Philipp Lahm soll heute zum Kapitän der DFB-Elf ernannt werden. Bundestrainer Löw macht zudem Manuel Neuer zur neuen Nummer 1.
Eppan. Als Bastian Schweinsteiger, Jörg Butt und Philipp Lahm um 11.30 Uhr im Mannschaftsquartier Weinegg eintrafen, warteten die sechs Herren von der Nationalen Antidoping-Agentur (NADA) bereits eine halbe Stunde. Die Kontrolleure führten nach dem Losverfahren eine unangemeldete Dopingkontrolle bei 14 der nunmehr 25 Nationalspieler durch. Wenig verwunderlich wäre es, würden die Elitekicker positiv auf ein noch nicht definierbares, aber aggressiv grassierendes DFB-Virus getestet werden, schließlich vergeht kaum ein Tag in der WM-Vorbereitung ohne Horror- oder Pannenmeldung.
Am Mittwoch erwischte es Thomas Müller. Der Profi des FC Bayern war schon am Dienstag mit seinen Kollegen Miroslav Klose, Mario Gomez und Holger Badstuber angereist und kann auf eine beeindruckende Saisonbilanz zurückschauen, schließlich stand der 20-Jährige in seiner ersten Profisaison 52 Pflichtspiele unfallfrei durch. Doch kaum bei der Nationalelf angekommen, fiel er bei einer Mountainbike-Tour am Vormittag vom Fahrrad und zog sich Schürfwunden zu - die am Kinn musste sogar genäht werden.
Dabei sind gerade mit der Ankunft der Münchner Spieler große Hoffnungen verbunden. Auf sie kommt es nach den jüngsten Ausfällen umso mehr an. Vor allem auf Philipp Lahm. Der 1,70 kleine Verteidigungsspezialist soll heute als Ballack-Vertreter zum neuen Kapitän der DFB-Auswahl ernannt werden. Der 26-Jährige gehört mit Bastian Schweinsteiger und Per Mertesacker zur geschrumpften Gruppe der Spieler mit internationaler Klasse und steht in der Pflicht, die junge Mannschaft zu führen und Kräfte freizusetzen, die dringend benötigt werden. Wie die "Bild" berichtet, hat sich Löw zudem auf Manuel Neuer als neue Nummer 1 entschieden.
Für ein erfolgreiches Unternehmen WM in Südafrika stehen deshalb beispielhaft die Namen Holger Badstuber, 21, null Länderspiele, und Thomas Müller, 20, eines. Die Münchner Youngster müssen wie alle anderen unerfahrenen Spieler der immensen Erwartungshalten standhalten. "Erst ab dem Halbfinale kann unsere Truppe das Turnier genießen", sagt Michael Ballack in einem "Stern-Interview. "Alles andere bedeutet Versagen. Am Anfang geht es nur darum, die Katastrophe zu verhindern."
Genau diesem Druck sind die Bayern-Spieler jedoch Woche für Woche ausgesetzt und schaffen es dennoch, an ihre Leistungsgrenze zu kommen. Ob der schlaksige Müller nach der kräftezehrenden Saison seinem kometenhaften Aufstieg noch eine weitere Episode hinzufügen kann? Beim Champions-League-Finale gegen Inter Mailand stieß er erstmals an eine Grenze, wie auch Badstuber, der eindrucksvoll unter Beweis stellte, dass er ein Innen- und kein linker Verteidiger ist.
Bis zum Montag sollen die sieben Bayern-Profis ihre Eingewöhnungszeit abgeschlossen haben. Teamarzt Tim Meyer zeigte sich optimistisch: "Spieler wie Lahm oder Schweinsteiger können aufgrund ihrer guten Fitness einen Spielrhythmus lange aufrechterhalten, sie brauchen keine lange Auszeit." Ob und wie lange sie am Sonnabend in Budapest gegen Ungarn zum Einsatz kommen, ist noch offen. Dabei zählt gerade für das Duo Schweinsteiger/Khedira im Mittelfeld eigentlich jede Minute.
Was auch für Miroslav Klose gilt, der in der Hierarchie der Nationalmannschaft mit 48 Toren in 94 Länderspielen ganz oben angesiedelt ist. Aber nachdem der 31-Jährige bei den Bayern in dieser Saison überwiegend den Torjäger von der traurigen Gestalt abgab (nur drei Tore und eine Torvorlage), bleiben dem Bundestrainer gerade einmal 18 Tage bis zum ersten WM-Gruppenspiel gegen Australien, um seinen Schlüsselspieler wieder aufzubauen. "Ich hatte immer großes Vertrauen in ihn - und er hat für das Vertrauen mit Qualität zurückbezahlt", hofft Löw.
Ob das auch Mario Gomez gelingt, muss nach jetzigem Stand bezweifelt werden. Der "35-Millionen-Euro-Mann" kam nach einer ordentlichen Hinrunde in der Rückrunde kaum noch zum Zug und scheint derzeit völlig von der Rolle. Beim ersten Training in Südtirol musste sich Gomez Unmutsäußerungen über die fehlerhaften Bemühungen der Offensivabteilung anhören.
In einem Trainingsspiel trafen Gomez und Klose, die beide eine Halbzeit (30 Minuten) auf dem Platz standen, immerhin jeweils fünf Mal. Am Ende hieß es gegen eine U-20-Auswahl von Eppan 24:0 ...