Hamburg. Die 22-Jährige startet mit der deutschen Nationalmannschaft am Freitag im Billie-Jean-King-Cup und erlebte die Unwetter in Málaga.

Um 8 Uhr am Donnerstag hatte die spanische Wetterbehörde den „Roten Alarm“, die höchste Warnstufe vor Unwetter für die Region Málaga, aufgehoben. Das Tiefdruckgebiet zog schneller vorüber als erwartet. Erleichterung natürlich auch beim deutschen Billie-Jean-King-Cup-Team, das am Freitag (17 Uhr) in der andalusischen Metropole sein Auftaktmatch in der Endrunde des Damentennis-Mannschaftswettbewerbs gegen Großbritannien bestreiten wird.

Deutsche Tennisspielerinnen in Sorge

„Natürlich hat man Sorge, gerade nach den Ereignissen in Valencia“, sagte die Hamburgerin Eva Lys (22) über die Unwettersituation dem Abendblatt. „Das Training am Mittwoch ist ausgefallen, hier wird alles sehr ernst genommen.“

Zwei Wochen nach den katastrophalen Unwettern in und um Valencia mit zahlreichen Todesopfern wurden in der Region Málaga 4000 in Sicherheit gebracht, die Behörden hatten gelernt. Málaga glich am Mittwoch einer Geisterstadt, die Straßen waren verlassen, Supermärkte leergekauft. An Tennis war da auch nicht zu denken: Die Veranstalter verschoben das für Mittwoch geplante Auftaktmatch zwischen Gastgeber Spanien und Polen auf Freitagvormittag.

Deutschland klarer Außenseiter gegen Großbritannien

Für die insgesamt zwölf Teams in dem Finale hieß das: Improvisieren. Sie alle sind in einem Urlauberhotel in Torremolinos untergebracht und mussten sehen, wie sie die Zeiteinheiten im Kraftraum organisieren. „Wir machen das Beste aus der Situation und sind dennoch guter Laune“, versicherte Lys.

Die Hamburgerin bildet gemeinsam mit Laura Siegmund (36), Tatjana Maria (37), Jule Niemeier (25) und Anna-Lena Friedsam (30) das deutsche Team, das als klarer Außenseiter die Erstrundenpartie gegen Großbritannien bestreitet. „Wir lassen uns von den höheren Ranglistenpositionen der Gegnerinnen nicht abschrecken“, sagt Lys, „wir haben schon gezeigt, dass wir besser gerankte Teams schlagen können.“

Karrierebestmarke im September: Rang 105

Sie selbst kann als aktuelle Nummer 130 der Weltrangliste nicht damit rechnen, von Teamchef Rainer Schüttler eingesetzt zu werden. „Ich bin auch gut daran, die anderen zu unterstützen. Hoffentlich wissen meine Teamkameradinnen, dass sie sich auf mich verlassen können“, sagt sie. Allein die Nominierung, die Bestätigung, dass auf sie gebaut wird, war und ist für die Spielerin vom Club an der Alster wichtig: „Für mich ist das jedes Mal eine unglaublich tolle Woche. Deutschland zu repräsentieren ist immer ein sehr besonderes Gefühl.“

Und es ist der versöhnliche Abschluss einer Saison, die sicher nicht so gut gelaufen ist, wie sie es sich vorgestellt hatte. Es gab da Höhen wie Rang 105 in der Weltrangliste Ende September, ihre bisherige Bestleistung. Es gab aber auch immer wieder Rückschläge, oft gesundheitlich bedingt.

Auto-Immunerkrankung erschwert Leistungssport

So musste sie fünfmal in diesem Jahr ein Match aufgeben, einmal konnte sie nicht antreten, auch das verhinderte den angestrebten Platz unter den Top-100 der Welt, der eine automatische Teilnahme an den Grand-Slam-Turnieren bedeutet. „Es sind in diesem Jahr sicher viele Dinge zusammengekommen. Das ist teilweise auch wirklich unglücklich gelaufen“, sagt die nur 1,65 Meter kleine Lys. „Ich sehe mich aber weiterhin auf dem richtigen Weg. Dabei ist es auch wichtig, nicht ungeduldig zu werden.“

Im Frühjahr hatte sie öffentlich erstmals über ihre Auto-Immunerkrankung gesprochen. Vor vier Jahren sei bei ihr eine Entzündung der Wirbelsäule festgestellt worden, die immer wieder zu Rückenproblemen führt. „Dies ist eine körperliche Herausforderung, der ich mich täglich neben der sportlichen Belastung stellen muss“, teilte sie damals mit.

Drei erfolgreiche Qualifikationen für Grand Slams

Sie hat die Ernährung umgestellt, ist medikamentös gut versorgt und wird medizinisch gut betreut. „Ich vertraue auf meinen Plan und sehe mich weiterhin auf dem richtigen Weg“, sagt Lys. Ihre Ergebnisse zeigen auch, dass sie sportlich mit besser notierten Spielerinnen mithalten kann. In Paris, Wimbledon und den US Open schaffte sie dreimal in Folge den Sprung durch die Qualifikation in das Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers. Das ist eine außergewöhnliche Leistung.

Aber es fehlt eben die Konstanz. So musste sie zwischen Mitte September und Mitte Oktober wieder vier Wochen pausieren: „Vor meiner Reise nach Asien musste ich zunächst einen Infekt auskurieren“. Beim Turnier in Osaka, wo sie dann wieder antreten konnte, erreichte sie das Viertelfinale, nachdem sie zwei Top-100-Spielerinnen geschlagen hatte. Und verlor dann gegen eine japanische Qualifikantin, Nummer 188 der Welt. „Da habe ich mir leider auch noch eine Bauchmuskelverletzung zugezogen“, erzählt Lys.

„Müssen uns gegen diesen Hass zur Wehr setzen“

Diese unerwartete Niederlage führte zu einem „Shitstorm“ in sozialen Netzwerken. Ob es sich um frustrierte Glücksspieler handelt, die auf sie gewettet hatten, kann man nur mutmaßen. Eva Lys ging auch damit offen um und kritisierte „Hass, Bedrohungen und Verletzungen“ im Internet.

„Wir Spielerinnen sind dazu auch im Austausch mit der WTA. Aber ich werde ganz sicher auch nicht aufhören, auf dieses Thema aufmerksam zu machen“, sagt die Hamburgerin. „Wir müssen uns gegen diesen Hass nicht nur im Sport, sondern generell in unserer Gesellschaft immer wieder zur Wehr setzen.“

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Klare Kante also und weiterhin ein klares Karriereziel. Gegen alle äußeren Widerstände. Nach dem Billie-Jean-King-Cup folgt eine kleine Turnierpause, aber eigentlich beginnt sofort die Vorbereitung auf die neue Saison.

Wieder muss sie bei den Australian Open im Januar in die Qualifikation, die Herausforderung muss man annehmen, ein heimeliges Weihnachten mit der Familie in Hamburg, das geht dann eben nicht. „Ich werde schon Mitte Dezember nach Australien fliegen, um mich so gut wie möglich auf den Australian Summer vorzubereiten.“