Hamburg. Der Zusammenhang zum „Eklat“ von Paris oder dem Altenburg-Rücktritt. Hamburger Hockeyspielerin nahm an drei Olympischen Spielen teil.
Selten hatte Hockey so eine große Präsenz in der Öffentlichkeit. „Anne, halt jetzt die Fresse“, hatte Damen-Bundestrainer Valentin Altenburg für alle TV-Zuseher hörbar seine Spielerin Anne Schröder in einer Viertelpause während der Olympischen Spiele in Paris energisch zur Ordnung gerufen. Und die Aufregung war sofort groß, „darf der das?“, fragte der Boulevard.
„Mich nervt, dass unser Sport, der Trainer und auch ich darauf reduziert wurden“, sagt die Mittelfeldspielerin im Gespräch mit dem Abendblatt. „Ich wurde von Leuten, die ich gar nicht kenne, darauf angesprochen“, erzählt die Hamburgerin, „auch Athleten aus anderen Sportarten haben mich in Paris so gerufen: ,Anne, halt die Fresse´. Das ist nicht mein Humor.“
Mit Altenburg alles unter vier Augen geklärt
Diese Reduzierung auf einen Satz wird der Spielerin vom Club an der Alster und ihrer Leistung in der Nationalmannschaft in den vergangenen über elf Jahren auch nicht gerecht. Aber so ist es wohl in einer Randsportart. Richtig bekannt wird man durch einen „Eklat“ und weniger durch 243 Länderspiele, Olympia-Bronze 2016 und den Gewinn der Hallen-Weltmeisterschaft 2018.
Natürlich wurden von Außenstehenden auch Kausalitäten mit dem überraschenden Rücktritt von Altenburg am 30. Oktober konstruiert. „Da gibt es keinen Zusammenhang, das Thema hatte ich mit Vali längst unter vier Augen geklärt“, sagt Schröder. Die Beschwerde einer Spielerin bei Athleten Deutschland über angeblich unangemessenes Verhalten des Trainers hatten zu einer Untersuchung, einem Freispruch, üblen Gerüchten in der Hockey-Szene und schließlich Altenburgs Rücktritt geführt. „Ich möchte mich aus Loyalität zu beiden Seiten nicht dazu äußern“, erklärt sie.
Seit zwei Jahren angestellte Psychologin
Beim Neuaufbau der „Danas“, der am Sonntag mit einem „Kick-off-Lehrgang“ in Charlotte (USA) beginnt, ist die 30-Jährige nun nicht mehr dabei. Sie hat ihre internationale nach Paris beendet, dem unglücklichen Ausscheiden im Viertelfinale nach Shootout gegen Argentinien. Unabhängig von den „skandalösen“ Begleitumständen. „Die innere Entscheidung habe ich schon vor längerer Zeit getroffen“, erzählt sie, „Hockey war für mich immer alles, aber mir ist bewusst geworden, dass sich die Prioritäten verschoben haben und andere Bereiche meines Lebens wichtig sind wie Privatleben, Familie, Partner.“
Auch Beruf und Weiterbildung fordern Zeit und Engagement. Vor zwei Jahren hat sie ihr Masterstudium in Psychologie beendet und arbeitet seitdem angestellt für ein Startup-Unternehmen in der Schanze. Parallel dazu lässt sie sich zur Psychotherapeutin ausbilden, mit dem Ziel, sich irgendwann niederzulassen und eine eigene Praxis zu haben: „Das dauert lange, fordert viel Zeit und ist auch nicht ganz billig“, sagt sie.
„Paris war das perfekte Ende“
Einige Spiele für Alster hat sie in der Herbstrunde in der Bundesliga gemacht, die Hallensaison wird sie aber auslassen („Knie und Füße brauchen mal Ruhe“). In der Feldrückrunde ab Ende März will sie dann wieder zum Schläger greifen.
Im März 2013 hatte Anne Schröder in der Nationalmannschaft debütiert. In Rio de Janeiro, Tokio und Paris nahm die gebürtige Düsseldorferin an Olympischen Spielen teil, dazwischen auch an zahlreichen Europa- und Weltmeisterschaften. „Rio mit unserer sehr überraschenden Bronzemedaille und Paris waren Höhepunkte der Laufbahn“, meint Schröder, „Paris war das perfekte Ende. Nicht sportlich, aber ich kann da unterscheiden. Die Atmosphäre war fantastisch.“ Aber auch der Gewinn der Hallen-WM 2018 in Berlin bleibt unvergessen: „Da war so eine überragende Stimmung, das kannte ich aus Deutschland nicht.“
Lebenslange Freundschaften sind entstanden
Emotional wichtiger als die sportlichen Erlebnisse waren und sind aber die „lebenslangen Freundschaften über Hockey hinaus“, die sich durch die Zeit in der Nationalmannschaft ergeben haben. Charlotte Stapenhorst (29/Berlin), Selin Oruz (27/Düsseldorf), Nike Lorenz (27/Köln), Cécile Pieper (30/Wassenaar) und ihre Hamburger Alster-Kollegin Kira Horn (29) bildeten fast ein Jahrzehnt den harten Kern bei den „Danas“.
„Als ich in Ranchi im Januar mein 200. Länderspiel gemacht habe, gab es von ihnen eine Überraschung und eine super süße Rede am Abend. Das ist ein Beziehung, die bleibt“, ist sich Schröder sicher.
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Außer Pieper haben sie nun gemeinsam ihre internationale Karriere (zumindest vorübergehend) beendet. Horn spielt aktuell auch in der Bundesliga nicht, sie hat gravierende Knieprobleme. „Vielleicht ist der große Neuanfang ohne uns auch eine Chance“, meint Schröder, „wir haben schließlich recht oft Entscheidungsspiele nicht gewonnen.“
Der neuen Bundestrainerin Janneke Schopman (47) hat Schröder schon ihre Unterstützung angeboten. „Ich bin auf den Umbruch jetzt total gespannt und freue mich darauf, das Team zu beobachten“, erklärt die „Führungsspielerin i.R.“: „Ich habe Janneke gesagt, dass wir uns gerne austauschen können.“ Weil, so ganz ohne Hockey wird es für Anne Schröder eben doch nicht gehen.