Hamburg. Auf die Begegnungen der Oberliga Hamburg konnten am sechsten Spieltag Live-Wetten platziert werden. Tippgeber sorgte für Enttarnung.

Am sechsten Spieltag der Oberliga Hamburg sind Erinnerungen anden Erinnerungen an den Wettskandal im Hamburger Amateurfußball vor zehn Jahren wach geworden. Zweieinhalb Stunden vor Spielbeginn am vergangenen Dienstag erhielten die Oberligisten TSV Sasel und der Niendorfer TSV Hinweise, dass sich Datenscouts auf ihren Plätzen befinden. Diese geben die Spielgeschehnisse in Echtzeit weiter, damit Live-Wetten auf die Partien möglich sind.

Wetten auf Amateurspiele sind aber laut Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland verboten. Der TSV Sasel und der Niendorfer TSV machten kurzen Prozess und suchten auf ihren Anlagen am Sachsenweg und am Parkweg während der ausgetragenen Partien nach den Datenscouts. Sie konnten jeweils ausfindig gemacht und der Anlage verwiesen werden.

Nach dem Eingreifen bricht der Datenstrom ab

Der in Niendorf angetroffene Datenscout gab an, für die Firma Real Time Sportscast zu arbeiten, die internationalen Wettanbietern die Spieldaten in Echtzeit zur Verfügung stellt, damit auf Amateurspiele gewettet werden kann. Der Niendorfer TSV verwies den Mann von der Anlage. Unmittelbar danach brach der Datenstrom ab. Auf das Spiel der Niendorfer konnten keine Live-Wetten mehr platziert werden. Auch beim TSV Sasel (3:2 gegen die SV Halstenbek-Rellingen) spielte sich ein ähnliches Szenario ab. Auch hier endeten die Live-Wetten, als der Datenscout die Anlage verlassen musste.

Im Zuge seiner Recherchen hatte das Abendblatt Kontakt zu Thomas Melchior, der den Clubs die entscheidenden Hinweise gegeben hatte. Er bestätigte, dass am sechsten Spieltag auf weitere Partien der Oberliga Hamburg Live-Wetten getätigt worden sind. Melchior war früher selbst spielsüchtig und engagiert sich nun für einen fairen und sauberen Sport.

Der Informant will mit dem Fußballverband zusammenarbeiten

Auch für den kommenden Spieltag erwartet Melchior wieder Live-Wetten auf die Partien der Oberliga Hamburg. Gerade bei solchen Wetten sei aufgrund der großen Gewinnmöglichkeiten eine hohe Anfälligkeit für Wettmanipulationen durch die Aktiven gegeben. Im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt bot Melchior sowohl dem Hamburger Fußball-Verband (HFV) als auch den Hamburger Clubs seine Zusammenarbeit an.

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Niendorfs Manager Marcus Scholz, der am Sachsenweg den Datenscout enttarnte und dieses Video dem Abendblatt zukommen ließ, bezog ebenfalls klar Stellung: „Diese Wetten sind so komplex und kleinteilig und global geworden, da ist es schwer, als kleiner Amateurverein den Überblick zu behalten. Bei uns beim Niendorfer TSV gibt es aber eine klare Ansage an die Spieler vor der Saison. Wenn sie auf unsere Partien wetten und wir bekommen das mit, dann setzen wir sie nicht mehr ein.“

In den Spielerverträgen sind Wettverbote verankert

In den Verträgen mit den Spielern wiederum sei ein solches Wettverbot für die Akteure auch festgehalten. Auch der Hamburger Fußball-Verband hat einen entsprechenden Passus in seiner Spielordnung. Vor zehn Jahren standen in Hamburg schon einmal mehrere Amateurfußballspiele unter Manipulationsverdacht. Der Trainer Florian Gossow war mit Vorwürfen an die Öffentlichkeit gegangen, in der Oberliga Hamburg werde „im großen Stil“ manipuliert. Bewiesen werden konnten die Vorwürfe letztlich nicht, aber als Konsequenz verließ Wettanbieter Tipico den deutschen Markt für Amateurfußballspiele.

Amateurspiele sind besonders anfällig für Manipulationen

Mittlerweile ist das Problem mit illegalen Sportwetten bei Amateurfußballspielen durch die zunehmende Digitalisierung deutlich größer geworden. Auch das Unternehmen Gamesright, welches seit dieser Saison die nach ihm benannte Oberliga Hamburg sponsert, kündigte gegenüber dem Abendblatt bereits an, sich an die Seite des Verbandes und der Clubs zu stellen und sich auch mit seiner juristischen Expertise für faire und saubere Amateurfußballpartien einzusetzen.

Die deutsche Amateurfußballszene war vor einigen Wochen durch die ARD-Dokumentation „Angriff auf den Amateurfußball“, die illegale Wettpraktiken beschreibt, aufgerüttelt worden. Nun ist das Thema auch in Hamburg in aller Munde.