Hamburg. Nach Korpatsch, Akugue und Lys ist auch Seidel am Rothenbaum weiter. Die Karrierewege der Lokalmatadorinnen unterscheiden sich extrem.

Nach gerade einmal 54 Minuten erlöste sich Ekaterina Makarova am Dienstagmittag selbst – passenderweise per Doppelfehler. Aus der Körpersprache der Russin war zuvor eine Mischung aus Bocklosigkeit und Verzweiflung abzulesen, die Hamburgerin Ella Seidel hatte ihr beim 6:1, 6:1 in der ersten Runde des Damen-Tennisturniers am Rothenbaum jedes einzelne Aufschlagspiel abgenommen.

„Ich habe relativ dominant und aggressiv gespielt, sie war immer in der Defensive“, sagte Seidel zufrieden. Positiv war aus Sicht ihrer Gegnerin nur, dass beim ersten Spiel des Tages noch weniger als 200 Fans auf dem Center Court waren, der miserable Auftritt der Weltranglisten-165. also weitestgehend unbeobachtet über die Bühne ging.

Tennis in Hamburg: Vier Hamburgerinnen im Achtelfinale

Seidel (19/Weltranglisten-Nr. 137) war nach Noma Noha Akugue (20/Nr. 252), Eva Lys (22/Nr. 112) und Tamara Korpatsch (29/Nr. 109) die vierte Lokalmatadorin, die beim mit 100.000 Euro dotierten 125er-Event an der Hallerstraße ins Achtelfinale vorstoßen konnte. Alle vier kommen aus Hamburg, alle vier spielen für den Club an der Alster – bestreiten aber auch vier unterschiedliche Karrierewege.

Am ähnlichsten sind sich dabei noch Akugue und Seidel, die sich auch privat gut verstehen, regelmäßig zusammen trainieren und in dieser Woche in Hamburg auch als Doppel an den Start gehen. Nachdem sie zeitweise gemeinsam am Bundesstützpunkt in Stuttgart trainiert hatten, haben sich die Wege mittlerweile aber getrennt. Akugue übt jetzt am Landesleistungszentrum in Hannover mit Trainer Christopher Kas, Seidel wechselte nach München an den Bundesstützpunkt der TennisBase Oberhaching zu Coach Lars Uebel.

Korpatsch und Lys setzen auf ihre Familien

„Tennis ist eine Einzelsportart, in der jede Spielerin ihren eigenen Weg finden und gehen muss“, sagt Seidel. Das weiß auch Korpatsch, die beim Deutschen Tennis Bund (DTB) trotz guter Leistungen jahrelang keine Rolle spielte, vom Verband weder Wildcards noch Fördertrainings erhielt. Mit Vater Thomas als Trainer, Mutter Birgit als Organisatorin und den Brüdern Tom und Richie als Schlagpartner kämpfte Korpatsch sich alleine durch.

„Wir haben uns alles allein erarbeitet. Das war ein langer und harter Weg. Ohne meine Eltern und meine ganze Familie wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin“, sagt die 29-Jährige. Als sie nach den French Open die Nummer 72 der Welt war, konnte sie der DTB nicht länger ignorieren. Bei Olympia in Paris lernte Korpatsch nun erstmals die anderen DTB-Spieler genauer kennen: „Die sind eigentlich alle ganz nett“, sagt sie mit einem Schmunzeln.

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Auf die eigene Familie setzt auch Eva Lys, die von Vater Vladimir trainiert wird. „Er unterstützt mich bedingungslos“, sagt Lys. „Zu 85 Prozent sind wir harmonisch auf dem Feld. Die 15 Prozent, in denen es auch mal kracht, gehören aber auch dazu.“ An diesem Mittwoch trifft sie im Achtelfinale auf Seidel – und hofft, dass sie im Gegensatz zu Makarova einen Auftritt erwischt, der eher den 85 Prozent zuzuordnen ist.