Hamburg. Der Hamburger berichtet, dass er es nicht schaffen wird, sich an das Tief zu hängen. Wie er mit dem Wetter umgeht, welche Chancen er sieht.
Boris Herrmann fürchtet, dass sich die Vorhersagen seines Co-Skippers Will Harris nicht erfüllen werden. „Ich falle aus dem Tief ein wenig raus“, sagt er in einer Pressekonferenz von Bord. „Es werden bei uns nicht ganz so schlimme Bedingungen.“ Die Führenden wiederum werden den heftigen Sturm voll abbekommen.
Das Tiefdruckgebiet, das er eigentlich am Rande miterwischen wolle, würde er vermutlich nicht mehr erreichen können. Die Konditionen seien rau, die See lasse es nicht zu, dass er zu schnell segele. „Das ist ein wenig schade.“ Aber er versuche es möglichst locker zu nehmen. „Ich werde das Tiefdruckgebiet verlieren und da am Ende rausfallen.“ Er habe es sich anders vorgestellt, „aber es ist wie es ist“. Nun hoffe er auf das nächste, allerdings deutlich kleinere, Tiefdruckgebiet.
Vendée Globe: Boris Herrmann - „Ich werde das Tief nicht ganz erwischen.“
So rechne er damit, in den kommenden Tagen eher moderate Winde zu bekommen. „Außerdem dreht der Wind, sodass ich sogar am Wind segeln werde.“ Das sei für die Region eher ungewöhnlich. Bei der Vendée Globe 2020/21 sei er im Südpolarmeer nicht einmal am Wind gesegelt, sagt er lachend. „Es gibt aber ansonsten nichts im Moment, was mir große Sorgen macht.“
Die Vorentscheidung für das Rennen sei bereits im Atlantik gefallen. „Da haben wir die Meilen verloren durch die Flaute“, so Herrmann. Nun sehe er aber die eine oder andere Chance, wieder aufzuschließen. „Außerdem haben wir hier in einer Gruppe mit Justine Mettraux, Clarisse Crémer und Sam Davies ein eigenes kleines Rennen im Rennen.“
Die Seebedingungen im Südpolarmeer sind sehr rau, die Wellen hoch
Er fühle sich wieder ganz gut, berichtet Herrmann außerdem. Er versuche, sich nicht zu sehr zu stressen. Und an die rauen Seebedingungen anzupassen. „Im Moment ist es sehr unruhig da draußen.“ Er surfe die Welle mit etwa 30 Knoten hinab, um dann auf zehn Knoten aufgestoppt zu werden. „Das ist wirklich ungemütlich.“
Herrmann liegt derzeit auf Platz 12. „Noch ist einiges möglich“, so der Hamburger. „Die Vendée Globe überhaupt zu schaffen, ist schon eine große Herausforderung.“ Und ganz hinten fahre er ja auch nicht. „Die Top Ten sind durchaus drin.“ Schließlich würden hier die besten Segler der Welt gegeneinander antreten. „Wenn ich das geschafft habe, egal wie, werde ich sehr stolz sein können.“
500 Meilen will Herrmann aufholen, ob er 1200 schafft weiß er derzeit noch nicht
Und ganz unrealistisch sei es nicht, wieder zu den Führenden aufzuschließen. „Aber im Moment sind wir leider langsamer als erwartet.“ 500 Meilen seien aufzuholen, das sei durchaus drin. „Aber ob wir die 1200 Seemeilen Rückstand schaffen, das sehe ich im Moment bei den Bedingungen nicht.“
Eines seiner Segel habe seit heute einen Schaden, der kleine Gennaker habe ein Loch, berichtet Herrmann. Das habe er am Dienstagmorgen entdeckt und das Segel geborgen. „Ich werde versuchen, ihn zu flicken, wenn die Bedingungen es zulassen.“
Immer wieder müsse er daran denken, so Herrmann, auch regelmäßig zu essen
Ermahnen müsse er sich nach Manövern wie den Segelwechseln immer wieder, auch genug zu essen. „Es ist wichtig, es ist das Benzin für meinen Körper, wie Cole Brauer gerade richtigerweise gesagt hat.“ Er müsse sich aber schon disziplinieren, drei volle Mahlzeiten einzunehmen. „Denn hier im Südpolarmeer brauche ich mehr Energie.“
Zur Ruhe komme er im Moment nicht richtig. „Ich liege dann und merke, dass das Boot zu schnell oder langsam ist.“ Dann erhole sich der Körper zwar, aber er schalte nicht richtig ab. „Ich weiß nicht, wie oft ich im Moment wirklich in den Schlaf komme.“
Herrmann lenkt sich mit Hörbüchern und Telefonaten ab, ein Buch kann er nicht halten
Zwischendurch höre er sich Hörbücher an. Telefoniere oder chatte mit Freunden und der Familie. Ein Buch könne er derzeit nicht lesen, dazu seien die Bedingungen zu rau. „Ich versuche, die Zeit hier zu genießen“, sagt er. Es sei nicht immer leicht, das Leben an Bord sei im Moment extrem hart. „Aber ich möchte versuchen, einigermaßen glücklich zu sein, mit leichtem Herzen. Und mich nicht zu sehr stressen zu lassen.“
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Vor Herrmann liegen derzeit noch rund 17.000 Seemeilen. Den ganzen Dezember über wird er durch das Südpolarmeer segeln, bevor er Anfang Januar vermutlich das Kap Hoorn runden kann. Danach geht es auf möglichst direktem Weg wieder in Richtung Frankreich, wo vor Les Sables-d‘Olonne die Ziellinie für das härteste Rennen der Welt, die Vendée Globe liegt.