Armin Veh wird neuer Trainer beim Hamburger SV, Bastian Reinhardt Sportchef im Vorstand. Paolo Guerrero hat seinen Vertrag verlängert.

Hamburg. Nach dem gescheiterten Experiment mit Bruno Labbadia soll der eloquente und erfahrene Armin Veh den ins Schlingern geratenen Hamburger SV in ruhige Fahrwasser führen. Der Bundesliga-Dino überraschte am späten Pfingstmontag mit der Verpflichtung des 49 Jahre alten Fußball-Lehrers und Ex-Profi Bastian Reinhardt als neuem Sportdirektor. Beide erhalten einen Zwei-Jahres- Vertrag und sollen endlich Ruhe in den Verein bringen, der nach dem verpassten Europa-League-Finale in seinem Stadion und nur Platz sieben in der Bundesliga Tendenzen zur Selbstzerfleischung gezeigt hat.

Veh hat den Fans des Hamburger SV für die neue Saison Angriffsfußball versprochen. „Der HSV hat ein enormes offensives Potenzial, das genutzt werden muss“, sagte der neue Coach des Bundesliga-Siebten bei seiner Präsentation am Montag. Angst, frühzeitig wieder entlassen zu werden, hat Veh indes nicht. „Jeder Trainerjob ist heutzutage ein Schleudersitz“, bekannte der Trainer, der trotz eines Zwei-Jahres-Vertrages bei vorzeitiger Trennung nach einem Jahr keine weiteren Kosten verursachen würde. Der 49-Jährige ist der achte Trainer in der siebenjährigen Amtszeit des Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann.

Zudem verkündeten die neuen Verantwortlichen eine Verlängerung des Kontraktes mit Paolo Guerrero. Der Peruaner bleibt dem HSV weitere vier Jahre erhalten. "Ich fühle mich wohl beim HSV, kenne den Trainer, da er mich damals nach Wolfsburg holen wollte. Wichtig für mich ist, dass der Trainer mir Vertrauen schenkt", sagte Guerrero.

Zudem wurde der mögliche Transfer des niederländischen Offensivspielers Ibrahim Afellay von der HSV-Spitze abgesegnet - perfekt ist die Verpflichtung damit zwar noch nicht, aber die finanzielle Machbarkeit des Neun-Millionen-Deals ist gegeben.

Ungewöhnlich zügig und lautlos einigten sich die Verantwortlichen auf Veh und Reinhardt. Der Aufsichtsrat entschied sich nach der Absage des Niederländers Nico Hoogma schnell für den 34 Jahre alten Innenverteidiger, der sich vor dem zwölfköpfigen Gremium gut präsentiert haben soll. Damit geht die elfmonatige Suche nach einem Nachfolger für Dietmar Beiersdorfer zu Ende, der wegen Differenzen mit dem Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann das Weite gesucht hatte.

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Nach fast einem Dutzend Kandidaten ist Reinhardt, der sich nach zwei Mittelfußbrüchen zuletzt als Praktikant in der Presseabteilung des Vereins weiterbildete und durchaus Kritik in seinen Internet-Blog veröffentlichte, eine absolute Verlegenheitslösung. Ein Gegengewicht zum zuletzt wegen seiner Allmacht kritisierten Hoffmann wird der Mecklenburger im vierköpfigen Vorstand nicht sein. Offiziell ist Reinhardt sogar dem im Sommer vom DFB kommenden Urs Siegenthaler vorgesetzt – intern soll er aber signalisiert haben, sich mit Schweizer Chefscout gut arrangieren zu können.

Reinhardt wollte nichts davon wissen, nach einem halben Dutzend Kandidaten in den elf Monaten seit dem Abschied von Dietmar Beiersdorfer eine Notlösung zu sein: „Es gab einen Topkandidaten, aber ich werde diesen Job selbstbewusst ausüben.“

In Veh holt der HSV nach dem Desaster mit Labbadia und dem kurzen Intermezzo von Ricardo Moniz, der nun nach Salzburg zu Beiersdorfer und Red Bull wechselt, einen ruhigen Experten mit langjähriger Erfahrung im harten Fußball-Geschäft. Der gebürtige Bayer, dem als Spieler die ganz große Karriere versagt blieb, ist vor schwierigen Aufgaben nie zurückgeschreckt. Er führte seinen Heimatverein FC Augsburg in die Regionalliga, stieg mit Fürth und Reutlingen in die 2. Liga auf und ließ den FC Hansa Rostock begeisternden Erstliga- Fußball spielen, ehe er im Oktober 2003 an der Ostseeküste das Handtuch warf. Ein Fehler, den er nie wieder machen würde, bekannte der gelernte Immobilienkaufmann später mit Reue.

Aber Veh kam zurück – mit einiger Verspätung zwar, dafür umso nachhaltiger. Als Höhepunkt seiner Vita steht der Meistertitel 2007 mit dem VfB Stuttgart und die Wahl zum Trainer des Jahres. Der Ruhm währte aber nur kurz: Der VfB trennte sich im Herbst 2008 von seinem Meistercoach. Seine nächste Aufgabe war die Nachfolge des allmächtigen Felix Magath beim VfL Wolfsburg, doch die Fußstapfen waren zu groß. Am 25. Januar 2010 musste der konsequente Anhänger des Offensivfußballs und Kurzpassspiels gehen.

"Veh ist genau der richtige Trainer zur richtigen Zeit", sagte HSV-Boss Bernd Hoffmann. "Er ist ein Teamplayer. Zudem war er im Schnitt länger als zwei Jahre bei seinen Vereinen, ich habe ein gutes Gefühl."

Ebenfalls geäußert hat sich der Aufsichtsratsvorsitzende Horst Becker. Er denkt weiterhin über einen Rücktritt nach. "Die vergangenen Tage haben Wunden hinterlassen. Ich will die Dinge in Ruhe bewerten, sobald der Aufsichtsrat wieder vollzählig ist."