Hamburg. Trotz Freispruch stellte Valentin Altenburg sein Bundestrainer-Amt nach schweren Vorwürfen zur Verfügung. Der Hamburger erklärt die Entscheidung.
- Nach seinem Rücktritt als Bundestrainer äußert sich Valentin Altenburg zu Vorwürfen und Vorverurteilungen.
- Vorwürfe gegen Altenburg durch „Good-Govenance“-Beauftragten des DHB entlastet.
- Warum der DHB die Ergebnisse dieser Untersuchung bisher nicht veröffentlicht hat.
Valentin Altenburg geht es augenscheinlich nicht gut. Die letzten Wochen, die Vorwürfe, Gerüchte, Untersuchungen, schließlich der Rücktritt als Bundestrainer der deutschen Damen-Hockeynationalmannschaft haben Spuren hinterlassen bei dem 43-Jährigen. „Natürlich macht das etwas mit einem“, sagt er bei einem Spaziergang mit dem Abendblatt.
Am 30. Oktober war Altenburg von seinem Amt zurückgetreten. Er sah es für sich als unmöglich an, den Neuaufbau der „Danas“ nach den Olympischen Spielen einzuleiten. Zu viele Scherben waren zerschlagen und konnten nach seinem Empfinden nicht mehr gekittet werden.
Hockey Damen-Nationalmannschaft: Ex-Trainer Valentin Altenburg üblen Gerüchten ausgesetzt
Die „Hockeyfamilie“ in Deutschland betont gerne den engen Zusammenhalt, das Besondere dieser Gruppe von rund 90.000 Aktiven, die oft tatsächlich aus geradezu dynastischen Hockeyfamilien stammen. Man kennt sich, das fördert aber auch eine „stille Post“ und heizt Gerüchteküchen an. Und so ist die Gefahr von Vorverurteilungen und Nachreden groß, wie ein Lauffeuer verbreiten sich heiße „Nachrichten“. „Zu wissen, was alles getuschelt wird, das trifft mich“, sagt Altenburg.
„Zu wissen, was alles getuschelt wird, das trifft mich.“
Rund vier Wochen nach den Olympischen Spielen in Paris, wo die „Danas“ am Ende unglücklich im Viertelfinale nach Shoot-out an Argentinien gescheitert waren, ploppten erste Vorwürfe auf. Eine Spielerin, deren Name der Redaktion bekannt ist, hatte sich bei Athleten Deutschland über Altenburgs Führungsstil beschwert.
Vorwürfe gegen Valentin Altenburg: Entlastung durch „Good-Govenance“-Beauftragten des DHB
Es ging bei ihrer Beschwerde um Mobbing und unangemessenen Psychodruck. Der DHB veranlasste daraufhin eine Untersuchung durch seinen „Good Governance“-Beauftragten. Das Ergebnis nach Befragungen und Stellungnahmen der Beteiligten war ein Freispruch: Es wurde weder ein Verstoß gegen den Ethik-Code noch gegen die Good-Governance-Richtlinie des DHB festgestellt. Eine Sanktionierungsempfehlung sei nicht auszusprechen.
Dieses Ergebnis hat der DHB allerdings bislang nicht veröffentlicht. „Der DHB hat die Vorwürfe zum Schutze aller Beteiligten bis zum Abschluss des Verfahrens vertraulich behandeln müssen und tut dies auch weiterhin”, erklärte DHB-Präsident Henning Fastrich auf Abendblatt-Anfrage.
DHB kritisiert „Eskalation der Gerüchte“ im Fall von Valentin Altenburg
So waberten weiter die Gerüchte, verstärkten sich, die Nachrede wurde übel. Und irgendwann beschränkte sich das Gerede nicht mehr nur auf die Art des Coachings, sondern es wurde persönlich, privates Fehlverhalten im Umgang mit Spielerinnen wurde unterstellt, auch die Familie wurde mit eingeschlossen. Schmutzigste Wäsche wurde gewaschen.
Das ist eine extreme Belastung, die Gedanken, was alles getuschelt werden mag im sportlichen und privaten Umfeld, sind schwer zu ertragen. „Natürlich finden auch wir es sehr bedenklich, dass es während des Verfahrens zu einer Eskalation der Gerüchte gekommen ist, insbesondere da die Gerüchte weit über die Beanstandungen hinaus gingen“, erklärte Fastrich.
Nachfolgerin von Valentin Altenburg beim DHB: Niederländerin Schopman neue Bundestrainerin
Altenburg war nach den Olympischen Spielen absolut bereit, vertragsgemäß das Team bis zu den Spielen 2028 in Los Angeles zu führen. Der Vertrag wurde erst am 15. April unterschrieben. Das Engagement der Niederländerin Janneke Schopman als Ergänzung für seinen Staff hatte Altenburg schon vor Paris eingeleitet. Jetzt ist die Olympiasiegerin von 2008 seine Nachfolgerin, langfristig geplant war das vom DHB aber nicht.
Der Vorgang zeigt, wie schwierig es ist, mit solchen schwerwiegenden Vorwürfen persönlichen Fehlverhaltens von Trainern oder auch Funktionären und Betreuern gegenüber Aktiven, vor allem weiblichen, angemessen umzugehen. Unstrittig ist, dass die Achtsamkeit und Intoleranz in solchen Fällen in den vergangenen Jahren deutlich größer geworden ist. Mit dem jovialen „Stell dich nicht so an“ aus der Vergangenheit kommt heute zum Glück niemand mehr durch. „Das ist wichtig und völlig richtig so“, sagt Altenburg.
Aus von Valentin Altenburg als Damen-Bundestrainer: Team ohne Nennung von Einzelheiten informiert
Als „Technical Director Youth“ arbeitet der Hamburger nun für den DHB weiter. Der DHB war nach den Ergebnissen des Good-Governance-Beauftragten zunächst davon ausgegangen, dass Altenburg weiter Bundestrainer bleibt. „Er ist allerdings der Auffassung, dass er nicht mehr der Richtige ist“, sagte DHB-Sportvorstand Martin Schultze gegenüber der FAZ: „Wir konnten ihn nicht davon abbringen.“
Zu viele Scherben wurden zerschlagen, zu viel Vertrauen zerstört. „Im Rahmen des Verfahrens wurde die Mannschaft ohne Mitteilung von Einzelheiten und unter Wahrung der Anonymität informiert“, teilte der DHB mit. Wenn die Spielerinnen der „neuen“ Nationalmannschaft aber nicht genau wissen, was und wie und was eben nicht passiert ist, dann kann ein Trainer nicht weiterarbeiten, meint Altenburg.
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Allerdings ist die Ethik-Kommission des DOSB, die einen Teil der Vorwürfe ebenfalls untersucht, auch noch zu keinem Ergebnis gekommen. Man will keinen Fehler machen, sich nicht nachsagen lassen, zu schnell geurteilt zu haben. Das mag richtig sein. Aber zu welchem Urteil auch immer der DOSB kommt, eines ist jetzt schon klar: Es gibt in diesem Fall nur Verlierer.