Heimat hat viele Namen
In der Parkanlage vor dem Dammtor-Bahnhof, der Moorweide, konnten Hamburger zum ersten Mal Fußballspiele sehen. Die englischen Kaufleute, die um 1880 auf der Wiese vor dem heutigen Grand Elysee Hotel ihrem Nationalsport nachgingen, blieben allerdings weitgehend unbeobachtet. Doch nur ein paar Hundert Meter entfernt findet der Hamburger Fußball 1911 für mehr als ein halbes Jahrhundert im Rothenbaum-Stadion eine Heimat.
Bis die Bundesliga kommt und Forderungen stellt – eine Mindestkapazität von 35.000 Zuschauern zum Beispiel und Flutlicht. Da kann der Rothenbaum nicht mithalten. Der HSV zieht um ins städtische Volksparkstadion, wo er ab 1963 seine Spiele austrägt. So richtig toll finden die Hamburger das zunächst nicht, ihr Stadion mitten in der Stadt gegen eins „auf dem Land“ einzutauschen. Im Lauf der Jahre wächst die „Betonschüssel“ den Hamburgern aber doch ans Herz.
Im Vorfeld der WM-Bewerbung im eigenen Land kauft der HSV 1998 das Gelände von der Stadt – für den symbolischen Preis von 1 DM und unter der Verpflichtung, das alte Stadion abzureißen und auf eigene Kosten ein neues zu bauen, mit dem sich Hamburg für die WM bewerben kann.
Trotzdem steuert der Stadtstaat 21,3 Millionen DM für die Trutzburg mit den mächtigen Pylonen bei. Man verabschiedet sich vom weiten Rund, der Rasen wird um 90 Grad gedreht, die HSV-Fans ziehen um auf die Nordtribüne. Und 2001 verliert das Volksparkstadion schließlich seinen Namen.
Die Fans sind entrüstet, das Abendblatt titelt: „Verkauft Hamburg seine Fußball-Seele?“ Aus dem „Jurassic Park“, dem Stadion der Liga-Dinos, wird fortan eine Markennamen-Arena. Der HSV wird Vorreiter einer Entwicklung, die nicht mehr aufzuhalten ist: Bis 2007 darf AOL seinen Namen anbringen, ins Sommermärchen geht es als „FIFA WM-Stadion Hamburg“ ein. Dann darf die HSH Nordbank ran. Zum ersten Mal überhaupt wechselt der Sponsorenname eines Bundesliga-Stadions. Und er bleibt nicht der letzte: 2010 erreicht die Finanzkrise auch den HSV-Sponsor. Die Namensrechte werden weitergegeben an Imtech, vorerst für sechs Jahre. Für echte HSV-Fans aber wird der Namenswechsler immer ihr Volkspark bleiben.