer war Beister, als er am 15. Januar in Al Ain beim 3:2-Testspielsieg gegen Eintracht Frankfurt seine Rückkehr in die HSV-Mannschaft feierte. Und vor den Augen seiner Eltern gleich ein Tor schoss. „Einfach nur glücklich!“ postete er anschließend bei Facebook. Und der HSV dachte, wieder eine gefährliche Option für sein lahmes Angriffsspiel zu bekommen. „Er hat schon einen guten Zug in seinen Aktionen“, erklärte damals Trainer Joe Zinnbauer.
Seitdem hat Beister in der Bundesliga in vier Spielen 68 Minuten auf dem Platz gestanden, eine Zweikampfquote von 40 Prozent erzielt bei 17 Ballkontakten und einem Torschuss.
Berufliche Alternativen geschaffen
Rodolfo Cardoso klingt ein wenig genervt. „Alle fragen immer nach Maxi. Maxi gehört zum Team. Wir wollen zusammen aufsteigen“, sagt der Trainer der U-23-Regionalligamannschaft des HSV. Seit Bruno Labbadia die Profis übernommen hat. war Beister nicht mehr im Bundesliga-Kader. Er trainiert dort zwar täglich mit, doch angeblich reicht es noch nicht. „Maxi selbst weiß auch, dass ihm noch Praxis fehlt“, sagte Labbadia, „es ist ein Stück weit versäumt worden, ihm diese zu verschaffen.“ Das ist ein deutlicher Vorwurf an Zinnbauer und Sportchef/Interimstrainer Peter Knäbel.
HSV besiegt den FC Augsburg
Es war schließlich ein stetes Hin und Her seit Jahresbeginn und kein planvoller Aufbau. Spiel gegen Köln, aus dem Kader gestrichen, auf der Bank gesessen, Regionalliga, Bank, Spiel Frankfurt, Bank, krank, Spiel Hertha, Regionalliga, Spiel Wolfsburg. Eine Linie ist da nicht zu erkennen. Der Frust bei Beister wuchs augenscheinlich. Die Körpersprache im Training verriet zuletzt wenig Motivation. Aber Beister schwieg. Anders als Berater Carsten Kühn, der via „Bild“-Zeitung rhetorisch fragte: „Worauf wird gewartet? Maxi ist fit und steht bereit.“
„Ordentliche“ Leistung in der Zweiten
Das sieht man beim HSV anders. „Spielpraxis bedeutet, 90 Minuten matchfit zu sein. Man muss sich hundertprozentig gegen Gegenspieler einbringen, auch körperlich in den Zweikämpfen. Mit voller Power“, erklärt Cardoso. „Das ist etwas anderes als im Training.“ Ob es gelingt, wird die Zukunft zeigen. Als „ordentlich“ wurde seine Leistung letzten Sonntag von Beobachtern der zweiten Mannschaft beschrieben, aber „die letzte Entschlossenheit scheint ihm zu fehlen“. Cardoso drückte es so aus: „Maxi ist auf einem guten Weg. Ich denke allerdings, er kann noch etwas mehr geben.“
Der Weg zurück zu früherer Stärke ist schwer und voller Rückschläge. Alle wollen den alten Beister wiedersehen, der vor seiner Verletzung in 16 Spielen fünf Tore schoss und sechs vorbereitete. Aber den kann es nicht mehr geben. Es hat sich viel geändert. Das Knie war kaputt und Maximilian Beister hat sich in seiner Reha-Zeit erfolgreich berufliche Alternativen aufgebaut.
Es läuft. Auf einem Bein kann man schließlich nicht stehen – und auf einem einmal schwer verletzten schon mal gar nicht.
Restprogramm des HSV: Mainz 05 (A), SC Freiburg (H), VfB Stuttgart (A), Schalke 04 (H).