Auch beim 12:0-Sieg in Schwarzenbek wurde Rückkehrer Rafael van der Vaart gefeiert. Dabei bergen Rückholaktionen von Ex-Stars große Risiken.
Hamburg/Schwarzenbek. Es dauerte 385 Sekunden, bis Rafael van der Vaart gestern Abend beweisen konnte, dass er nichts verlernt hat. Heung Min Son passte scharf von der rechten Seite in den Strafraum, van der Vaart zögerte nicht lange und schob den Ball aus sieben Metern mit links ins leere Tor. Und obwohl es lediglich das zwischenzeitliche 3:0 im Testspiel gegen den SC Schwarzenbek (Endstand 12:0) war, kannte der Jubel auf den Rängen keine Grenzen. Der Grund: Es war das erste HSV-Tor des "verlorenen Sohns". "Jetzt kann es so richtig losgehen", sagte van der Vaart, als er nach einer Stunde den Platz verließ.
Auch vier Tage nach der Vertragsunterzeichnung van der Vaarts beim HSV will die Welle der Euphorie um den Rückkehrer nicht abreißen. Das Testspiel des HSV in Schwarzenbek, bei dem der Niederländer sogar als Kapitän auflief, war bereits seit Tagen ausverkauft, und auch für das Freundschaftsspiel gegen den TSV Niendorf am Freitag gibt es lediglich noch Restkarten. "Rafael bringt uns positive Energie", lobt Trainer Thorsten Fink, "er kennt die Stadt und die Stadt kennt ihn."
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Sehr vertraut ist dieses Gefühl auch für Jörg Albertz, der 2001 nach fünf Jahren bei den Glasgow Rangers ebenfalls ein zweites Mal als HSV-Hoffnungsträger verpflichtet wurde. "Ich habe mich auf zu Hause gefreut", sagt Albertz, der zwischen 1993 und 1996 beim HSV spielte, ehe er von 2001 bis Januar 2003 versuchte, an alte Erfolge anzuknüpfen. "Die Erwartungshaltung bei Rückkehrern ist größer", sagt der heute 41-Jährige, "man setzt sich unter Druck, will den Leuten zeigen, dass man noch so gut ist wie früher."
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Im Fall von Albertz wurde die von den Fans zunächst gefeierte Rückholaktion zum millionenschweren Reinfall. Der HSV zahlte fünf Millionen Euro für den Publikumsliebling, ließ ihn aber nur anderthalb Jahre später nach 28 eher enttäuschenden Einsätzen ablösefrei nach China zu Shanghai Shenhua ziehen. "Auch wegen mehrerer Verletzungen konnte ich die Erwartungen der Fans leider nicht mehr erfüllen", sagt Albertz, der hofft, dass es bei van der Vaart anders läuft: "Wichtig ist, dass alle beim HSV wissen, dass er alleine den Karren nicht aus dem Dreck ziehen kann. Er muss Teil einer funktionierenden Mannschaft sein."
+++ Der Van-der-Vaart-Transfer rechnet sich +++
Genau das dürfte auch das Hauptproblem bei der Rückkehr Lukas Podolskis vom FC Bayern zum 1. FC Köln 2009 gewesen sein, die sehr viele Parallelen zu van der Vaarts Comeback beim HSV aufwies. So musste auch der FC damals an seine finanziellen Grenzen - und weit darüber hinaus - gehen, um den Kauf des Publikumslieblings möglich zu machen. Und genau wie beim HSV, der van der Vaarts Transfer nur durch ein Millionendarlehen von Milliardär Klaus-Michael Kühne stemmen konnte, waren auch die Kölner auf externe Finanziers angewiesen. Neben der Solar-World AG sprang Millionär Franz-Josef Wenze, der auch Anteile an Pedro Geromel (ausgeliehen an Mallorca) und Slawomir Peszko (ausgeliehen an Wolverhampton) hält, dem Traditionsklub finanziell zur Seite. Letztendlich hatte sich der FC mit der Rückkehr Podolskis finanziell übernommen. Die Folge war der Abstieg in die Zweite Liga, der Verkauf des Nationalspielers an Arsenal und ein finanzieller Totalschaden.
Trotz der Negativbeispiele will sich einer die Freude über van der Vaarts Rückkehr partout nicht nehmen lassen. "Ich bin ein echter Fan", sagt Albertz, "man muss van der Vaart unterstützen. Dann wird sein Comeback ein Erfolg."
Tore: 1:0 Jansen (4.), 2:0 Diekmeier (6.), 3:0 van der Vaart (7.), 4:0 Lam (17.), 5:0 Diekmeier (26.), 6:0, 7:0, 9:0, 10:0 Son (44./45./54./ 57.), 8:0 Tesche (51.), 11:0 Brügmann (74.), 12:0 Arslan (83.).