Der Stuttgarter Nationalspieler über seine Rolle als Ballack-Ersatz, schwere Verletzungen und den neuen HSV-Trainer Armin Veh.

Eppan. Er ist nach dem Ausfall von Michael Ballack der Hoffnungsträger im zentralen Mittelfeld. Vor seinem Länderspiel am heutigen Sonnabend gegen Ungarn nahm sich Sami Khedira Zeit für ein Abendblatt-Gespräch.

Abendblatt: Herr Khedira, wo waren Sie beim ersten WM-Spiel Deutschlands am 9. Juni 2006 gegen Costa Rica?

Sami Khedira: In Donaustauf. Der behandelnde Arzt Klaus Eder ist danach zur WM gereist, während ich dort meine Reha fortgesetzt habe. Das ist schon eine kuriose Geschichte.

Inwiefern?

Klaus Eder hat mir prophezeit: Jetzt mache ich dich wieder fit, und 2010 fahren wir zusammen nach Südafrika.

Ab wann glaubten Sie, dass es mit der WM wirklich klappen könnte?

2006 war für mich ein schwieriges Jahr. Ich wusste zeitweise nicht mal, was aus meiner Karriere wird, weil die Ärzte mir in Stuttgart gesagt hatten, dass ich keinen Leistungssport mehr betreiben kann oder darf. Ich hatte einen Außenmeniskus-Einriss, der nicht frühzeitig erkannt wurde. Die Sache hat sich über ein Jahr hingezogen. Nachdem ich aber die Reha überstanden hatte, war ich überzeugt, dass ich es zum Bundesligaprofi schaffen kann.

War dieses Ziel mit der Kreuzbandverletzung im März in Gefahr?

Das hörte sich in der Tat schlimm für mich an: Innenband- und Kreuzbandanriss. Aber nach wenigen Tagen konnte ich normal gehen. Gegen den Willen des Arztes habe ich dann die Schiene weggelassen, weil ich schnell wieder in die normalen Funktionen des Körpers zurückkehren und Stabilisationsübungen machen wollte. Der Plan ging auf, ich konnte statt nach sechs bereits nach drei Wochen wieder spielen.

Jetzt profitieren Sie von der Verletzung Michael Ballacks. Es wird erwartet, dass Sie in der ersten Elf stehen. Ist das Pech des einen das Glück des anderen?

Ja. So hart es sich anhört, es ist nun mal so. Natürlich ist der Ausfall von Michael Ballack ein herber Schlag, aber es bringt nichts, diesem Verlust drei Wochen nachzuweinen. Sollte ich derjenige sein, der der Mannschaft helfen soll, werde ich alles dafür tun, dass die Mannschaft erfolgreich ist. Es geht hier nicht nur um den Einzelnen, sondern um das Kollektiv, um Deutschland. Wir vertreten 82 Millionen Menschen. Die elf Spieler, die für den Trainer am Ende die Besten sind, müssen es richten.

War es jemals eine Option, für zehn Millionen Tunesier zu spielen, für das Land Ihres Vaters?

Nein. Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen und habe alle Junioren-Mannschaften des DFB durchlaufen. Mein Vater stand von Anfang an hinter mir. Es gab zwar Anfragen aus Tunesien, aber nach meinem ersten U-15-Länderspiel war die Sache für mich entschieden. Ich spiele aus Überzeugung für Deutschland und nicht als politischen oder sonstigen Gründen, es macht einfach Spaß. Meine Familie und alle Freunde stehen voll hinter mir und werden auch alle für Deutschland sein, da sich Tunesien leider nicht qualifiziert hat.

2006 gab es das Sommermärchen. Wie ist Ihr Gefühl, 2010 ein Wintermärchen schreiben zu können?

Ob Sommer- oder Wintermärchen, Hauptsache wir schreiben irgendein Märchen, das wäre wunderschön. Wir machen ja keinen Ausflug, um Südafrika kennenzulernen, sondern wollen trotz der Ausfälle etwas erreichen.

Was kommt danach? Ihr Vertrag läuft noch bis 2011. Sie haben angekündigt, auf jeden Fall kommende Saison beim VfB zu spielen.

So ist es. Es kann immer Überraschungen geben im Fußball, aber momentan gehe ich davon aus, dass ich in der kommenden Saison beim VfB spiele. Ob ich meinen Vertrag darüber hinaus verlängere oder nicht, darüber wollte ich mir vor der WM keinen Kopf mehr machen. Ich setze mich nach dem Turnier noch mal mit meinem Berater zusammen, mache mir gründlich Gedanken, was das Beste für meine persönliche Entwicklung ist, und dann werden wir weitersehen. Unser Trainer in Stuttgart hat auch nur einen Vertrag bis 2011. Dort heißt es, man wolle sich im Winter zusammensetzen, deshalb verstehe ich die manchmal etwas aufgeregte Diskussion um mich und meine Zukunftspläne nicht.

Abschließend noch ein Blick nach Hamburg. Welchen Trainer bekommt der HSV mit Armin Veh?

Wir wurden mit ihm beim VfB 2007 Meister, das ist schon mal Fakt. Und natürlich war er es, der mich zu den Profis geholt hat. Veh ist ein Trainer, der nicht nur, aber teilweise auf Junge setzt, ein Mann der direkten Worte. Wenn er die Mannschaft im Griff hat, kann er einen sehr guten Fußball spielen lassen. Natürlich braucht er auch die Leute dazu. In Hamburg findet er jetzt eine sehr gute Mannschaft vor. Wenn er es schafft, die ganzen Stars unter einen Hut zu bekommen, kann er mit diesem Team erfolgreich spielen. Das haben die letzten Trainer leider nicht geschafft. Oder besser gesagt, zum Glück für uns.