Die Statistik spricht gegen den HSV – doch in Mönchengladbach will das Team von Trainer Mirko Slomka die Wende einleiten und so den drohenden Abstieg verhindern. Am Sonntag im Liveticker auf abendblatt.de.

Hamburg . Mut machen kann er wirklich. Angesprochen auf die schlechte Auswärtsbilanz drehte HSV-Trainer Mirko Slomka die Vorzeichen vor dem Gastauftritt bei Borussia Mönchengladbach am Sonntag (15.30 Uhr/Liveticker auf abendblatt.de) kurzerhand um. „Das Kartenkontingent haben wir voll ausgeschöpft, uns werden 5000 Fans nach Gladbach begleiten. Diese werden einen Lärm machen wie 15.000. Und ich bin mir sicher, dass dort im Umkreis viele weitere HSV-Fans leben, die sich auf anderen Wegen Tickets gesichert haben. Also haben wir eigentlich ein kleines Heimspiel“, sagte der Coach vor dem nächsten Abstiegsendspiel.

So kann man es natürlich auch betrachten. Mit Mönchengladbach, das außer Oscar Wendt alle Mann an Bord hat, wartet schließlich das zweitbeste Heimteam der Liga auf den HSV, der seit dem 10. Spieltag in Freiburg in der Fremde nicht mehr gewinnen konnte und auch ergebnisunabhängig in den letzten Gastspielen kaum einmal überzeugte. Sollte dennoch ein überraschender Sieg gelingen, würden die Hamburger zumindest Nürnberg oder Freiburg hinter sich lassen, da diese Teams im direkten Duell aufeinandertreffen. Wenn die Konkurrenten Unentschieden spielen, sogar beide. Im Falle einer Niederlage bei den „Fohlen“ sähe es jedoch ganz düster aus.

Nichtsdestotrotz gibt es kaum jemanden im Verein, der am Klassenerhalt zweifelt. Rückkehrer Hakan Calhanoglu, der nach seiner Gelb-Rot-Sperre wieder in der Anfangsformation stehen wird, glaubt an sich und seine Kollegen. „Wir wollen nicht auf Unentschieden spielen, sondern auf Sieg, schließlich hat Gladbach in den vergangenen Partien auch nicht überzeugt.“ Er selbst habe aus seinem Platzverweis gelernt, sei jetzt „klar im Kopf“ und sich sicher, dass er der Mannschaft etwas zurückgeben kann. Und Slomka verweist darauf, dass die Mannschaft „total intakt“ sei, ganz anders als damals in Hannover, als er ein am Boden liegendes Team übernommen hätte und die Klasse trotzdem halten konnte.

Ein Blick in die Statistiken der Vergangenheit gibt jedoch nur wenig Grund zur Hoffnung. Seit Einführung der Dreipunkteregel in der Saison 1995/96 gab es vier Mannschaften, die nach dem 27. Spieltag genau 24 Punkte auf ihrem Konto hatten, so wie der HSV jetzt. Drei sind am Ende abgestiegen, nur der FC Augsburg konnte sich im Sommer 2013 mit 33 Zählern auf Platz 15 retten. Noch mieser sieht es aus, wenn man davon ausgeht, dass der HSV seinen Punkteschnitt von 0,89 pro Partie nicht verbessern kann. Dann kämen die Hamburger gerade mal auf 30 Zähler – das hätte in den vergangenen 18 Jahren nie zum sicheren Klassenerhalt gereicht. Vielmehr waren durchschnittlich 34 Punkte nötig, um am Ende über dem Strich zu bleiben.

Hoffnung macht die Tatsache, dass die Hälfte der Clubs, die sich seit der Dreipunkteregel am 27. Spieltag auf Platz 16 befanden, so wie der HSV heute, zum Abschluss der Spielzeit besser dastanden. Der Bundesliga-Dino kann sich sogar ein Beispiel an sich selbst nehmen, denn vor zwei Jahren standen die Hamburger zur gleichen Zeit ebenfalls auf dem drittletzten Rang, allerdings mit drei Punkten mehr. Am Ende reichte es immerhin zu Platz 15.

Das ist jetzt auch Slomkas erklärtes Ziel, der bei den Borussen jedoch erneut umbauen muss. Milan Badelj fehlt gelbgesperrt, wer ihn ersetzt, wollte der HSV-Coach noch nicht verraten. Zwischen den Zeilen ließ Slomka jedoch durchblicken, dass er von einer Doppelspitze wie gegen Freiburg absieht. Wahrscheinlich ist die Rückkehr zu zwei Viererketten, in der der defensiv stärkere Tomas Rincon den Vorzug vor Robert Tesche als Badelj-Ersatz erhält. Davor sollen Rafael van der Vaart als hängende Spitze und Pierre-Michel Lasogga Akzente setzen. „In diesem Spiel ist in erster Linie die Defensive gefragt, da die Gladbacher mit ihren vier Offensivspielern eine enorme Qualität mitbringen“, erklärt Slomka, und hob die zuletzt gute Innenverteidigung um Michael Mancienne und Johan Djourou hervor: „Die beiden finden sich immer mehr, und auch ihre Zweikampf- und Passwerte sind hervorragend.“ Der Fußballlehrer warnte davor, zu passiv aufzutreten. „Selbst voll auf Angriff zu spielen, kann zwar sehr gefährlich werden. Dennoch müssen wir frech agieren und Ballbesitz wollen, um die Viererkette des Gegners zu beschäftigen.“ Das soll in erster Linie natürlich Lasogga mit einem ähnlichen Auftritt wie gegen Freiburg. „Pierre geht voran mit seiner Einstellung und stemmt sich gegen alles, was sich ihm und dem Verein in den Weg stellt“, lobte sein Coach den robusten Stoßstürmer.

Erst hinten dichtmachen, später vorne zuschlagen. Das könnte klappen. Denn kurioserweise konnte Gladbach in den vergangenen acht Spielen kein Tor nach der Pause erzielen, der HSV schoss die letzten sechs Tore alle in Hälfte zwei. Auch nur eine Statistik, aber eine mit gewisser Aussagekraft. Genauso wie die, auf die sich der HSV stützen kann, wenn es bis zum Ende der Saison ganz knapp bleibt: Der Erstligist konnte sich in der Relegation bisher doppelt so oft durchsetzen (zehnmal) wie der potenzielle Aufsteiger.