Hamburg. Volleyball Bundesliga GmbH hält an Datenscouts fest. Bald auch lizensierte Datenscouts im Basketball beim SC Rist Wedel?

Anfang dieser Woche versendet der Hamburger Fußball-Verband (HFV) Post an seine 389 Vereine. Inhalt: Ein Leitfaden zum Umgang mit Datenscouts, die durch die Weitergabe der Spielgeschehnisse in Echtzeit illegale Live-Wetten möglich machen. „Die Vereine haben sich einen solchen Leitfaden gewünscht. Wir kommen diesem Wunsch gerne nach“, sagt HFV-Präsident Christian Okun. In der Anleitung des HFV-Papiers ist beschrieben, wie ein Datenscout erkannt, und – wenn notwendig mit Hilfe der Polizei – von der Sportanlage verwiesen werden kann.

Eimsbütteler TV äußerte sich mehrfach kritisch zu Volleyball-Live-Wetten

Viele Amateurfußballvereine wehren sich gegen die in diversen Variationen sowohl vor den Partien als auch live abschließbaren illegalen Sportwetten auf ihre Clubs. Schließlich sind Wetten auf Amateurfußballspiele sind laut Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland verboten. Rückenwind verleiht den Vereinen der kürzlich gefasste Beschluss der Sportministerkonferenz, der unter anderem die Notwendigkeit der behördlichen Genehmigung für jede Liga und jede einzelne Wette betonte.

Die Vereine in Hamburg haben den HFV als Verband hinter sich. Doch wie sieht es in anderen Sportarten aus? Im Volleyball stellt der Eimsbütteler TV in der 2. Bundesliga jeweils ein Frauen- und ein Männerteam. Mehrfach äußerte sich der ETV kritisch bezüglich der Live-Wetten, die auf die Spiele seiner Teams abschließbar sind. Doch die Volleyball Bundesliga GmbH hat einen Vertrag mit dem Anbieter Genius Sports geschlossen, der somit offiziell lizensierte Datenscouts in die Hallen entsendet und die Live-Wetten möglich macht.

Volleyball Bundesliga GmbH sieht positive Regulierung durch Datenscouts

Wie eine Nachfrage des Abendblatts zeigt, will die Volleyball Bundesliga GmbH (VBL) ihren Kurs auch nach dem Beschluss der Sportministerkonferenz nicht ändern. Die Argumentation des Verbandes: Die Beschlüsse der Sportministerkonferenz „befassen sich mit dem Amateursport“. Bei den ersten beiden Volleyball-Ligen handele es sich aber um Profi-Ligen. Die „derzeitige Rechteverwertung durch die VBL in ausländischen Wettmärkten“ erfolge „nicht unrechtmäßig“. Und: „Sollten Wetten in Deutschland zugänglich sein, so liegt hier gegebenenfalls ein Verstoß illegaler Anbieter vor, nicht aber der VBL.“ Deshalb sei auch die Anzeige zur Beihilfe wegen illegalen Glücksspiels gegen die VBL nicht haltbar.

Der Geschäftsführer der Volleyball Bundesliga GmbH Daniel Sattler argumentierte kürzlich in einer NDR-Dokumentation, die „Lizensierung der Wettrechte und der Datenscouts“ sei „ein Teil des Schutzes des Wettbewerbs, um gegen Manipulation vorzugehen“. Denn gäbe es diese Datenscouts nicht, würden unzählige nicht-lizensierte Datenscouts „in den Hallen oder vor den Live-Ticker-Bildschirmen oder Streamingbildern sitzen und die Daten übertragen“.

Thomas Melchior: Durch Datenscouts werden Illegale Sportwetten möglich

Allerdings: Auf die Whitelist der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL), auf der die Ligen und Wettmärkte stehen, auf die in Deutschland gewettet werden darf, hat es die Volleyball Bundesliga GmbH mit ihren ersten beiden Bundesligen immer noch nicht geschafft.

Der Experte im Kampf gegen Illegale Sportwetten Thomas Melchior, der die Anzeige gegen die VBL gestellt hat, ist von Sattlers Argumentation weiterhin wenig überzeugt. „Ich hoffe, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen der Beihilfe zu Illegalem Glücksspiel aufnehmen wird“, sagt er. „Für mich ist folgender Punkt entscheidend: Nur durch die von der VBL lizensierten Datenscouts von Genius Sports werden die Angebote der illegalen Live-Wetten aus Deutschland heraus möglich. Und das passiert mit dem Wissen der VBL.“

Melchior appelliert an die GGL

Bezüglich der Aufnahme der Volleyball Bundesliga GmbH in die Whitelist appelliert Melchior an die GGL, die Zulassung nicht zu erteilen. „Aus meiner Sicht müssen erst einmal die Vorwürfe gegen die VBL aufgeklärt sein. Man versucht seitens der VBL, ein illegales Angebot durch die Aufnahme in die Whitelist zu legalisieren. Es wäre ein wichtiges Zeichen, wenn dieses Vorgehen erfolglos bleibt.“

Eine erste Kehrtwendung von Verbandsseite vollzogen wurde derweil im Basketball. Dort spielt der SC Rist Wedel in der dritthöchsten Spielklasse ProB. Als sich Wedels Vorsitzende Andrea Koschek Mitte Oktober besorgt an den Geschäftsführer des Verbandes Christian Krings wandte, weil ein Datenscout beim Heimspiel gegen die Berlin Braves aufgetaucht war, stieß sie – wie ein dem Abendblatt vorliegender Mailverkehr beweist – mit ihren Warnungen vor Spielmanipulationen und Illegalen Sportwetten zunächst auf wenig Verständnis.

Basketball-Verband hat Angebot, Wett- und Datenrechte zu vermarkten

Knappe zwei Wochen später entschied sich der Verband doch dafür, den ProB-Ligisten zu raten, die Datenscouts aus den Hallen zu verweisen. Schließlich gebe es „keine vertragliche Grundlage für die Erfassung der Daten“. Diese vertragliche Grundlage jedoch, das hatte Krings in seinem ersten Schreiben schon angedeutet, könnte bald vorhanden sein. Ein Angebot eines Partners für die Vermarktung der Wett- und Datenrechte liegt dem Basketball-Verband bereits vor. Eine Anfrage des Abendblatts, wann es mit welchem Unternehmen zu einem Vertragsabschluss kommen könnte, blieb zunächst unbeantwortet.

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Vielleicht sitzen also auch beim SC Rist Wedel bald offiziell lizensierte Datenscouts und machen Live-Wetten genauso möglich wie bei den Volleyballspielen der Frauen und Männer des Eimsbütteler TV.